Morphodit. Dietrich Novak

Morphodit - Dietrich Novak


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zu nennen.«

      »Aber auf der Anmeldung müsste es doch verzeichnet sein. Um die Sache abzukürzen: Hat heute Nacht oder am Morgen jemand bei Ihnen ausgecheckt?«

      »Nachts checken bei mir keine Gäste aus, weil ich nicht rund um die Uhr präsent sein kann. Und um die nächste Frage gleich vorwegzunehmen: Nein, ich habe keinen Nachtportier, weil ich ihn mir nicht leisten kann. Heute Morgen ist niemand abgereist, aber gestern und vorgestern. Gestern ein Ehepaar und vorgestern ein einzelner Herr.«

      »Dann schauen Sie bitte nach, wie der Herr heißt.«

      »Einen Moment, bitte!«

      Die Pensionswirtin öffnete einen Schrank und blätterte in ihren Unterlagen.

      »Der Herr heißt Uwe Vogler.«

      »Nun, zumindest ein Teil des Vornamens stimmt überein«, sagte Valerie. »Können Sie den Mann beschreiben? Hatte er Besuch während seines Aufenthalts?«

      »Ich schätze ihn um die Dreißig. Er hat blondes Haar, ist schlank und etwa ein Meter achtzig groß. Besucht hat ihn eine auffallend hübsche Dame. Sogar mehrmals.«

      »War es diese hier?«, fragte Valerie und zeigte Frau Wendler ein Handyfoto.

      »Um Gottes willen, ist sie tot? Wenn man sich etwas Schminke vorstellt, könnte sie es gewesen sein, die in seiner Begleitung kam.«

      »Welche Adresse hat Herr Vogler angegeben?«

      »Am Falkplatz 5, in 10437 Berlin. Ich habe ihn noch gefragt, warum er sich ein Zimmer nimmt, wenn er in Berlin wohnt. Er meinte, seine Wohnung sei gerade untervermietet.«

      »Vielen Dank. Bei eventuellen Rückfragen melden wir uns.«

      »Bitte sehr, wenn ich helfen kann.«

      Valerie und Heiko fuhren gleich im Anschluss zum Prenzlauer Berg. Das Haus Am Falkplatz 5 bestand aus drei Vorderhäusern und einem Seitenflügel mit einem gemeinsamen Innenhof. Dem Klingelschild nach befand sich die Wohnung im dritten Obergeschoss des Seitenflügels. Sofort nach dem Klingeln ertönte der Summer. Doch als Valerie und Heiko oben ankamen, öffnete ihnen eine junge Frau, die sie fragend ansah.

      »Wir sind vom LKA«, sagte Valerie. »Hauptkommissarin Voss und Kommissar Wieland. Ist Herr Vogler zu Hause?«

      »Da haben Sie aber Glück. Er ist gerade zu Besuch.«

      »Wieso, ist das nicht seine Wohnung?«

      »Nein, meine. Wir wohnten nur vorübergehend zusammen hier. Jetzt hat mein Bruder eine eigene Wohnung. Aber kommen Sie doch bitte durch!«

      Am Ende des langen Korridors befand sich das Wohnzimmer, auf dessen Couch ein jüngerer Mann saß. Jetzt war es an Valerie und Heiko sich fragende Blicke zuzuwerfen, denn der Mann war nicht blond, sondern tief dunkelhaarig.

      »Herr Vogler? Uwe Vogler? Wir sind …«

      »Sie brauchen sich nicht erneut vorzustellen. Ich habe schon gehört …«

      »Kennen Sie eine Jana Steinbach?«

      »Nein, wer soll das sein?«

      »Die Dame, die sie mehrmals mit in die Pension Ursula genommen haben«, sagte Valerie.

      »Sie machen Witze, oder?«

      »Wir scherzen grundsätzlich nicht.« Valerie zeigte das Handyfoto. »So sah sie aus. Nicht mehr ganz so hübsch wie zu Lebzeiten.«

      »Ich habe die Frau noch nie gesehen. Und eine Pension Ursula ist mir gänzlich unbekannt.«

      »Seltsam, jemand hat sich dort mit Ihrem Ausweis angemeldet.«

      »Waren Sie mal blond? Zum Beispiel als das Ausweisfoto gemacht wurde?«, fragte Heiko.

      »Nein, nie. Ich bin doch keine Schwuchtel.«

      »Keine sehr schöne Bezeichnung für einen Menschen, der sich mehr für das eigene Geschlecht interessiert.«

      »Wie auch immer. Ich gehöre nicht dazu. Und der Ausweis ist mir unlängst in einer Kneipe gestohlen worden. Ich habe das bereits gemeldet und einen neuen beantragt.«

      »Wir werden das nachprüfen. Wo waren Sie gestern Nacht zwischen null und zwei Uhr?«

      »Er war mit mir zusammen. Ich bin übrigens Merle Vogler, die Schwester von Uwe.«

      »Das sagten Sie schon. Was heißt zusammen? Waren Sie beide hier in der Wohnung?«

      »Nein, wir waren in der Nähe beim Griechen im Asteria in der Schönhauser essen und später im Doors in der Knaackstraße.«

      »Sind Sie damit einverstanden, dass ich ein Handyfoto von Ihnen beiden mache?«, fragte Heiko.

      »Bitte, solange ich keine Autogramme geben muss.«

      »Wo sagten Sie, ist Ihnen der Ausweis gestohlen worden?«, fragte Valerie, während Heiko die Fotos machte.

      »Das kann ich nicht mit Bestimmtheit sagen. An jenem Abend war ich erst im Club 23, der ist auf dem Gelände der Kulturbrauerei, aber da war mir das Publikum zu grün. Ich bin dann weiter in den Frannz Club auf demselben Gelände. Theoretisch kann ich ihn aber auch schon vorher verloren haben.«

      »Wie lautet Ihre jetzige Adresse, Herr Vogler?«

      »Isländische Straße 7, 10439 Berlin. Das ist nur eine Viertelstunde zu Fuß von hier.«

      »Wie groß ist die Wohnung?«

      »Leider nur ein Zimmer, aber es gibt eine Kleiderkammer. Und da sie im Erdgeschoss liegt, ist sie noch erschwinglich. Mehr kann ich mir leider nicht leisten.«

      »Was sind Sie von Beruf?«, wollte Valerie wissen.

      »Ich bin Versicherungskaufmann.«

      »Interessieren Sie sich für transsexuelle Menschen?«

      »Nein, diese Unentschlossenheit, was das eigene Geschlecht betrifft, ist mir irgendwie suspekt.«

      »Geht Ihre Abneigung so weit, dass Sie regelrecht Hass empfinden?«

      »Ach woher, jeder soll so leben, wie er es für richtig hält, solange er mir nicht zu nahe kommt.«

      »Haben Sie schon mal eine derartige Bekanntschaft gemacht? Hat die Dame Ihnen womöglich ihr Vorleben verschwiegen?«

      »Zum Glück ist mir so etwas bisher erspart geblieben. Ach, ich verstehe. Die Frau auf dem Foto war wohl auch so eine Geschlechtsverirrte? Egal, ich habe sie noch nie zuvor gesehen und bin froh darüber. Das fehlte mir noch …«

      »Das wär’s für heute. Es kann gut sein, dass wir noch einmal auf Sie zukommen, wenn wir Ihr Alibi überprüft haben.«

      »Hören Sie, das sind doch unhaltbare Vorwürfe«, sagte Merle Vogler. Wenn Sie Uwe kennen würden …« »Es ist ja sehr ehrenwert, wie sich für Ihren Bruder einsetzen, aber wir müssen jedem Hinweis nachgehen. Wer sich nichts hat zuschulden kommen lassen, braucht von uns nichts zu befürchten. Einen schönen Tag noch Ihnen beiden!«

      Unten sprach Heiko Valerie sogleich an.

      »Du mochtest den Knaben nicht, oder?«

      »Wer sich so despektierlich über andersgeartete Menschen äußert, hat bei mir schlechte Karten.«

      »Glaubst du, dass er unser Täter ist, trotz der anderen Haarfarbe?«

      »Eher nicht. Mir zeigt das nur, dass Frau Wendler es nicht so genau mit der Anmeldung nimmt. Den Ausweis scheint sie nie gesehen zu haben. Aber sowohl sie als auch Frau Krüger haben den Mann eindeutig als blond beschrieben. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass er die Frau in seiner kleinen Einzimmerwohnung getötet hat, bei dem vielen Blut. Trotzdem werden wir die Alibis der Geschwister überprüfen. Seit gestern müsste man sich noch an sie erinnern. Aber abgesehen davon, ob Vogler der Täter ist oder nicht, müssen wir die KTU noch mal befragen, ob der Tatort möglicherweise in der Nähe war. Vielleicht ist sie nur zum Fundort geschleppt worden.«

      Wie


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