Diebe in Nastätten. Ute Dombrowski

Diebe in Nastätten - Ute Dombrowski


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etwas verpasst. Die Wagen waren super und alle haben gefeiert. Juliano und ich mittendrin! Naja, hier ist ja genauso tolle Stimmung, oder?“

      Reiner verdrehte die Augen, aber Jennifer wusste auch so, wie unbehaglich er sich fühlte. Schon immer waren ihm Menschenmassen ein Gräuel und sie rechnete es ihm hoch an, dass er das für Undine über sich ergehen ließ.

      „Komm, wir holen etwas zu trinken!“

      Juliano zog Reiner hinter sich her zur Sektbar. Dort bestellte er eine Flasche und drückte dem Kommissar vier Gläser in die Hand. Der wollte eins zurückstellen, doch Juliano schüttelte rigoros den Kopf. Reiner gab auf und sie drängelten zurück zu den Frauen, die sie bei Bea und Silke fanden. Als sich Reiner weiter umsah, entdeckte er auch noch Sabine Krümbecker, die mit Alina Barolsen redete. Jetzt lachten die beiden, aber als Alinas Blick auf Reiner fiel, verdüsterte sich ihre Miene. Ehe er sich verstecken konnte, stand sie neben ihm.

      „Und wer passt jetzt auf die Bevölkerung auf, Herr Kommissar?“, schrie sie, mit einem Sektglas in der Hand.

      Reiner zeigte zur Decke, aber nur Juliano verstand die Geste auf Anhieb. Er begann zu lachen und da stimmte auch Alina ein.

      „Er wacht über Nastättens Schuhe“, sagte Jennifer.

      Die Musiker auf der Bühne bedankten sich beim Publikum und so konnte man mal kurz in normaler Lautstärke reden.

      „Vielleicht nimmt der Dieb sich heute frei oder er feiert hier mit uns.“

      Alina bekreuzigte sich und winkte ihnen dann zu. Als sie in der Menge verschwunden war, schmiegte sich Undine plötzlich an Reiner.

      „Wir können dann mal heimgehen. Ich bin müde.“

      „Zu mir oder zu dir?“

      „Zu mir, näher beim Bäcker. Ich muss morgen wieder früh raus. Jennifer!“

      Sie tippte Jennifer auf die Schulter und verabschiedete sich, dasselbe machte sie bei Bea, Silke und Sabine. Reiner sah, wie die neue Freundin einen Mann mittleren Alters anlächelte, wobei sie ganz verliebt wirkte. Aha, dachte er, da gibt es wohl bald wieder einen Mädelsabend. Das war alles nichts für ihn, also nickte er nur in die Runde und war froh, der feiernden Menge zu entkommen.

      Draußen atmete er auf, küsste Undine, nahm ihre Hand und wollte rasch heimlaufen.

      „He, nun renne mal nicht so schnell, lass uns noch ein paar Minuten frische Luft genießen. Ich bin übrigens stolz auf dich.“

      „Warum das denn?“

      „Ich weiß doch, wie du solche Veranstaltungen hasst und heute Abend hast du das ganz wunderbar ausgehalten.“

      Reiner legte den Arm um sie und lachte. Langsam trödelten sie nach Hause. Sie setzten sich in die Küche, wo Undine zwei Tassen Tee servierte.

      „Denkst du, das geht ewig so weiter?“

      „Was?“

      „Das mit den Schuhen.“

      „Keine Ahnung. Vielleicht hat er bald genug.“

      „Warum kann man plötzlich so sachlich mit dir darüber reden?“

      Undine grinste.

      „Naja“, brummte Reiner, „ich habe gegen euch sowieso keine Chance, oder? Wenn ihr euch mal was in den Kopf gesetzt habt …“

      „Du musst doch zugeben, dass das alles sehr mysteriös ist. Was wohl sein Motiv ist?“

      „Das werde ich ihn als erstes fragen, wenn ich ihm die Handschellen anlege.“

      „Ein Fetisch?“

      „So sah der nicht aus.“

      „Not?“

      „Wenn ich Not hätte, würde ich doch eher Lebensmittel klauen, Schuhe sind nicht lebensnotwendig, schon gar nicht so viele.“

      „Wieso? Man kann die zu Geld machen. Da fällt mir was ein.“

      Sie sprang auf, lief nach oben und kam mit einem Laptop zurück. Schnell rief sie das Internet auf und gab „Gebrauchte Schuhe“ ein. Auf einer Verkaufsplattform fing sie an zu suchen.

      „Was wird das?“, wollte Reiner wissen.

      „Ich suche meine Schuhe.“

      „Denkst du, dass jemand diese Treter verkauft?“

      „Ich weiß nicht, aber man kann es ja mal versuchen.“

      „Wenn wir wüssten, wie die von der Frau des Bürgermeisters aussehen, dann würde das mehr Sinn machen. Leider habe ich nur wenig Details. Rot sind sie. Mit Absatz. So, wie das ein Mann eben beschreibt.“

      Undine lachte und gab beides in die Filterfunktion ein. Es gab zahlreiche Angebote für rote Schuhe, aber sie sahen sich alle viel zu ähnlich.

      „Moment!“, rief Reiner plötzlich und holte sein Handy aus der Hosentasche.

      Er wählte eine Nummer und sagte: „Hier Nickich, Herr Bürgermeister, bitten Sie doch mal Ihre Frau, im Netz auf den üblichen Plattformen nach ihren Schuhen zu suchen. Vielleicht versucht der Täter sie zu verkaufen. Beste Grüße.“

      Dann legte er auf.

      „Sie sind zwar feiern, aber wenn er das Band später abhört, reicht es auch noch.“

      „Und was, wenn der Dieb nicht ganz dicht ist und die Schuhe aus keinem richtigen Grund mitnimmt?“

      „Tja, dann weiß ich es auch nicht. Das sehen wir, wenn wir ihn haben. Mir kam er nicht sehr alt vor, aber ein Jugendlicher war das auch nicht. Es ging allerdings sehr schnell, ich musste erst zu mir kommen.“

      „Aber er weiß nicht, wer du bist.“

      Reiner sah Undine fragend an.

      „Wie meinst du das?“

      „He, wenn ich wüsste, dass dort so ein scharfer Kommissar wohnt, dann würde ich nicht direkt in seiner Nachbarschaft auf Beutezug gehen.“

      Reiner nahm Undines Hand.

      „Du findest mich also scharf?“

      „Als Kommissar“, sagte Undine lachend, „ein scharfer Hund, der alle Gangster drankriegt.“

      „Ach nein, ich dachte an meine Vorzüge als Mann.“

      Undine stand auf, räumte die Tassen weg und ging Richtung Treppe.

      „Das weiß ja nur ich.“

      Mit schwingenden Hüften lief sie die Stufen hinauf ins Schlafzimmer und Reiner folgte ihr mit einem breiten Grinsen.

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