Eine vernünftige Verbindung. Catherine St.John
gewaltige Schrank im Flur des zweiten Stocks enthielt tatsächlich Bettwäsche; Miles suchte eine einigermaßen unzerrissene Garnitur samt Laken heraus; diese Stücke mussten aber erst einmal vor einem großen Kaminfeuer gewärmt werden – kurz vor der Ankunft der neuen Herrin.
Nate war schon erfreulich aktiv geworden; im Schlafzimmer brannte bereits ein Feuer und das Bettgestell sah schon deutlich sauberer aus.
„Wo hast du denn das Feuerholz gefunden?“
Nate grinste. „Neben der Küchentür war noch ein Rest. Und im Kamin waren ein paar uralte Vogelnester, die hab ich mit dem Besen da runtergeangelt und zum Anschüren verwendet. Haben gebrannt wie Zunder. Das Bett ist stabil, ich bin ein paarmal drauf rumgehüpft, Sir.“
„Mit sauberen Stiefeln?“ Miles kannte seinen ideenreichen Diener schließlich schon etwas länger.
„Hm, naja, schon…“ Nate inspizierte etwas unsicher seine Stiefelsohlen.
„Mach die Matratze sauber, klopf sie ab oder was man da eben so tun muss.“ Miles inspizierte den mächtigen Kleiderschrank und die Truhe daneben, die aussah, als stamme sie aus der Zeit der Rosenkriege – alles leer.
„Den Schrank wischt du bitte mit Seifenlauge aus“, ordnete er an und verließ das Zimmer, um einen Blick in die Küche zu werfen.
Du lieber Himmel! Küche, Spülküche, Speisekammer, Silberkammer – alles war schmutzig, die Schränke waren fast völlig leer, wenn man von einem halben Dutzend angeschlagener Teller absah. Einen Herd gab es zwar, aber ob der nun auch funktionsfähig war… Neben der Küchentür, hatte Nate gesagt?
Tatsächlich. Er nahm einen etwas schwächlich wirkenden Korb zur Hand und schichtete so viel Holz hinein, wie er dem ältlichen Geflecht zutraute.
Gab es möglicherweise irgendwo anders noch Mobiliar?
Auf dem Dachboden vielleicht… Er stieg wieder nach oben und schritt an dem leise pfeifenden Nate vorbei zum Ende des Gangs, wo er hinter einer unscheinbaren Tür die Dienstbotentreppe entdeckte und dort zum Dachboden hinaufkletterte.
Dort sah er sich ganz benommen um – offenbar hatte man Jahrhunderte lang alles, was nicht mehr gefiel oder was etwas Pflege gebraucht hätte, hier oben irgendwo abgestellt. Das würde Emily bestimmt gefallen, lächelte er. Sie war energisch und tatkräftig, sie wollte sich und ihrem Bruder ein sicheres, warmes Heim schaffen – und sie war bereit, ihm die üblichen zwei Erben zu schenken: Was wollte er mehr?
Außerdem war sie nett und recht klug, fand er und wandte sich zum Gehen. Gut, das Manor war in einem furchtbaren Zustand, aber sie hatten ja alle Zeit der Welt und im Moment doch wenigstens zwei Dienstboten, wenn Emily die kleine Deirdre mitbrachte. Köchin, Stallbursche und vielleicht eine Zofe – mehr brauchten sie vielleicht gar nicht. Einen Butler? Naja, so hochherrschaftlich war das Manor auch wieder nicht.
„Schau´n Sie mal, Sir!“, rief Nate, „ist es so recht?“
Das Schlafzimmer der Schlossherrin war mittlerweile sauber, auf der Matratze gab es keine Stiefelspuren mehr, und Bett wie Schrank schimmerten vor Politur. Miles nickte billigend. „Gut gemacht, Nate. So wird die Lady jedenfalls nicht in Ohnmacht sinken!“
„Und was ist mit Ihnen, Sir?“
Miles zuckte die Achseln. „Ich finde schon etwas, so verwöhnt bin ich nicht. Übrigens stehen auf dem Dachboden ganze Mengen von Möbeln, ich denke, damit können wir jeden Raum dieses Hauses zweimal einrichten.“
Nate grinste. „Da brauchen wir aber mehrere Fässer von der Möbelpolitur! Oh je…“
„Du wirst nicht alles alleine aufpolieren müssen, du Jammerliese. Pass auf, wir fahren jetzt nach Hause und kommen übermorgen noch einmal her, auch mit ein paar Lebensmittelvorräten. Alles andere werden wir dann nach der Hochzeit erledigen.“
„Ehrlich? Meinen Sie, das hier ist eine tolle Überraschung für die Missus?“
Miles lachte. „Oh ja! Sie freut sich darauf, das Haus aufzumöbeln. Das wollen wir ihr doch nicht wegnehmen, oder?“
„Zum Teufel, nein!“
„Zum Teufel sagen wir jetzt nicht mehr, ist das klar?“
Kapitel 7
Einige Tage später kam ein Brief des Earls an, der sich begeistert über Emily Allington äußerte und verfügte, die Hochzeit werde auf Eastley Manor stattfinden; das junge Paar könne ja am nächsten oder übernächsten Tag ins Manor übersiedeln.
Hm. Miles, der schon begonnen hatte, den Inhalt seines Schreibtischs zu sichten und zu verpacken, fluchte leise. Musste der alte Teufel denn über alle anderen verfügen? Galt nur sein Wort etwas?
Er steckte den Brief ein und rief nach Nate, der ihm die Stiefel brachte und zum Mietstall eilte, damit Dawn gesattelt werde.
Das Haus der Allingtons sah so trübsinnig aus wie immer, aber im Gemüsegarten entdeckte Miles bereits Emily, die sich in regelmäßigen Abständen bückte. Was tat sie dort?
Er saß ab, band Dawn an dem Baum neben der Haustür an und stieg über den Gartenzaun. Emily sah auf, ein Bündel Radieschen in der Hand. „Miles! Ist etwas vorgefallen?“
„Das kann man wohl sagen“, grollte er. „Lesen Sie!“
Sie nahm den Brief entgegen und las ihn durch, dann sah sie wieder auf. „Wir sollten dem Pfarrer hier Bescheid sagen – oder meinen Sie, wir können ihn mitnehmen, damit er uns auf Eastley Hall traut? Dort gibt es doch wohl eine Kapelle?“
„Natürlich! Aber was fällt dem alten -“
„Teufel?“
„Richtig. Was fällt ihm eigentlich ein, sich so über unsere Pläne hinwegzusetzen?“
„Nun ja, er dürfte an diese Selbstherrlichkeit wohl gewöhnt sein… aber finden Sie die Idee denn so schlecht?“
„Sie etwa nicht?“
„Nun, warum sollten wir unseren Hochzeitstag nicht in einem fertig eingerichteten, geheizten Haus verbringen, vielleicht sogar mit einem richtigen Hochzeitsmenü?“ Zur Bekräftigung hob sie die Hand mit den Radieschen.
Miles musste lachen. „Nun, etwas mehr hätten wir auch im Manor auftischen können, meinen Sie nicht?“
„Ja, das mag schon sein, aber warum sollten wir nicht am nächsten Tag zum Manor fahren und dann sozusagen die Ärmel aufkrempeln?“
Miles seufzte. „Gut, wenn Sie einverstanden sind, dann gebe ich meinem Großvater entsprechend Bescheid.“
„Sie sind aber nicht einverstanden?“
„Doch, er hat ja Recht, der alte Teufel. Ich würde mich nur freuen, wenn er mich nicht immer behandeln würde, als sei ich noch auf der Schule! Seine Eigenmächtigkeit ärgert mich eben.“
„Das kann ich verstehen, aber ich denke, wir wirken erwachsener, wenn wir nur gegen die Entscheidungen protestieren, die wir tatsächlich für unsinnig halten“, gab Emily zu bedenken.
„Weise Worte…“
Emily lächelte breit. „Und das geht Ihnen auf die Nerven?“
Er winkte ab und grinste schief.
*
Sie sah ihm nach, als er in Richtung London davonritt. Sie kannte ihren zukünftigen Gemahl noch nicht gerade gut, aber eben hatte er einen deutlich jüngeren Eindruck vermittelt, als seine fünfunddreißig Jahre es hätten erwarten lassen. Er hatte sich eher wie ein Jugendlicher angehört, der sich dem Willen seines Vaters beugen musste… nun, vielleicht hatte er dem alten Earl bis jetzt einen eher unreifen Eindruck vermittelt?
Glaubte man nicht allgemein, dass Ehestand und Kinder einen Mann erst reifen ließen? Vielleicht hing der alte Earl (so teuflisch kam er ihr wenigstens nicht vor) ja auch dieser Auffassung an?
Im