Eine vernünftige Verbindung. Catherine St.John
umgehend heirate und natürlich auch für – äh – die Nachfolge sorge, bekomme ich nur Easton Manor, das eine ziemliche Ruine darstellt, denn das hängt am Titel. Geld und die Hall gingen dann an meinen biederen Cousin James.“
„Hm. Und deshalb wollen Sie jetzt die Erstbeste heiraten? Ich weiß nicht, ob ich mich da geschmeichelt fühlen soll…“
„Nein, so sollten Sie es keinesfalls auffassen, Miss Allington. Sie haben mir nur bei meinem Besuch gestern den Eindruck vermittelt, dass Sie tatkräftig sind, energisch, praktisch, angesichts von widrigen Umständen nicht jammernd auf einem Sofa liegen, sondern zupacken können. Obendrein sind Sie, denke ich, klug und schlagfertig. Man kann sich gut mit Ihnen unterhalten, jedenfalls erscheint es mir so. Humor scheinen Sie auch zu haben.“
„Den würde ich wohl auch brauchen?“
Miles grinste. „Da sehen Sie es! Sie haben Humor!“ Sie erwiderte das Lächeln etwas vorsichtig. „Nun ja, unser Vater hat das wohl erforderlich gemacht. Das Leben hier ist schon eine gewisse Herausforderung.“
„Und Sie genießen diese Herausforderung?“
Sie legte den Kopf schief. „Habe ich eine Wahl? Wenn ehrlich bin: Nein, ich genieße sie nicht. Ich hätte gerne mehr Vorräte, wüsste William gerne auf einer guten Schule und würde gerne auch etwas mehr den Kontakt mit den Nachbarn pflegen – aber hier wohnt niemand so, dass man ihn rasch mit dem Gig erreichen kann.“
„Ich denke, ich könnte Ihnen dabei behilflich sein“, sagte Miles und beobachtete sein Gegenüber.
„Indem Sie mich heiraten? Wie hätte ich mir das vorzustellen?“
„Nun, zu allererst könnten wir William nach Eton schicken. Ich habe sowohl das nötige Geld als auch gute Kontakte.“ Er grinste. „Man erinnert sich dort sicherlich noch an mich, wenn auch vielleicht nicht immer im besten Sinne.“
Sie nickte, ohne seinen matten Scherz mit Kichern zu würdigen. Gut so, Gekicher mochte er nicht, herzhaftes Gelächter durchaus.
„Wir müssten natürlich Easton Manor wieder zu einem bewohnbaren Landsitz machen – dieses Anwesen kann mir mein Großvater nicht nehmen, es gehört ja, wie bereits erwähnt, zum Titel. Aber wenn auch das Manor in einem traurigen Zustand ist – ich habe auf dem Weg hierher einen Blick darauf geworfen - unbewohnbar ist es nicht, aber unmöbliert.“
„Oh…!“
„Erschreckt Sie das sehr?“
Sie lächelte geradezu sehnsüchtig. „Im Gegenteil. Ein altes Haus von Grund auf auszugestalten, das würde mir sehr großen Spaß machen. Hätten wir Mittel für wenigstens die nötigsten Dienstboten?“
Sie hatte wir gesagt!
„Dienstmädchen, zwei Diener, eine Köchin, einen Stallburschen? Gewiss doch. Möchten Sie Ihren Vater mitnehmen?“
„Nein, du lieber Himmel! Man kann ihn nicht mehr verpflanzen, fürchte ich. Die kleine Deidre würde ich aber gerne mitnehmen, sie wird mit Vater ohnehin nicht fertig.“
„Also für Ihren Vater einen stoischen Diener, der auch kochen kann?“
Sie seufzte. „Wo sollte man einen solchen Mann wohl finden?“
„Überlassen Sie das mir, - Emily?“ Er griff nach ihrer Hand. Sie lächelte etwas schief. „Recht geschäftsmäßig – Miles. Aber ich denke, das wird das beste Angebot sein, dass ich in meinen Jahren noch erwarten kann, nicht wahr?“
„Möchten Sie lieber auf die große Liebe warten? Die kann ich Ihnen vielleicht nicht bieten, aber ich denke, wir würden uns gut verstehen und angenehm zusammenleben. Wäre das nicht schon recht nett?“
„Doch, gewiss…“
„Jetzt hätte ich beinahe ein Geständnis vergessen – ich habe noch eine kleine Halbschwester, Phoebe. Sie ist zwölf und lebt zu ihrem Missvergnügen bei meinem Großvater. Sobald das Manor ein hübsches Zuhause geworden ist, würde ich sie gerne zu uns nehmen. Wäre Ihnen das eine zu große Belastung?“
„Nicht doch! Vergessen Sie nicht, sie ist gerade so alt wie William. Das könnte doch in den Schulferien recht gemütlich werden?“
„Dann wären wir uns einig?“ Er erhob sich und Emily tat es ihm gleich. Sie streckte die Hand aus. „Ja, wir sind uns einig. Wann und wo soll die – sollen die Förmlichkeiten – äh.“
„Die Hochzeit? Nun, wann und wo Sie wollen. Wollen wir uns aufbieten lassen, wie es der Brauch ist oder soll ich eine Sondergenehmigung besorgen? Noch wohne ich in London, es wäre also gar keine Mühe.“
„Ach, lassen wir uns ruhig aufbieten, dann redet die Nachbarschaft weniger. Können wir uns vorher schon einmal das Haus anschauen?“
„Gewiss. Ich bringe meinen Diener Nate mit, damit dem Anstand Genüge getan ist. Und ich sollte meine Braut auch dem Großvater vorstellen.“
„Dem alten Teufel? Muss ich mich fürchten?“ Der Spott war deutlich hörbar.
Er lächelte anerkennend. „Mit dieser Einstellung ganz gewiss nicht! Er hat eine scharfe Zunge, aber Sie können da ganz offensichtlich mithalten, Emily. Ach – sollte ich der Form halber vielleicht bei Sir Charles um Ihre Hand anhalten?“
„Versuchen Sie´s“, war die trockene Antwort. „Ich mache währenddessen Tee.“
Das klang wenig vielversprechend; er zuckte die Achseln und schlug den Weg ein, den Emily ihm wies. Auf sein Klopfen hin ertönte von innen ein unwirsches Brummen, das nahm Miles einmal als Aufforderung und trat ein.
Sir Charles spähte über seine Brille zur Tür. „Wer sind Sie denn?“
„Mein Name ist Miles Easton, Sir Charles. Ich -”
„Was haben Sie mir mitgebracht, Mr. – äh?“
„Wie bitte? Ich möchte Ihre -“
„Den Stammbaum? Einen Erbvertrag? Verschollene Briefe?“
„Nichts dergleichen. Ich möchte Ihre Tochter heiraten, Sir Charles.“
„Meinetwegen“, war die gemurmelte Antwort, während der Blick des alten Mannes schon wieder auf die zahllosen Papiere auf seinem Schreibtisch gerichtet war.
„Haben Sie wirklich erfasst, was ich gesagt habe?“
Sir Charles sah ruckartig auf und starrte seinen Besucher ärgerlich an. „Was? Natürlich! Sie heiraten Emily. Bin nicht senil, junger Mann!“
„Werden Sie hier alleine zurechtkommen?“
Sir Charles winkte desinteressiert ab und begann, einen Papierstapel zu durchsuchen. Miles gab es auf und verließ den Raum. Draußen lächelte ihm seine nagelneue Verlobte spöttisch entgegen. „Lassen Sie mich raten: Es hat ihn nicht im Geringsten interessiert?“
„So ungefähr. Ist ihm eigentlich klar, dass er hier auf sich selbst gestellt sein wird? Dass ihn niemand versorgen könnte?“
Emily schüttelte den Kopf. „Das verstehen Sie nicht, fürchte ich. Sehen Sie, in wenigen Tagen wird er doch Sherborne übernehmen, weil er der wahre Herzog ist, und dann wird er über ganze Heerscharen von Dienstboten verfügen…“
„Sein Anspruch hat doch nicht einmal den Hauch einer vernünftigen Grundlage, oder?“
Sie winkte ab. „Natürlich nicht! Das Herzogtum ist seit Generationen ganz gesetzmäßig vererbt worden. Ich glaube, Vater führt den Anspruch auf einen königlichen Brief zurück, der leider gar keinen Wert hat. Anscheinend soll Richard III ihm die damalige Baronie Sherborne verliehen haben, aber diese Standeserhöhung – wenn es sie denn jemals gegeben haben sollte – wurde offensichtlich auf Betreiben Henry Tudors vom Parlament für ungültig erklärt. Schon vor der Parlamentsherrschaft hatte ja eine ganz andere Familie das Dukedom inne. Vater hätte sein Vermögen und seine Energie wirklich besser auf dieses Anwesen hier verwenden sollen.“
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