Schreibcamp: Emotionen. Stephan Waldscheidt

Schreibcamp: Emotionen - Stephan Waldscheidt


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und Veränderung

      Tag 10: Extreme Emotionen und Emotionsbogen

      Tag 11: Emotionen und Erwartungen (1)

      Tag 12: Emotionen und Erwartungen (2)

      Tag 13: Emotionen und Bedürfnisse

      Tag 14: Emotionen und Motive

      Tag 15: Emotionen und Ziele

      Tag 16: Emotionen und Manipulation

      Tag 17: Falsche Emotionen 1: Täuschung

      Tag 18: Falsche Emotionen 2: Widersprechende Handlung

      Tag 19: Falsche Emotionen 3: Schlechtmachen einer echten Emotion

      Tag 20: Falsche Emotionen 4: Falsche Interpretation und Wunschdenken

      Tag 21: Unterdrückte Emotionen

      Tag 22: Unerwiderte Emotionen (1)

      Tag 23: Unerwiderte Emotionen (2)

      Tag 24: Emotionen und Konflikte

      Tag 25: Emotionen und Buße

      Tag 26: Emotionen und Sie (1)

      Tag 27: Emotionen und Sie (2)

      Tag 28: Emotionen und Sie (3)

      Tag 29: Emotionen und das Ende

      Bonus: Emotionen und Klischees

      Tag 0: Die konzentrischen Kreise der Emotion

      Um Emotionen in Ihrem Roman effektiv zu beeinflussen und gezielt zu verstärken, müssen Sie auf drei Subjekte eingehen. Jedes davon ist für die Emotionen im Roman wichtig und fast immer unverzichtbar:

       * Emotionen des Autors

       * Emotionen der Charaktere

       * Emotionen der Leser

      Wollen Sie einen mitreißenden Roman schaffen, dürfen Sie mit den eigenen Emotionen – mit eigenen Gefühlserfahrungen, Gefühlserinnerungen – nicht hinterm Berg halten. Bringen Sie alles an Emotionen ein, was Sie selbst genossen, erlebt, durchlitten haben. Genau das nämlich ist es, was Ihren Roman anderen Romanen gegenüber einzigartig macht. Ihre Fähigkeiten als Autor sind nicht einzigartig, auch die meisten Ihrer Ideen sind es nicht. Sie als Mensch aber, als Mensch und Autor, sie gibt es nur ein einziges Mal. Was wäre das für eine Verschwendung, würden Sie ausgerechnet diese Einmaligkeit nicht (noch besser) nutzen!

      Mit dem Roman selbst kommen die beiden übrigen Emotionssubjekte ins Spiel: Charaktere und Leser. Als Autor können Sie zwar nur die Emotionen der Charaktere zeigen. Ihr eigentliches Ziel aber und das, was Sie beeinflussen und steuern wollen, sind die Emotionen Ihrer Leser.

      Zwei Verbindungen spielen hierfür eine entscheidende Rolle.

      1. Ihre emotionale Verbindung zum Leser.

      Das Medium: Ihre Charaktere.

      Das Mittel: Ihre Sprache.

      2. Die emotionale Verbindung zwischen Charakter und Leser.

      Das Medium: der Inhalt, die Geschichte, der Plot.

      Das Mittel: die Identifikation des Lesers mit Ihren Charakteren.

      Ihre erste Aufgabe beim Schreiben, jetzt und jederzeit und immerdar: Zapfen Sie Ihr Gefühlszentrum an.

      Bei jedem funktioniert das über eine andere Schiene, bei dem einen über Musik, bei dem anderen über Erinnerungen, bei einem Dritten über Gespräche. Wichtig ist, dass Sie es tun. Ebenso wichtig ist, dass Sie sich als Person und Mensch nicht als alleiniges Zentrum Ihres Romans betrachten. Beobachten und analysieren Sie Ihre Gefühle – aber tun Sie es durch die Augen und das Herz Ihrer Charaktere.

      Ihre zweite Aufgabe beim Schreiben: Sorgen Sie dafür, dass der Leser sich mit Ihren Charakteren identifiziert. Wenn Sie noch nicht so genau wissen, wie Sie das mit der Identifikation schaffen, lesen Sie es in anderen Schreibratgebern nach. Hauptsache, Sie kriegen es hin.

      Bevor Sie mit dem Optimieren der Emotionen loslegen, verdeutlichen Sie sich eine wichtige Unterscheidung von Gefühlen im weiteren Sinn:

       * Emotionen

       * Stimmungen

       * Gefühle (im engeren Sinn)

      Alle drei sind wertvoll und unerlässlich für Ihre möglichst effektive Arbeit als Roman-Autor. (Da wir bei Ihrem Roman nur die Emotionen untersuchen und optimieren wollen, nehme ich mir die Freiheit, im Schreibcamp Gefühl und Emotion wie im Sprachgebrauch üblich synonym zu gebrauchen. Außerdem liest es sich dann besser.)

      Die Stimmung ist das unspezifische Hintergrundrauschen hinter den anderen Gefühlen. Sie können ihm häufig bloß eine Richtung zuordnen, eher gut oder eher schlecht, positiv oder negativ, Details aber fehlen, genauer: die Qualität.

      Im Roman kann sich die Stimmung direkt ausdrücken – ein Charakter sagt selbst, er sei schlecht gelaunt. Oder sie drückt sich indirekt aus, etwa über Handlungen, zum Beispiel über eine unwirsche Bemerkung, die aus der schlechten Laune resultiert.

      Gefühle im engeren Sinn sind Wahrnehmungen wie Hunger, Kälte, Druck auf der Haut – sie sind Reaktionen auf einen physischen Reiz.

      Emotionen hingegen sind in erster Linie psychologische Konstrukte, die nicht direkt von äußeren Einflüssen abhängig sein müssen, etwa Freude, Angst, Reue.

      Emotionen haben Gemeinsamkeiten sowohl mit Stimmungen als auch mit Gefühlen im engeren Sinn.

      Wie Stimmungen lässt sich einer Emotion häufig eine Richtung zuordnen: eher positiv oder eher negativ. So ist die Emotion Freude von der Gestimmtheit her positiv, die Emotion Angst negativ. Eine Emotion fügt der Stimmung eine Qualität hinzu – eben die konkrete Empfindung von Freude oder von Angst.

      Wie Gefühle im engeren Sinn gehören zu einer Emotion in vielen Fällen wahrnehmbare körperliche Aspekte wie das berühmte schnell klopfende Herz eines Verliebten.

      Bedenken Sie auch: Emotionen sind nie allgemein, sondern stets hochspezifisch und individuell. Nur mit solchen sehr spezifischen Emotionen vermitteln Sie Ihren Lesern, nicht bloß Wörter auf Papier zu lesen, sondern eine Geschichte über lebendige Menschen.

      Obenstehende Liste lässt sich somit auf zweierlei Art spezifizieren.

      1. Als eine Abfolge in einem gelungenen Roman:

      Emotionen des Autors führen zu

      Emotionen der Charaktere führen zu

      Emotionen der Leser.

      2. Als eine Rangfolge der Wichtigkeit:

      1. Emotionen der Leser

      2. Emotionen der Charaktere

      3. Emotionen des Autors

      In vielen Fällen decken sich sämtliche Emotionen. Beispiel: Die Hauptfigur Fred sieht den Kadaver einer Ratte und wendet sich voller Ekel ab. Haben Sie zu Beginn für eine starke Identifikation des Lesers mit Fred gesorgt, wird auch der Leser diesen Ekel empfinden. Und auch Sie als Autor haben bei der Beschreibung der Szene Ekel verspürt.

      Aber es gibt auch zahlreiche Fälle, in denen sich die Emotionen von Protagonist, Leser und Autor unterscheiden.

      Beispiel: Die Heldin Emilie geht fröhlich zu ihrem Wagen. Der Leser aber weiß von der Bombe unter Emilies Wagen (dramatische Ironie). Er wird daher nicht fröhlich, sondern eher gespannt und besorgt um Emilies Wohl sein. Sie als Autor hingegen freuen sich in erster Linie diebisch über die Hochspannung,


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