Anna. Isabel Tahiri

Anna - Isabel Tahiri


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seinen besten Kommandoton angeschlagen. Ben drückte auf die entsprechende Taste. Das Video verschwand vom Bildschirm. Aber nicht aus seinem Kopf, er würde bestimmt noch darauf kommen, woher er die junge Frau kannte.

      Peter stand im Licht der Laterne inmitten des Rosengartens, früher war er hier gerne mit einem guten Buch auf einer der Bänke gesessen. Seine Uhr zeigte 19.31 h, hoffentlich kam die Ärztin überhaupt, bei ihr hatte er ein gutes Gefühl, sie behandelte die Versuchsobjekte gut. Und Verbündete würde er brauchen. Da sah er sie auch schon in schnellen Schritten näherkommen.

      Er hob die Hand, um auf sich aufmerksam zu machen. Sie änderte ihre Richtung und kam jetzt direkt auf ihn zu.

      „Hallo, Sie wollten mich sprechen?“ Sagte sie anstelle einer Begrüßung. Peter schaute sich um, kein anderer Mensch in Sicht, sie schien nicht verfolgt zu werden.

      Er sah sie wieder an und fragte. „Haben Sie ihren Kommunikationschip ausgeschaltet, Sie wissen ja, der sendet immer ihren Standort.“

      Sie nickte entnervt. „Ja, natürlich, was denken Sie denn.“ Dann schüttelte sie den Kopf.

      „Kommen Sie, wir gehen aus dem Lichtschein der Laterne, dort steht eine Bank.“ Anita folgte ihm hinüber und setzte sich.

      Er sah sie direkt an. „Erst einmal muss ich Sie fragen, was Sie von diesen menschlichen Versuchsobjekten halten.“ Sein fragender Blick schien sie zu durchbohren.

      „Was wollen Sie hören? Dass ich es falsch finde? Vielleicht wollen Sie mich nur aushorchen und anschließend verraten.“ Sie sah ihn aufgebracht an.

      „Nein, ich spreche mit niemandem darüber, das können Sie mir glauben. Aber ich möchte die Wahrheit wissen, sonst ist unser Gespräch jetzt beendet.“ Peter konnte eigentlich kein Risiko eingehen, musste es in diesem Fall aber tun, die Ärztin könnte eine gute Verbündete sein.

      Sie schien zu überlegen, was sie ihm sagen sollte. Anita sah ihm prüfend ins Gesicht, dann seufzte sie. „Also gut, nehmen wir einmal an, Sie meinen es ehrlich. Ich persönlich glaube, dass man die Versuche auch an differenzierten Zellen oder Embryonen durchführen könnte, warum es unbedingt Menschen sein müssen, weiß ich nicht. Das ist eine staatliche Anordnung.“ Sie zuckte mit den Schultern.

      Peter warf ihr einen skeptischen Blick zu. „Und? Finden Sie die Bedingungen, unter denen diese Menschen leben müssen, normal?“ Fragte er dann. Was wollte der eigentlich hören?

      Sie verdrehte die Augen. „Nein, natürlich nicht, im Gegenteil, ich habe schon versucht etwas zu ändern. Es ist nicht gut, wenn man den ganzen Tag im Käfig sitzt, der Mensch braucht Bewegung, sonst verkümmern die Muskeln. 'Aber die Gefahren seien zu groß, wenn man die Probanden herumlaufen ließe, selbst in einer kontrollierten Umgebung.' Originalton Prof. Heilmann.“ Sie lehnte sich zurück und sah sich um, es war schön hier, sogar in der Dunkelheit. Seltsamerweise hatte sie kein bisschen Angst vor Peter. Sie fühlte sich sogar wohl in seiner Nähe. Er hatte kurz geschwiegen, und sich erneut suchend umgeschaut.

      Jetzt sagte er. „Das erleichtert die Sache etwas. Haben Sie schon von der Liga gegen Menschenversuche gehört?“

      Sie lachte. „Wer nicht, werden die nicht ständig verhaftet bei ihren Demonstrationen?“

      Er nickte ernst. „Ja, sehr oft, aber sie machen trotzdem weiter.“

      Jetzt sah sie ihm direkt in die Augen. „Was wollen Sie eigentlich von mir?“ Ihr Blick war herausfordernd.

      Er lächelte süffisant. „Ich möchte Sie rekrutieren.“

      „Bitte? Etwa für die Liga?“ Sie fiel aus allen Wolken, damit hätte sie niemals gerechnet.

      „Ja.“ Er meinte es anscheinend ernst.

      Anita stand auf und ging ein paar Schritte zurück. „Sie sind verrückt, ich gehe jetzt, ich werde vergessen, dass dieses Gespräch je stattgefunden hat, auf Wiedersehen.“ Sie drehte sich um und wollte gehen.

      Er hielt sie auf. „Moment, bitte, wir glauben, die Regierung will gar kein Gegenmittel finden, so gut wie in den letzten zwei Jahren hatte sie die Bevölkerung noch nie im Griff. Alle richten sich nach den Gesetzen, jeder hat Angst vor Ansteckung. Ich weiß, dass es einige resistente Personen gibt, warum versucht man nicht aus deren Blut ein Serum herzustellen? Haben Sie dafür eine Erklärung?“

      Das brachte sie zum Nachdenken. Sie blieb stehen. Das war Anita auch schon aufgefallen, bei Anna, die jetzt schon die dritte Testreihe über sich ergehen lassen musste. Anita setzte sich, mit hängenden Schultern, zurück auf die Bank.

      „Mein Gott, Sie könnten recht haben, aber warum? Was verspricht sich die Regierung davon? Immerhin sterben doch Menschen.“ Sie sah ihn fragend an.

      Er hob seine Schultern. „Wir haben auch keine Erklärung dafür, deshalb arbeite ich ja im Laborkomplex von Prof. Heilmann. Es ist das größte Labor im Land. Aber bis jetzt habe ich noch nichts herausfinden können. Als Wachmann habe ich wenig Zugriff auf Information. Da würden Sie ins Spiel kommen.“

      Anita schüttelte unwillkürlich den Kopf. „Wie stellen Sie sich das vor? Für jede Akte, die ich einsehen will, muss ich einen Antrag stellen.“ Da fiel ihr Annas Akte ein, die zuhause auf ihrem Schreibtisch lag. Konnte sie dem jungen Mann trauen? Bei der Sekretärin hatte sie nichts herausbekommen, jetzt fragte sie direkt. „Wie ist eigentlich Ihr Name? Den würde ich schon gerne wissen, wenn ich mit Ihnen zusammenarbeiten soll, meinen Sie nicht?“

      Er grinste. „Verzeihung, mein Name ist Peter, Peter Berger. Frau Dr. Parell, Anita, helfen Sie uns, bitte.“ Sein Blick war flehend.

      Sie nickte ergeben. „Ich habe Zugriff, zumindest auf eine Akte. Die von Nummer Acht. Aber bis jetzt habe ich noch nichts gefunden.“ Anita hatte sich entschlossen zu helfen, sie hoffte, dass es kein Fehler war. „Wenn ich etwas herausfinde, wie kann ich Sie dann erreichen?“ Sie sah ihn an, ein netter Mann eigentlich, auch wenn er sie mit seinem Anliegen überfallen hatte. Irgendwie gefiel er ihr.

      Peter überlegt kurz, was denn am Sinnvollsten wäre. „Rufen Sie einen Wachmann, meine Dienstnummer ist WP1234, Sie können mich ruhig verlangen, andere machen das auch. Aber reden Sie niemals Klartext im Labor. Ich habe herausgefunden, dass alles überwacht wird, in Bild und Ton.“ Anita nickt, das wusste sie inzwischen auch. „Und jetzt, gehen Sie bitte nach Hause, achten Sie darauf, dass die Kameras Sie nicht erfassen, wenn Sie den Park verlassen. Wenn doch, denken Sie sich eine Erklärung aus, was Sie hier wollten.“ Er schien besorgt zu sein.

      Sie verabschiedete sich. „Ja, gut. Bis... morgen?“ Anita schaut ihn fragend an, sie lächelte zaghaft.

      Er erwiderte es. „Ja, bis Morgen.“ Peter schaute sich um und verschwand ohne ein weiteres Wort in einem kleinen Weg.

      Anita blieb noch einen Moment sitzen, dann erhob sie sich langsam und macht sich auf den Heimweg. Wer hätte gedacht, dass die Liga einmal an sie herantreten würde. Sie musste aufpassen. Trotzdem, das war eine interessante Unterhaltung gewesen. Dieser Mann hatte etwas an sich, dass sie ansprach. Nun, sie würde ihn bald wiedersehen.

      Hilfe

      Seit drei Tagen versucht Anita nicht mehr mit mir zu sprechen, schade eigentlich, aber vielleicht auch besser so. Beinahe hätte ich meinen Schutzmechanismus aufgegeben.

      Ich beobachte sie allerdings den ganzen Tag. Wenn sie es bemerkt, zeigt sie es nicht. Sie schaut nicht einmal zu mir herüber. Jetzt greift sie zum Telefon und wählt eine Nummer. „Zentrale? Ja, ich benötige einen Wachmann... Ist WP1234 gerade frei, der wäre mir der Liebste... Ich muss einen Probanden reinigen und dabei war er mir schon einmal eine große Hilfe... Gut, danke.“

      Dann dreht sie sich zu mir um. „Nummer Acht, die Reinigung steht an, mach Dich bereit.“ Ich nicke und stehe auf. Das letzte


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