Meine Miesen Morde. Andrea Lieder-Hein

Meine Miesen Morde - Andrea Lieder-Hein


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brachte Beeke ins Frauenhaus und verabschiedete sich dann bis zum folgenden Tag.

      Frau Groen aus dem Frauenhaus informierte Beeke über alles Wichtige. Sie erklärte ihr, dass Beeke während ihres Aufenthaltes bei rechtlichen, finanziellen und psycho-sozialen Problemen Hilfe erwarten könne. Sie machte Beeke auch glaubhaft klar, dass sie hier vollkommen sicher sein würde und neuen Lebensmut schöpfen könne. Dann war Beeke alleine.

      Noch während sie auf dem Bett saß, klingelte ihr Handy. Es war Weert. Er flüsterte von Liebe, entschuldigte sich tausendmal, bat um Verzeihung, ein letztes Mal, es solle NIE wieder vorkommen. Er wolle sich auch beraten lassen. Er wolle sie am Abend unbedingt treffen.

      Zunächst war Beeke verzweifelt und unsicher, aber dann stieg in ihr eine ihr unbekannte Wut hoch und ließ sie ganz lieb und ruhig sagen: „OK, Weert, heute Abend gegen 23 Uhr am Tor. Ich schließe dir auf, aber es darf niemand wissen. Versprich mir, NIEMAND, sonst wirst du sofort von der Polizei abgeholt. Und komm zu Fuß, ein Auto würde nachts augenblicklich auffallen.“ Er versprach alles hocherfreut.

      Gegen 23 Uhr schlich Beeke ganz vorsichtig, und von der Dunkelheit eingehüllt, zum Tor. Sie sah ihn sofort. Leise winkte sie ihn zu sich. „Lass uns in den Garten gehen, da steht eine Bank, und dort sieht uns keiner.“ Weert nickte stumm und beide schlichen lautlos zu der Bank im Garten.

      Eigentlich bestand keine Gefahr, dass jemand sie sah, denn nur die hinteren Wohnungen zur Straße hin waren belegt, und das Personal hielt sich nachts nicht im Gebäude auf. Aber sicher war sicher. Weert setzte sich siegesgewiss auf die Bank und stammelte seine eingeübten Sätze vor sich hin. Beeke wusste genau, dass er nur die Anzeige abwimmeln wollte. Deshalb hatte sie auch die Riesen-Pfeffermühle aus der Küche vor einer Stunde hinter der Bank versteckt. Während sie hinter ihm stand und ihm liebevoll Abschied nehmend mit der linken Hand durch seine Haare fuhr, nahm sie mit ihrer rechten Hand die Pfeffermühle und schlug sie ihm voller Wucht und Hass auf seinen ungeschützten Schädel. Sie schlug und schlug und schlug, bis sie sich erbrach. „Ob Weert sich wohl genauso gefühlt hatte, wenn er sie schlug?“, fragte sie sich. Sie konnte kaum aufhören vor Wut und seelischen Verletzungen. Dann schaute sie auf ihren blutüberströmten Mann, dessen Gesicht nicht mehr als solches zu erkennen war. „Selbst Schuld“, murmelte sie leise.

      Dann wurde es aber Zeit für den Spaten. Der stand gleich neben dem kleinen Gerätehaus hinter der Bank. In Sichtweite der Bank konnte sie ein kleines Blumenbeet entdecken, wie gemacht für ein Grab. Da war die Erde auch sicher schon vorgelockert. Und richtig, es war relativ leicht, eine Grube auszuschaufeln. Fast ein Drittel hatte sie schon geschafft, da stieß sie plötzlich auf etwas Hartes. Es knackte ganz ekelhaft. Eine Taschenlampe hatte sie nicht dabei, aber ihr Handy. Damit leuchtete sie in das Loch. Fast hätte sie laut aufgeschrieben, denn sie hatte eine Hand abgehackt. Da lag schon einer. Sie war nicht die Einzige mit solch einer Idee gewesen. „Gut zu wissen“, dachte sie, „das beruhigt.“

      Voller Ekel nahm sie die Hand aus der Erde. Es war eine leicht verweste Männerhand mit Ehering. Widerwillig zog sie den Ehering vom Finger und las: „Eske 19.05.1979“.

      Behutsam steckte sie ihrem Weert den Ring an den Finger. Etwas zu groß, aber egal. Vielleicht würde man ihn dann gar nicht identifizieren können. Sie hoffte insgeheim, er würde für Jahre verschollen bleiben.

      Tja, aber dieses Grab war leider schon belegt. Also alle Erde wieder drauf, Hand nicht vergessen und Blümchen wieder schön festtreten. Schredder aus dem Sack im Gerätehaus drüber und fertig. Als wäre nie etwas gewesen. Aber wohin jetzt mit Weert? Dass er auch immer eine Extrawurst wollte.

      Im Dunkeln gestaltete es sich extrem schwer, eine geeignete Grabstelle für den ermordeten Ehemann zu finden. Sie wanderte den Garten ab. Der Platz zwischen der Hecke am Grundstücksende und den Büschen davor gefiel ihr. Fast drei Stunden brauchte sie, um das Grab zu schaufeln. Dann ging sie zu Weert und prüfte, ob er auch wirklich tot war. „Das wär’s noch, wenn er wie im Horrorfilm plötzlich hinter mir stünde und auf mich einprügelte“, feixte sie. Danach wühlte sie in Weerts Taschen, bis sie sein Handy fand. Es war schon fast halb vier. Was schreibt man da? Sie verfasste eine SMS an sich selbst.

       Liebste Beeke, verzeih mir. Ich werde mich ändern, ich verspreche es. Ich werde mich gleich morgen in Behandlung begeben. Wenn ich gesund bin, melde ich mich wieder.

       In Liebe.

       Dein trauriger Weert

      Genau das würde ihr helfen, glaubhaft sagen zu können, sie habe auf kein Lebenszeichen gewartet oder gehofft, und auch außer der SMS auch keines erhalten.

      Mit ganzer Kraft zog sie ihren Mann zur Hecke und buddelte ihn dann ein. Sein Handy wollte sie später irgendwo entsorgen. Es hätte wenig Sinn gemacht, wenn später einmal der Ring an Weerts Hand gefunden würde und eine andere Identität vortäuschen sollte, das Handy in seiner Tasche aber nachweislich ihrem Mann gehörte.

      Erste Lichtstrahlen machten sich bemerkbar, als sie fertig war. So konnte sie noch einmal alles abschreiten, kleine Spuren beseitigen, Schredder auf das Grab verteilen und die Pfeffermühle mitnehmen. Die war leider zu Bruch gegangen. Da würde sie gleich eine neue kaufen und in die Küche bringen. Hoffentlich aß morgens nicht irgendwer aus dem Frauenhaus schon Eier mit Pfeffer.

      *

      Fenna konnte in der Nacht nicht schlafen. Was Beeke jetzt wohl machte? Sie grübelte und grübelte, bis sie endlich aufstand. Ubbo öffnete die Augen. „Ist was? Mit Tobi?“

      „Nein, ich kann nicht schlafen. Ich glaube, ich gehe ein paar Schritte im Garten. Falls Tobi aufwacht, hörst du das ja. Aber nach dem Tag bei Oma schläft der sowieso durch.“

      Dann zog sie sich an, nahm ihre Taschenlampe und ging zum Frauenhaus. Es war kurz nach drei, als sie dort ankam. Alles dunkel. Beruhigt wollte sie gerade wieder gehen, als sie schlurfende Geräusche hörte. Sie kamen aus dem Garten des Frauenhauses. Fenna kniete sich nieder und horchte aufmerksam. Ihre Taschenlampe mochte sie nicht benutzen, aber sie wollte hören, was da war. Sie konnte sich nämlich gut vorstellen, dass Weert so lange gequatscht und gesäuselt hatte, bis er Beeke besuchen durfte.

      Eine ganze Weile wartete Fenna an der Hecke, dann hörte sie ein leises Schippen, so, als wenn jemand Erde auf etwas wirft. Fenna wartete geduldig weiter, obwohl ihr alle Gliedmaßen weh taten von der gebückten Haltung. Allmählich wurde es heller und Fenna sah durch eine lichte Stelle in der Hecke Beeke umherwandern. Sie beäugte eine kaputte schwarze Pfeffermühle von enormer Größe, holte etwas aus dem kleinen Häuschen, das Fenna schemenhaft erkannte und kam dann fast direkt zu ihr an die Hecke. Dort streute sie etwas auf den Boden und kicherte irre in sich hinein. „Ruhe sanft, du Monster“, zischte sie zwischen ihren Zähnen hervor. Dann ging sie durch den Garten, offensichtlich ins Haus.

      Fenna traute ihren Augen nicht, aber insgeheim bewunderte sie ihre Freundin, endlich mal gehandelt zu haben. Hatte sie selbst ihr nicht dazu geraten, endlich etwas zu tun?

      Wie auf Knopfdruck vergaß Fenna alles, was sie gesehen hatte und ging beschwingt nach Hause zu ihrem Ubbo.

      *

      Drei Jahre später hatte Beeke ihren Kummer fast vergessen. Die Polizei hatte die SMS bei Beeke gelesen, hatte Weert gesucht, aber nicht gefunden. Eine Weile hatte man geforscht und gesucht, aber leider erfolglos. Bald schon ging alles wieder seinen gewohnten Gang, bis ...., ja bis Fenna eines abends früher als erwartet nach Hause kam. Sie arbeitete inzwischen seit fast zwei Jahren wieder, weil Tobi in einer Kita war, und ihr tat die Arbeit gut. So sah sie ihren Mann auch tagsüber häufig in der Klinik. Alles war prima.

      An diesem Tag ging Fenna über den Garten ins Haus. Die Gartentür war im Sommer meistens offen. Fenna hatte starke Kopfschmerzen und wollte


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