Pferdesoldaten 05 - Todesritt. Michael Schenk

Pferdesoldaten 05 - Todesritt - Michael Schenk


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      „Jonnesy, deckt die Fenster ein!“, kam der Befehl von Holloran. „Paddy, arbeitet euch vor und macht die Scheißer fertig. Brad, du treibst mit deinen Leuten die Rinder und die Pferde zusammen, wir…“

      Holloran verstummte. Aus der Ferne war ein Trompetensignal zu hören.

      Der Anführer der konföderierten Freiwilligen reckte den Hals und lauschte. Von irgendwo kam eine Kugel durch den Dunst geflogen und er zog hastig den Kopf ein. „Feuer einstellen!“, forderte er lautstark. „He, Männer, habt ihr das auch gehört?“

      „Gehört? Was denn?“, fragte einer seiner Leute.

      Wie zur Antwort war erneut das Signal zu hören.

      „Verfluchter Dreck, ob das Yanks sind, Boss?“

      „Von uns ist sonst keiner in der Gegend und eine Posse benutzt kein Horn. Und außerdem sollst du mich Colonel nennen, wenn es recht ist.“

      „Äh, klar, Colonel. Was machen wir jetzt?“

      „Alles sammeln und aufsitzen!“, brüllte Holloran. „Wir ziehen uns zurück!“

      „Und die Herde?“

      „Hält uns nur auf. Jetzt mach schon, Soldat, oder willst du dich mit der ganzen verfluchten Yankee-Armee anlegen?“

      Die Schießerei war zum Erliegen gekommen. Auch Carl und Slim feuerten nicht mehr, wohl um sich nicht im letzten Moment doch noch eine Kugel einzufangen.

      Die Männer von Holloran eilten zu ihren Pferden, saßen auf und galoppierten davon. Drei der Reiter waren verletzt, doch die Toten ließen sie zurück.

      Jim Clark lauschte dem sich entfernenden Hufschlag und richtete sich zögernd auf. „He, Carl, seid ihr okay?“, rief er zum Bunkhouse hinüber.

      „Alles wohlauf, Boss.“ Ein kurzes Zögern. „Und bei euch?“

      „Bill hat es erwischt.“

      „Verdammt. Möge der Herr seiner Seele gnädig sein.“

      „Amen, Carl, Amen.“ Die Pulverschleier lösten sich jetzt langsam auf. Jim Carter trat aus der zerschossenen Tür seines Hauses auf die Veranda hinaus.

      Unten am Hügel waren erneut Reiter zu sehen. Eine dünne Schwarmlinie von einem Dutzend Reitern, denen eine lange Kolonne folgte. Die Männer trugen blaue Uniformen, vier rot-weiße Kompaniewimpel flatterten über den Abteilungen.

      „Diesmal ist es wirklich die Armee“, sagte Jim leise, als Mary und Joshua an seine Seite traten. „Yankees. Yankee-Kavallerie.“

      Ein First-Sergeant befehligte die Vorhut. Ein grauhaariger Mann, der den Ranchbewohnern einen forschenden Blick zuwarf, die Hand hob und seinen Männern ein Zeichen gab. Sechs von ihnen verharrten hinter ihm, die an den Karabinergurten befestigten Sharps-Karabiner auf dem rechten Oberschenkel aufgestellt. Die anderen sechs Kavalleristen ritten langsam zwischen den Gebäuden entlang. Ihre Aufmerksamkeit galt den reglosen Gestalten am Boden.

      „First-Sergeant Friedrich Schmitt, B-Kompanie der 5ten U.S.-Kavallerie”, stellte sich der Grauhaarige vor. Er hatte einen Dialekt, den die Carters nicht einordnen konnten. „Sieht so aus, als wären wir noch rechtzeitig gekommen. Wir hörten die Schießerei und der Major meinte, wir sollten Mal nach dem rechten sehen.“

      „Dann müssen wir uns wohl bei Ihrem Major bedanken“, antwortete Jim bedächtig. „Obwohl ich kein besonderer Freund der Yankees bin.“

      Der Unteroffizier versteifte sich ein wenig, dann nickte er jedoch lächelnd. „Wohl auch kein besonderer Freund des Südens, wie mir scheint. Das hier waren keine gewöhnlichen Banditen, sondern Bushwacker.“ Er grinste breit. „Obwohl es da wohl keinen großen Unterschied gibt.“

      „Liegenbleiben!“, kam der harsche Befehl eines Kavalleristen. Der Lauf seines Karabiners zeigte auf einen am Boden Liegenden, der sich plötzlich wieder regte. „Sarge, der hier lebt noch!“

      „Randall, Scott, nehmt den Kerl fest“, befahl Schmitt ohne Zögern.

      Hinter dem First-Sergeant erschien eine weitere Reitergruppe, darunter zwei Offiziere.

      „Major Matt Dunhill vom fünften Kavallerieregiment“, stellte sich der Ranghöhere vor. „Das neben mir ist Captain Whiting. Benötigen Sie Hilfe, Mister?“

      Der Major war in den zweireihigen langen Uniformrock eines Linienoffiziers gekleidet, wie er ab dem Rang eines Majors vorgeschrieben war, der Captain hingegen in den Einreiher eines Kompanieoffiziers. Beide trugen die roten Schärpen, die man als Feldbinden bezeichnete, und den steifen Hardee-Hut, der zur Paradeuniform gehörte.

      Jim Carter starrte auf das in Gold gestickte Emblem an der Front der Hüte. Es zeigte die gekreuzten Säbel der Kavallerie und darüber die in Silber gestickte Regimentnummer „2“. „Fünftes?“

      Matt Dunhill lächelte. „Bis vor Kurzem waren wir noch das zweite Regiment, aber man hat in Washington geruht, die berittenen Regimenter neu zu organisieren. Jetzt gibt es keine Dragoons, Mounted Rifles und Cavalry mehr, sondern nur noch die Cav. Wir bekommen sicher noch neue Abzeichen, die dann die richtige Regimentsnummer zeigen.“

      „Mann, eure Probleme möchte ich haben.“ Jim Carter spürte, wie Mary und Joshua an seine Seite traten. Jetzt kamen auch Carl und sein Sohn Slim aus dem Bunkhouse hervor. „Jedenfalls Dank für Ihre Hilfe, Major.“

      „Die wollten das Vieh und die Pferde von Massa Jim stehlen“, meldete sich Joshua zu Wort.

      „Offensichtlich“, meinte Dunhill trocken. „Sie sind Sklave?“

      „Seit meiner Geburt, Massa Major“, versicherte der Farbige.

      „Er bekommt gerechten Lohn und Josh gehört fast zur Familie“, kam es von Mary Carter. „Wir behandeln ihn gut.“

      Dunhill sah, wie Joshua zu den Worten nickte. „Es steht mir nicht zu, das zu beurteilen, Ma´am. Es gibt einige Staaten der Union, in denen man Sklaven hält.“ Er wies um sich. „Meine Abteilung ist auf dem Marsch. Wir können hier also nicht bleiben. Ich empfehle Ihnen, die wichtigsten Sachen zu packen. Unser Weg führt ohnehin durch die nächste Stadt. Bis dahin können wir Sie eskortieren.“

      „Wir sollen die Ranch aufgeben?“ Jim Carter starrte den Offizier wütend an. „Niemals.“

      „Sei vernünftig, Jim.“ Mary legte die Hand an den Arm ihres Mannes. „Dieser Holloran gehörte zu den Bushwackers. Du weißt doch, was das bedeutet.“

      Dunhill nickte. „Die werden zurückkehren, sobald wir weitergeritten sind. Die haben sich nicht weit entfernt, sondern halten sich jetzt versteckt und beobachten die Ranch. Sobald meine Abteilung verschwunden ist, holen die sich, was sie wollen.“

      „Gottverdammt“, knurrte Jim verdrießlich.

      „Jim!“, kam es prompt von seiner Frau.

      „Boss, der Yankee hat recht.“ Carl spuckte auf den Boden, neben einen der toten „Freiwilligen“. „Die kommen zurück. Die werden Rache für ihre Schlappe wollen und natürlich unsere Herden.“

      Gleichgültig, ob es sich um Sympathisanten des Südens oder des Nordens handelte, die Guerillareiter waren gefährlich. Sie verbreiteten Terror und das funktionierte nur, wenn man sie fürchtete. Oft wurde diese Furcht von der schieren Anzahl der Reiter verursacht, meist jedoch durch ihre Gnadenlosigkeit. Wie immer man zu ihnen stehen mochte, die Meisten dieser Partisanen waren keineswegs feige und wichen einem Kampf nicht aus.

      „Mister Carter, Ma´am,…“ Sergeant Schmitt räusperte sich. „Ihr Ranchhelfer hat vollkommen recht. Wenn Sie hierbleiben, werden Sie umgebracht. Spielt keine Rolle, ob Sie für den Süden oder für den Norden sind. Sie haben Vieh und Pferde, und das ist in Kriegszeiten doppelt viel wert. Sie sollten auf den Major hören.“

      „Gottverdammt“, wiederholte Jim Carter und ignorierte den stummen Protest seiner Frau.

      Der Rancher sah sich um.


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