Der Feuerfluch von Eggersdorf. Mario Worm

Der Feuerfluch von Eggersdorf - Mario Worm


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mal schnell! Wir glauben, da ist noch jemand im Haus“, blökt Karsten in die Muschel. Der Gerufene meldet sich nicht. „Ralf, bitte kommen!“, macht Schubi einen zweiten Versuch. Doch auch dieses Mal bekommt er keine Antwort. Später, bei der Einsatzauswertung wird sich herausstellen, dass aus unerklärlichen Gründen die Funkfrequenz verstellt war. Zu diesem Zeitpunkt weiß das aber niemand. „Los komm, wir gehen rein!“, kommandiert Pascal und ist sich bewusst, dass er mit dieser Aufforderung gegen alle Regeln verstößt. Schubi zögert. Auch ihm ist die Hauptregel bekannt, zumal er sie als Ausbilder der Jugendfeuerwehr dem Nachwuchs regelmäßig vorpredigt: „Kein Risiko eingehen, niemals sich selbst in Gefahr bringen. Erst dann gilt es anderen zu helfen!“ Passi wägt ab: „Der Rauch ist weiß und noch nicht schwarz. Kann klappen. Los, Schubi! Schnapp dir die Wärmebildkamera, wir gehen rein!“ Gebückt tasten sie sich ins Innere. Trotz Schutzanzug ist die Hitze fast unerträglich. Die fast zwanzig Kilo schweren Metallflaschen mit Atemluft sorgen für zusätzlichen Kraftaufwand. Eine dichte Wand aus Rauch erschwert die Sicht. Dann zeigt die Kamera ein deutliches Bild. „Da drüben, Passi!“ Eine Sekunde später können sie es mit eigenen Augen erkennen. Sie stehen vor einem Stuhl, auf dem ein zusammengekauerter Mann mit Handschellen an den Lehnen gefesselt ist. Während Schubert damit beschäftigt ist, die Fesselung zu lösen, versucht Herrmann das Opfer leicht schüttelnd anzusprechen: „Hallo, können Sie mich hören? Wir sind von der Feuerwehr. Wir holen Sie hier raus. Hallo, hören Sie mich?“ Er bekommt keine Antwort. Stattdessen schüttelt Schubi nur mit dem Kopf: „Kriege ich nicht auf!“ Pascal sieht sich um: „Los, wir müssen hier raus! Fass an!“ Er ergreift die eine Stuhllehne. Karsten hat verstanden und tut es ihm gleich. Zusammen wuchten sie den Stuhl, mitsamt dem Verletzten, dem Ausgang entgegen. „Seine achtzig Kilo hat er schon!“, stellt Passi schnaufend fest und wirft noch einen prüfenden Blick hinter sich. Die Augen werden starr: „Scheiße, raus hier! Der Qualm wird schwarz. Scheiße, ein Flashover! Raus!“, brüllt er. Mit Schwung schleudern sie ihre Last ins Freie und springen in einer Art Hechtsprung hinterher. Keine Sekunde zu früh, denn in diesem Moment setzt sich eine Feuerwalze in Bewegung. Sofort werfen die herbei geeilten Kameraden Branddecken über die beiden. Leicht benommen richtet Pascal Herrmann seinen Blick nach oben. Das erste, was er zu sehen bekommt, ist das wütende Gesicht seines Vaters. Er ist besorgt um seinen Sohn. Erst dann wird ihm klar, dass dieser sich falsch verhalten hat. Es bricht aus Hans Joachim heraus. Wild mit den Armen gestikulierend brüllt er, den am Boden Liegenden an: „Mensch, bist du blöde?“ Aus weiter Entfernung hört er die Stimme eines Kameraden, der sich um den Geretteten kümmert: „Den Kamikazeeinsatz hättet ihr euch sparen können. Der ist hin!“ Umsonst! Auch das noch! Wie auf Kommando kommt der Wehrführer heran: „Wie geht es dir?“, fragt er kopfschüttelnd und sein Minenspiel verrät nichts Gutes. Als könnte Passi Gedankengänge erraten, hebt er den Daumen nach oben: „Alles okay.“ „Nichts ist okay!“, bekommt er gleich die nächste Ansage: „Ihr glaubt doch nicht im Ernst, dass ich das kommentarlos hinnehme. Wir sprechen uns noch.“

      Wütend wendet sich Ralf Gastegger wieder dem Brandgeschehen zu. Ja, eine Aussprache wird das Minimum sein. Aber nicht jetzt, nicht hier und nicht vor den anderen Kameraden. Mildernd gilt nur, dass die beiden ein Menschenleben retten wollten. Und dennoch, sie haben sich in akute Gefahr begeben und damit gegen die eiserne Grundregel verstoßen. Selbstschutz steht an erster Stelle! Und damit Basta! Er kann und darf es nicht durchgehen lassen! Trotzdem, ganz im Inneren seiner selbst, kann er das Verhalten der Zwei verstehen. Durch die Fürsprache eines Kumpels erwachte seinerzeit das Interesse an der Feuerwehr. Gute vierzig Jahre war er nun schon dabei und irgendwann hatte er damit aufgehört, die Einsätze zu zählen. Dennoch blieben besonders zwei Begebenheiten im Gedächtnis, hätten ihn beinahe zum Hinschmeißen bewogen. Da war das kleine Kind, das in einen Gartenteich fiel. Der Pieper war ihm noch im Ohr, der den nur ein paar Straßen weiter befindlichen Unglücksort anzeigte. Gastegger und ein Arbeitskollege hatten gerade den Grill angeworfen, als der Pfeifton erschallte. Sofort fuhren die beiden zur Feuerwache. Noch heute fragt er sich, ob dies ein fataler Fehler war. Nur ein paar Straßen von seinem Grundstück entfernt! Wenn sie nun - entgegen der amtlichen Vorschrift - gleich hingefahren wären…? Als sie schließlich am Unfallort ankamen, setzten sie sofort zu Reanimation des Kindes an. Zu spät. Der kurz darauf eintreffende Notarzt konnte nur noch den Tod feststellen. Bis heute stellt sich Ralf die Frage, was wäre wenn gewesen? Hätten zwei Minuten eher den Unterschied gemacht? Würde der kleine Junge jetzt noch leben? Später nach der Wende avancierte er zum Wehrführer. Und bekam auch gleich ein Hilfeersuchen der Strausberger Feuerwehrkollegen. Wohnungsbrand, zweiter Stock in der Vorstadt. Auf der Treppe lagen zwei Kinder im Schlafanzug, vielleicht drei und fünf Jahre alt. Ein paar Meter weiter die Mutter. Tot. Sie hatten es nicht mehr rechtzeitig geschafft, ins Freie zu gelangen, und waren am Rauch erstickt. Diese Bilder. Insbesondere, wenn Kinder mit im Spiel sind, vergisst man nie. Und immer bleiben Selbstzweifel, ob man es nicht hätte verhindern können. Zeit zum Verarbeiten blieb eh nie, da man seine ganze Konzentration schon wieder auf den nächsten Einsatz ausrichten musste. Ja, Gastegger konnte den Regelverstoß der beiden verstehen, billigen konnte er ihn dennoch nicht. Von der falsch eingestellten Frequenz in Schuberts Funkgerät wusste er zu diesem Zeitpunkt noch nichts.

      Im Morgengrauen war der Einsatz beendet. Den Rest besorgten jetzt die Leute von der Kripo, der Branduntersuchungskommission, sowie ein Kollege der Staatsanwaltschaft. Zur Sicherheit, um eventuell wieder aufflammende Brandherde zu bekämpfen, blieben auch noch drei Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr vor Ort. Die anderen fahren zur Feuerwache, in die Karl-Liebknecht-Straße 35a, um die Gerätschaften für einen neuen Einsatz vorzubereiten. Danach machen sich die meisten auf den Weg nach Hause. Schnell duschen, um dann ihrer geregelten Erwerbstätigkeit nachzugehen.

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