BEYOND – Eine andere Wirklichkeit. Tabea Thomson

BEYOND – Eine andere Wirklichkeit - Tabea Thomson


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Schacht führte ins Dunkle. Matise sah hinein. »Ist jemand dabei, der an einer Phobie leidet.«

      »Nein Sire«, erklang es aus allen Kehlen.

      »Dann folgt mir.«

      Über eine Schleuse gelangte Matise in die mannshohe, kugelige und enge Rettungskapsel. Bewegungssensoren schalteten grelles Licht an. Mit vorgehaltener Hand lief Matise zu einem an der Wand angebrachten Piktogramm, es zeigte eine Fluchtröhre. Der dazu gehörige handgroße Notbutton befand sich unmittelbar daneben, er schlug kraftvoll drauf. Die knapp unter der Kapsel Decke angebrachte Luke sprang ächzend auf. Eine Strickleiter rollte heraus. An einer Sprosse, auf Kopfhöhe, war eine Metallplatte mit Wegplan angebracht.

      »In der Röhre haltet euch links«, Matise Augenmerk lag auf den Wegplan, »An der ersten Gablung robbt ihr geradeaus weiter, bis ihr auf den Röhrenboden ein – X – seht, das ist eine Notluke zum darunter gelegenen Observatorium. Ein Fußtritt genügt zum Luke öffnen. Viel Glück.«

      Er trat beiseite und in Windeseile kletterten Burana und die Kadetten über die Steigleiter in die Röhre. Sobald der letzte von denen die ersten Sprossen emporstieg, kroch Matise zur Brücke.

      »Du traust dich wohl nicht durch die dunkle Röhre?«, spöttelte Lennard mit spitzer Zunge.

      »Drei stahlharte Kerle sind besser als zwei!«, zu der Kampfansage vollführten seine Fäuste ungeduldige Luftschläge.

      »Du!?« Lennard war sich uneins ob Matise mit dem, was gerade in ihm erwacht, umgehen kann. »Du willst gegen dieses unberechenbare Cybord Biest antreten!?«

      Matise bekam es prompt in den falschen Hals. »Kanalratten, wie man uns Untergrundkämpfer nennt, werden mit allem fertig …«

      Während die beiden munter weiter mit Worten fochten, lief Sorel zurück auf die Hauptbrücke. Sein Augenmerk galt dem Wandernden Punkt auf dem Hauptdisplay. Zu seiner Beruhigung bewegt sich dieser nunmehr sehr langsam in ihre Richtung.

      »Wir sollten Barrikaden bauen.« Seine Worte verhallten ungehört. An seinem sauren Minenspiel war zuerkennen, er ist dem Wortgemetzel überdrüssig. »Es reicht!«, brüllte Sorel aus Leibeskräften dazwischen. »Wenn ihr Worthelden überleben wollt, müsst ihr Barrikaden bauen. Und wenn nicht, verfasst in Stille euer Testament.«

      Augenblicklich schwiegen die Rivalen.

      »Seht!« Sorels Hand zeigte zum Hauptdisplay.

      Ohne ein Wort der Erklärung half Lennard mit beim Sessel Stapeln. Matise eilte in den Bereitschaftsraum, dort hoffte er, den vergessenen Werkzeugkoffer der Techniker vorzufinden. Wie erwartet stand der neben dem Waschbeckenunterschrank. Er schnappte sich die drei obendrauf liegenden Akkuschrauber. Unbewusst hielt er die Geräte wie kleinkalibrige Handphaser in den Händen.

      »Nur gut, dass es Lennard auf der Oberbrücke nicht sehen konnte, sonst würde auf der Stelle ein neues Geplänkel vom Zaun brechen«, dachte Sorel, als Matise zurückkam.

      »Super! Damit geht es schneller.«

      »Lennard!, willst du auch einen haben?«, rief Matise schon von weiten.

      »Ja!, wirf ihn bitte hoch. Hier gibt es noch eine Menge verwertbares Zeug.«

      ~

      Währenddessen Matise und Sorel die letzte Barrikade auf Festigkeit überprüften, sah Lennard aufs Hauptdisplay.

      »Da stimmt was nicht!«

      Sie unterbrachen den Kontrollgang und stierten gebannt auf den jetzt verharrenden Punkt. Der erinnerte sie an ein lauerndes Raubtier, dieser Vergleich ließ ein ungutes Gefühl aufkeimen.

      Sie, die Shumerer Menschen, die es gewohnt sind mit ihren Instinkten umzugehen, ahnten arges. Matise hingegen überkam bei dem lauernden Anblick ein Galgenhumor.

      »Sie gönnt uns noch etwas Ruhe vor dem Sturm.«

      »Hah! – Von wegen! Sie ruft die Brut!«, knurrte Sorel, er blickte dabei besorgt zum hinteren Teil der Hauptbrücke, »... Wir sollten uns sofort verschanzen.«

      Sie bezogen hinter ihren Barrikaden Stellung.

      »Also dann!«, forderte Lennard, »Rufe den Klon Stella, damit wir sie zur Strecke bringen.«

      Bevor Sorel dem nachkam, hielt er kurz inne, dann verfolgte er gedanklich ihre mentale Spur. Als sie ihm wahrnahm, stöhnte er gequält auf. »In ihr sprengte eine Kapsel, sie enthielt eine Substanz, die sie zur Kampfmaschine macht ...«, an der Stelle nahm der Stella Klon mentalen Kontakt zu ihm auf, schlagartig war seine eben noch distanzierte Mimik von abgrundtiefem Hass erfüllt.

      Ihre mentale Ausstrahlung war jetzt so stark, dass selbst Matise und Lennard es spürten. Weil Matise aber mit solcherlei mentalen Empfindungen nicht umzugehen vermochte, schwanden seine Sinne. Lennard hechtete zu ihm. Als er den Mitstreiter mental wecken wollte, streifte ihn der Schatten einer Begebenheit, die über zwei Jahre zurücklag: ›… Matise hatte damals auch ein ahnendes Gefühl. Es kam ihm so vor, als empfängt er einen Hilferuf seiner Freundin. Umgehend Kontaktierte er sie. … Außer dem Rufzeichen war da nichts!

       Erst nach Stunden erfolgte ein Interface Rückruf eines vulkanischen Capter: ›... Ihre Anwesenheit ist hier dringend erforderlich.‹

       Spät in der Nacht stand Matise auf seiner Heimat Kanalinsel Jersey – in St. John an einem Schalter vom U P C Polizeirevier. Ein kaltschnäuziger und sichtbar genervter Capter teilte mit: ›Diebe haben aus ihrer Wohnung die gesamte Einrichtung entwendet. Lediglich einen Butler Aiws, welcher auf den Namen Flex hört, ließen sie zurück. Der Aiws habe sie darüber informiert, er sei in einer desolaten Verfassung.‹

       Erst nach mehrmaligen bitten erfuhr Matise den etwaigen Tathergang.

      … die Einbrecher, darunter seine Freundin, gingen äußerst dilettantisch vor. In ihrer Habgier übersahen sie eine Winzigkeit. – Flex! –

       Der alte Knabe ging wie allabendlich in seine turnusmäßige Selbstdiagnosephase. Und kaum das er regungslos in dem Wartungsalkoven stand, sahnte die Diebesbande alles ab. Jedoch vergaßen sie, dass Flex zur Kontrolle stets die I P S (fliegenden Augen) im und um das Appeldoms Anwesen aktiviert.

       Die Freundin war zunächst nicht auffindbar.

       Durch einen glücklichen Umstand hat die Fahndung dann doch gefruchtet. In der darauffolgenden Nacht wurden die Capter zu einem Zwischenfall gerufen. Ein anonymer Anrufer hatte gemeldet, dass am Straßenrand etwas brennt.

       Es waren Leichenteile. Äußerlich gesehen gehörten die zu seiner Freundin, jedoch das Innere war kybernetisch. Die Todesursache begründete sich in einem Schlaganfall. –

       Von der echten Freundin, sowie all den persönlichen Kram fehlt noch immer jede Spur.

      Dumpf stöhnend erwachte Matise.

      Lennard weilte noch in den fremden Erinnerungssplittern. Ihm kam das mit dem Schlaganfall und der Todesursache der künstlichen Intelligenz seltsam bekannt vor. »Da war was?! – « Urplötzlich tauchte in diesem Zusammenhang in seinem Geist ein Name auf. »Mark mein Adoptivbruder«, flüsterte es über die Lippen.

      Gerade als er das sagte, rief Sorel in einer erregten Stimme: »Sie kommt!«

      Gespannt blickte das Trio zum Hauptdisplay. Hingegen ihren Erwartungen bewegte sich dort nichts, jedoch in der hintersten Brückenecke rumorte es.

      »Sie benutzt die Rettungskapsel!«, schoss es flüsternd aus Matise.

      »Verdammt!, da sind keine I P S.«

      »Aber Cybords!«, zischte Sorel. Sein Blick war auf die soeben aus der Luke hechtende Stella Kama gerichtet. Für drei Atemzüge blieb sie regungslos liegen. Alles an ihr, abgesehen von dem nicht zur Bord Standard gehörenden metallfarbenen und hautengen Overall, sah an der gertenschlanken und dunkelhäutigen Schönheit inklusive des schulterlangen


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