Fakten Wissen Denkblasen?. D. G. Berlin

Fakten Wissen Denkblasen? - D. G. Berlin


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kann, denn die Modelle des Lichtes besagen, dass es aus Strahlung verschiedener Wellenlängen besteht.

      Natürlich, die Modelle sind in der Regel das Ergebnis akribischer Experimente und Beobachtungen. Das ist vielfach geprüft und gilt als hinreichend gesichert. Aber es handelt sich trotzdem um Modelle. Schon die Theorie entscheide, bemerkte Albert Einstein, was beobachtet werden kann.

      Der Naturwissenschaftler sammelt Messergebnisse und Beobachtungstatsachen. Diese stehen jedoch im Einzelnen nur und ausschließlich für sich; es sind Rohdaten, die erst dann etwas aussagen, wenn sie „bearbeitet“ werden.

      Der Wissenschaftler muss die Ergebnisse der Beobachtungen immer interpretieren, sie in Denkmodelle einordnen, den theoretischen Vorstellungen zuordnen, um ihre Herkunft erklären, die Zusammenhänge aufzeigen und ihren Charakter definieren zu können. Strahlung, Stoffe, Felder, Energie, Masse, Ladung – das sind Vorstellungen. Es sind Abstraktionen und Interpretationen. Eigentlich sind es sogar nur erfundene Begriffe, deren Beziehung zur Natur eine reine Konstruktion ist. Selbst das Atom ist mehr ein mathematisches Modell, denn eine reale Erscheinung.

      Ohne theoretischen Hintergrund, ohne Entwicklung von Vorstellungen und ohne Phantasie kann der Wissenschaftler nur hilflos auf seine Messdaten starren und sich wundern, was es so alles Wunderliches gibt in der objektiven Welt.

      Wenn die Naturwissenschaft uns die Realität beschreibt, so ist das ebenfalls nur eine Realität, die vom jeweiligen Modell abhängt, also eine modellabhängige Realität. Das heißt, auch die Naturwissenschaft ist eine Form der subjektiven Betrachtung der Außenwelt. Und auch der Naturwissenschaftler weiß nicht wirklich, wie die Außenwelt, die er da beobachtet, analysiert und interpretiert, objektiv beschaffen ist und funktioniert.

      In seinen Interpretationen ist er zudem weitestgehend an Übliches, an die konventionellen Modelle und die herrschenden Lehrmeinungen gebunden; durch Uni-Hierarchien und Autoritätenherrschaft, Anstellungsabhängigkeiten und Forschungsgeldzuteilungen in Denkvorgaben und Ideologien gezwungen. Auch Wissenschaftler sind keine unabhängigen Beobachter einer objektiven Realität, obwohl sie das von sich unablässig behaupten, sondern mehr oder weniger befangene Vertreter einer modellabhängigen Realitätsvorstellung.

      Die Beobachtungsfelder, die Wahrnehmungsmethoden und die Art und Weise der Interpretation sind in der Naturwissenschaft andere als bei dem, was das Gehirn dem gesunden Menschenverstand liefert. Ja, die Wissenschaft arbeitet mit konkreten Zahlen und Messwerten, in Kategorien höchster Abstraktion, mit stimmigen mathematischen Algorithmen und logischen Folgen, abseits von Gefühlen. Aber gerade das hat auch Konsequenzen.

      Was die Wissenschaftler da mit ihren Theorien und Modellen, mit den komplizierten mathematischen Relationen und unverständlichen Formeln, den fundamentalen Gesetzen und den noch fundamentaleren Naturkonstanten beschreiben, scheint eine Welt zu sein, die mit der Kälte der formalen Logik, der Brutalität unerschütterlicher Gesetze, der Gewalt der mathematischen Abstraktion und der Kaltschnäuzigkeit der Reduzierung des unendlich Verschachtelten auf den einfachsten Zusammenhang in ein geistiges Korsett gezwängt wurde, dem man mehr den Charakter einer Denkblase denn Beschreibung einer lebendigen Realität zubilligen muss.

      Wir leben aber nicht in einem Cosmic Comic und Sprech- oder Denkblasen erklären uns das Universum nicht. Wir haben es mit einer vielschichtigen, unendlich komplexen, sich ständig verändernden Welt zu tun. Diese unsere einheitliche, vertraute und doch irgendwie immer wieder neu unbekannte Welt wollen wir geistig nachvollziehen können.

      Die Naturwissenschaftler haben keinen Grund, sich über den gesunden Menschenverstand als einen nur Sogenannten zu mokieren. Wo wir die Welt mit Naivität betrachten und die wirklichen Zusammenhänge nicht erkennen, dürfen und müssen sie uns aufklären. Das dulden wir nicht nur, wir verlangen es auch. Aber wir haben andererseits auch das Recht und die Pflicht, den Naturwissenschaftlern „auf die Finger“ zu schauen, ihre Theorien kritisch zu hinterfragen, nicht alles zu glauben und ihre allzu vollmundigen Verkündungen auch mal zurückzuweisen.

      Kein Geringerer als Einstein hatte es ihnen schon „ins Stammbuch geschrieben“, als er konstatierte, da wir nur indirekt Kunde von den Dingen der Außenwelt erhalten, können sich die Physiker der Realität nur auf spekulativem Wege nähern und müssten stets bereit sein, ihre Auffassungen auch zu modifizieren. Die Auffassungen vom physikalisch Realen können niemals endgültig sein, betonte Einstein. (Einstein; Mein Weltbild).

      Das wird heute von Vielen offensichtlich ziemlich anders gesehen. Wissenschaftler und Medienfuzzis sind eifrig dabei, die moderne Naturwissenschaft überschäumend optimistisch und euphorisch für eigentlich so gut wie am Ziel angekommen darzustellen. Nicht wenige Wissenschaftler sind der festen Überzeugung, die Naturwissenschaft sei nahe ihrer Vollendung, da würde nun nicht mehr viel Neues hinzu kommen, jedenfalls nichts Wesentliches mehr. Sie meinen, man könne nun bald die Naturwissenschaft als ein historisches Kapitel in der Geschichte der Menschheit wegen Vollendung schließen und müsse sich nur noch den Verfeinerungen und den Präzisierungen, vor allem aber den praktischen Anwendungen widmen.

      Es sind jene Wissenschaftler, die die Naturwissenschaft in dem Sinne für abgeschlossen halten, dass ihre Grunderkenntnisse und Hauptdenkrichtungen ausgearbeitet und absolut richtig sind. Sie sind der Überzeugung, dass das Bild, das uns die heutige Naturwissenschaft vom Universum, der Materie, vom Leben und auch von der Evolution der Lebewesen und des Menschen zeichnet, im Prinzip richtig ist, wir also im Grundsätzlichen sowieso, aber auch in vielen Details wissen, wie die Natur beschaffen ist und wie sie funktioniert.

      Dieses unser Wissen, das propagieren die Vertreter dieser Richtung mehr oder weniger offen, weise da und dort noch kleine Lücken auf, einige Fragen sind noch unvollständig, manche vielleicht auch noch gar nicht beantwortet. Aber das betrifft nicht die Hauptstränge, nicht die Grundprinzipien, sondern einzelne Fragen, Teilgebiete, kleine Lücken im Ensemble der gesicherten Erkenntnisse. Richard Feynman, der große amerikanische Physiker, war beispielsweise überzeugt, in der bevorzugten Zeit der Entdeckung der fundamentalen Naturgesetze zu leben, einer Zeit, die nicht wiederkehren wird.

      Ganz offensichtlich sind viele Naturwissenschaftler, vor allem Physiker, der festen Ansicht, ihre Theorien und Modelle würden uns die Welt schon hinreichend umfänglich und nachvollziehbar, vor allem glaubwürdig erklären. Jetzt käme es darauf an, die da und dort noch vorhandenen kleinen Lücken zu schließen, leidige Missverständnisse zu klären und die vereinzelten Ungereimtheiten aus der Welt zu schaffen.

      Das wird noch einige Arbeit kosten, es wird schon noch einiges an Zeit darüber vergehen, viel Geld wird auch noch benötigt werden und dieser oder jener Forscher wird noch diese oder jene Idee einbringen müssen, um das noch Ausstehende zu leisten. Aber eigentlich könne man sich schon in Erwartung der Preise und Ehrungen genüsslich zurücklehnen, denn die offenen Fragen würden auch noch gelöst werden, das sei kein großes Problem, da die Grundprinzipien ja erkannt sind und daher das, was jetzt zu leisten ist, sozusagen Fingerübungen seien, verbunden mit notwendiger Ausdauer und ein wenig Geduld.

      Die Naturwissenschaft der Neuzeit habe uns, so die Überzeugung, im Wesentlichen und endlich verbindlich erklärt, was die Natur ist, woher sie kommt, wie sie beschaffen ist.

      Gegenwart hat wohl immer Züge von Arroganz, denn das hatten wir alles schon einige male. Max Planck wurde, als er sich 1875 zum Studium einschrieb, von einem Professor der Universität zu München geraten, um die Naturwissenschaft doch lieber einen Bogen zu machen, denn da gäbe es nichts mehr herauszufinden. Albert Michelson vermutete 1894, künftige Entdeckungen seien noch in der 6. Stelle nach dem Komma zu erwarten. Womit er sagen wollte, im Prinzip sei nun alles klar, es könne höchstens noch um Verfeinerungen und Präzisierungen gehen.

      Und was wurde dann noch alles entdeckt. Die Röntgenstrahlen 1895, die Radioaktivität 1896, das Elektron 1897, das Plancksche Wirkungsquantum 1900 und schließlich noch die Relativitätstheorien und die Quantenphysik, die Expansion und der Urknall, das Quarksmodell und die Strings (na ja, die noch nicht wirklich), die Gene und die Doppelhelix und vieles mehr.

      Obwohl das hinreichend bekannt ist, wiederholt es sich schon wieder. Tatsächlich gab es schon lange Konferenzen, in denen Wissenschaftler sehr ernst darüber diskutierten, wie denn die bevorstehende Vollendung der Naturwissenschaft


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