Die beiden edlen Vettern. William Shakespeare

Die beiden edlen Vettern - William Shakespeare


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      Löscht jedes Unheil, das im Buch des Schicksals

      Für Euch verzeichnet steht, auf immer aus!

      THESEUS.

      Steht auf!

      HIPPOLYTA.

      Steht auf!

      EMILIA.

      O, kniet nicht vor mir!

      Für jede meiner Schwestern, die sich grämt,

      Hab' ich ein fühlend Herz.

      THESEUS.

      Was bittet ihr?

      Für alle rede eine von euch drei'n.

      ERSTE KÖNIGIN.

      Wir sind drei Königinnen, deren Gatten

      Als Opfer fielen König Kreon's Wuth.

      Dort im Theban'schen Felde liegen sie

      Den Raben, Geiern, Krähen hingeworfen.

      Er will nicht dulden, daß wir ihre Leichen

      Zu Asche brennen und in Urnen bergen,

      Damit der Greuel menschlicher Verwesung

      Dem Strahlenauge Phöbus' sei entrückt.

      Erbarmt Euch unsrer! Ihr, der Erde Herrscher,

      Zieht Euer siegreich Schwert, des Rechtes Hort,

      Und gebt der todten Könige Gebeine

      Uns Jammernden, damit wir sie bestatten!

      Und dann erwägt in Eurem edlen Sinn,

      Daß wir, gekrönte Königinnen, ach!

      Kein Obdach haben, außer da, wo Löwen

      Und Bären hausen, wenn nicht schlimmer noch.

      THESEUS.

      Ich bitte, stehet auf, kniet länger nicht!

      So sehr hat Eure Rede mich ergriffen,

      Daß ich darob vergaß, Euch aufzuheben.

      Das Schicksal eurer edlen Gatten kenn' ich,

      Und Mitleid feuert mich zur Rache an.

      Ihr war't mit König Kapaneus vermählt!

      An Eurem Hochzeitstag, 's war um die Zeit

      Des Jahres, wo auch ich jetzt Hochzeit halte,

      Traf ich mit Eurem Bräutigam zusammen

      An Mars' Altar. Ihr waret damals schön,

      Eu'r Lockenhaar floß dicht und voll und golden

      Von Eurem Haupte, schöner als der Schleier

      Der Göttin Juno. Euer Aehrenkranz,

      Er strahlte frisch und war noch unversehrt.

      Fortuna lächelte Euch freundlich zu,

      Und unser Vetter Hercules, besiegt

      Von Euern Blicken, streckte seine Keule,

      Warf sich auf des Numäischen Löwen Fell

      Und schwur, ihm sei der Sehnen Kraft geschmolzen.

      O, wie doch Zeit und Leid bis zur Vernichtung

      An allem zehren!

      ERSTE KÖNIGIN.

      Unsre Hoffnung ist,

      Es werd' ein Gott in Eure Heldenseele

      Ausgießen seine Kraft und Euch bestellen

      Zu unsrem Helfer!

      THESEUS.

      Nicht vor mir, Verwaiste,

      Kniet vor Bellona, der behelmten, hin

      Und fleht für Euren Krieger. Weh' ergreift mich!

      (Er wendet sich ab.)

      ZWEITE KÖNIGIN.

      Hippolyta, du tapfrer Amazonen

      Gefürchtetste, die den fünfzahn'gen Eber

      Erschlug und dann mit ihrem starken Arm,

      So stark als schön, das Volk der Männer fast

      Dem weiblichen Geschlecht hätt'st unterworfen,

      Wenn er, der jetzt dein Herr, der Schöpfung Willen

      Nicht aufrecht hätt' erhalten, und die Flut,

      Die über ihre Ufer schwellte, bändigend

      Durch Liebe dich und Kraft bezwungen hätte:

      Du Kriegerin so barsch wie mitleidsvoll,

      Die Macht hat über ihn, wie er zuerst

      Sie über dich geübt, der seine Kraft

      Wie seine Liebe dir zu Diensten stellte

      Und seiner Rede deinen Inhalt leiht;

      Du Spiegel aller Frau'n, o bitte ihn,

      Daß er uns, von der Glut des Kriegs Verzehrten

      Im Schatten seines Schwerts, das über uns

      Er breitet, Kühlung gebe. Bitte ihn

      Mit sanfter Frauenstimme, so wie wir,

      Und spare auch dabei der Thränen nicht.

      Fall' vor ihm auf das Knie, doch länger nicht,

      Als sterbend der geköpften Taube Flügel

      Den Boden schlägt, – und rede solche Worte,

      Wie sie dir kämen, wenn er selbst verwesend

      Auf blutgetränktem Felde läg', der Sonne

      Die Zähne weisend und den Mond angrinsend!

      HIPPOLYTA.

      Kein Wort mehr. Glaubt mir: freud'ger schreit' ich nicht

      Der heil'gen Handlung dort im Tempel zu,

      Als ich bereit für Euch zu handeln bin.

      Mein Herr ist tief von Eurem Leid ergriffen,

      Er überlege erst, dann rede ich.

      DRITTE KÖNIGIN (vor Emilia kniend).

      Zu Eis gefroren war mein Flehn, das nun

      Der Schmerzen heiße Glut zu Tropfen schmolz.

      So weicht der Gram, der keinen Ausdruck findet,

      Dem stärkern Drang.

      EMILIA.

      Ich bitte Euch, steht auf!

      In jedem Eurer Züge les' ich Gram.

      DRITTE KÖNIGIN.

      Nein, wehe mir! Dort könnt' Ihr ihn nicht lesen,

      Wie Kiesel in des klaren Stromes Flut

      Seht Ihr ihn nur verschoben. Edle Frau,

      Wer ganz der Erde Schätze will erkunden,

      Muß dringen bis zum tiefsten Kern hinab,

      Und wer mein kleinstes Fischchen fangen will,

      Der senke tief ins Herz mir seine Angel.

      Die höchste Noth, die den Verstand sonst schärft,

      Macht mich zur Närrin.

      EMILIA.

      Bitte, sagt nichts mehr!

      Wer in dem Regen steht und ihn nicht fühlt,

      Der


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