Die vergessene Welt. Arthur Conan Doyle

Die vergessene Welt - Arthur Conan Doyle


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mir eine bessere Vorstellung von dem Felsplateau machen. Es kam mir sehr ausgedehnt vor. Weder nach Osten noch nach Westen vermochte ich das Ende der grün bewachsenen Höhe zu erblicken. Unten breitete sich ein sumpfiges, dschungelartiges Gebiet aus voll von Schlangen, Insekten und Fieber. Es bildet einen natürlichen Schutz des seltsamen Plateaus.«

      »Bemerkten Sie irgendwelche weiteren Anzeichen von Leben?«

      »Nein, Herr Malone, das nicht, aber wir vernahmen im Laufe der Woche, die wir am Fuße der Felsen zubrachten, sehr merkwürdige Geräusche von oben.«

      »Aber das Tier, das der Amerikaner zeichnete? Wie erklären Sie sich das?«

      »Wir können nur annehmen, dass er einen auf das Plateau hinaufführenden Weg gefunden und es dort gesehen hat. Wir wissen also, dass es einen Weg dort hinauf gibt. Wir wissen gleichfalls, dass es ein sehr schwieriger Weg sein muss, denn sonst würden diese Geschöpfe heruntergekommen sein und die Umgebung verheert haben. Daran ist kein Zweifel.«

      »Aber wie sind sie denn da hinaufgekommen?«

      »Ich glaube nicht, dass dies Problem so schwer zu lösen ist«, sagte der Professor. »Dafür kann es nur eine einzige Erklärung geben. Der südamerikanische Kontinent besteht, wie Sie gehört haben werden, aus Granit. An diesem einzelnen Punkt in seinem Innern hat in weit zurückliegender Zeit eine große, plötzliche vulkanische Erhebung stattgefunden. Diese Felsen, darf ich bemerken, bestehen aus Basalt, sie sind also plutonisch. Ein Gebiet etwa von dem Umfange von Sussex ist im ganzen mit all seinem lebenden Inhalt gehoben und durch seine senkrechten Wände, deren Steilheit jeder Erosion trotzt, vom übrigen Kontinent abgeschlossen worden. Was ist das Resultat? Nun, die allgemeinen Naturgesetze sind aufgehoben. Die verschiedenen Bedingungen, die in der übrigen Welt den Kampf ums Dasein beeinflussen, sind neutralisiert oder verändert worden. Es sind Geschöpfe am Leben geblieben, die unter anderen Umständen verschwunden wären. Sie werden wissen, dass sowohl der Pterodactylus als auch der Stegosaurus der Juraperiode angehören, also entwicklungsgeschichtlich sehr alt sind. Sie sind auf Grund dieser eigenartigen und zufälligen Verhältnisse erhalten geblieben.«

      »Dieser Beweis ist sicherlich bündig. Sie brauchen ihn doch nur den in Frage kommenden Autoritäten zu unterbreiten.«

      »So hatte ich in meiner Naivität auch gedacht«, sagte der Professor bitter. »Ich kann Ihnen nur sagen, dass ich mich darin getäuscht habe und dass ich bei jedem Versuch einer großen, teils aus Dummheit und teils aus Eifersucht herrührenden Ungläubigkeit begegnet bin. Es ist nicht meine Art, Herr Malone, mich vor irgendjemand zu beugen, oder den Beweis für eine Sache anzutreten, wenn man meine Worte anzweifelt. Ich habe mich nicht einmal herabgelassen, die Beweisstücke, die ich in Händen habe, vorzuzeigen. Die ganze Sache wurde mir zuwider – ich mochte nicht mehr davon sprechen. Wenn Leute wie Sie, alberne Vertreter öffentlicher Neugierde, die Ruhe meiner Privatwohnung störten, war ich nicht imstande, ihnen mit würdiger Haltung zu begegnen. Ich gebe zu, dass ich von Natur etwas heftig bin, und wenn man mich herausfordert, neige ich zu Gewalttätigkeit. Ich fürchte, dass Sie das auch bemerkt haben.«

      Ich schlug die Augen nieder und schwieg.

      »Meine Frau hat mir öfters Vorwürfe in dieser Hinsicht gemacht, und doch glaube ich, dass jeder Mann von Ehre ebenso gehandelt hätte. Heute abend allerdings habe ich vor, ein außerordentliches Beispiel von Selbstbeherrschung zu geben. Ich lade Sie ein zu einer öffentlichen Diskussion.« Er überreichte mir eine auf dem Schreibtisch liegende Karte. »Wie Sie sehen, wird Professor Percival Waldron, ein Naturwissenschaftler von einigem Ruf, um 8 Uhr 30 im Saal des Zoologischen Instituts einen Vortrag über Entwicklungsperioden halten. Ich bin eigens aufgefordert worden, auf der Rednerbühne anwesend zu sein, um dem Vortragenden den Dank der Versammlung auszusprechen. Ich will diese Gelegenheit benutzen, um sehr vorsichtig und mit Takt einige Bemerkungen fallen zu lassen, die vielleicht das Interesse des Auditoriums erwecken und bei einigen vielleicht den Wunsch entstehen lassen, etwas tiefer in die Materie einzudringen. Nichts Kampflustiges, Sie verstehen, sondern nur eine Andeutung, dass es noch tiefere Probleme gibt. Ich werde mich fest im Zaum halten und sehen, ob es mir bei dieser Selbstbeschränkung gelingt, ein günstigeres Resultat zu erzielen.«

      »Und ich darf kommen?« fragte ich eifrig.

      »Aber natürlich«, antwortete er herzlich. Er sagte das in einer so außerordentlich freundlichen Art, die fast noch überwältigender war als seine Heftigkeit. Wundervoll wirkte sein wohlwollendes Lächeln, wenn seine beiden Wangen sich zwischen halbgeschlossenen Augen und dem großen Bart zu zwei roten Äpfeln aufblähten. »Kommen Sie auf jeden Fall. Es wird mir eine Erleichterung sein, wenn ich weiß, dass ich einen Bundesgenossen, wenn auch in dieser Sache nur einen schwachen und unwissenden, im Saale habe. Ich vermute, dass die Zuhörerschaft sehr groß sein wird, denn Waldron, obgleich er ein absoluter Scharlatan ist, hat eine bedeutende Gefolgschaft. Nun, Herr Malone, ich habe Ihnen viel mehr Zeit gewidmet, als ich beabsichtigte. Das Individuum soll niemals für sich allein in Anspruch nehmen, was der ganzen Welt zukommt. Ich würde mich freuen, Sie heute abend beim Vortrag zu sehen. Inzwischen dürfen Sie natürlich keinen öffentlichen Gebrauch machen von dem Material, das ich Ihnen gegeben habe.«

      »Aber McArdle – mein Verlagsdirektor, Sie verstehen – wird doch wohl wissen wollen, was ich gemacht habe.«

      »Erzählen Sie ihm, was Sie wollen, Sie können ihm neben anderem sagen, wenn er noch irgendeinen anderen aufdringlichen Menschen zu mir schickt, so würde ich ihm einen Besuch mit der Reitpeitsche machen. Aber ich verlasse mich darauf, dass nichts von all diesem in der Zeitung erscheint. Schön. Also heute abend ½9 Uhr im Zoologischen Institut.«

      Mein letzter Eindruck bestand in roten Wangen, einem blauschwarzen gekräuselten Bart und herrischen Augen, als er mich mit einer Handbewegung entließ.

      Fünftes Kapitel

      Das ist die Frage!

      Es war teilweise den körperlichen Erschütterungen bei meinem ersten Besuch, teilweise den seelischen Erregungen, die den zweiten begleiteten, zuzuschreiben, dass ich mich wie ein etwas heruntergekommener Journalist fühlte, als ich wieder auf der Straße stand. Mein schmerzender Schädel hatte nur einen Gedanken, und zwar den, dass es tatsächlich etwas Wahres in der Erzählung dieses Mannes gab, dessen Konsequenzen ungeheuerlich waren, und dass sich darüber ein unfassbar schöner Artikel für die Zeitung machen lassen würde, sobald ich nur die Erlaubnis bekäme, das Material zu benutzen. Ich warf mich in einen am Ende der Straße stehenden Taxameter und fuhr zur Redaktion. McArdle saß wie gewöhnlich an seinem Schreibtisch.

      »Nun,« rief er erwartungsvoll, »wie ist die Sache ausgelaufen? Sie sehen aus, als ob Sie im Kriege gewesen sind, junger Mann, Sie brauchen mir nicht erst zu erzählen, dass er Sie angegriffen hat.«

      »Wir hatten zuerst eine kleine Differenz.«

      »Was ist das bloß für ein Mensch! Und was taten Sie dann?«

      »Nun, er wurde dann etwas vernünftiger, und wir kamen in ein Gespräch. Aber ich habe nichts aus ihm herausholen können – nichts, was für eine Veröffentlichung in Frage käme.«

      »Das ist mir noch gar nicht so ganz sicher. Sie haben jedenfalls ein blaues Auge mitgebracht, und das lässt sich doch veröffentlichen. Wir können diese Schreckensregierung nicht mehr dulden, Herr Malone. Wir müssen diesem Menschen einmal Anstand beibringen. Ich möchte morgen einen kleinen Leitartikel bringen, der Blasen ziehen wird. Geben Sie mir also gleich das Material, und ich mache mich anheischig, den Burschen für immer zu brandmarken. Professor Münchhausen. Wie wäre das als fette Überschrift? Sir John Mandeville redivivus – Cagliostro – alle diese Betrüger und Scharlatane in der Geschichte. Ich werde ihn als Schwindler, der er ist, entlarven.«

      »Ich würde das nicht tun, Herr McArdle.

      »Warum nicht?«

      »Weil er gar kein Schwindler ist.«

      »Was?« brüllte McArdle. »Sie wollen doch wohl nicht sagen, dass Sie tatsächlich an seinen Unsinn über Mammuts und Mastodons und große Seeschlangen glauben?«

      »Nein, davon


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