Verlorenend - Fantasy-Epos (Gesamtausgabe). S. G. Felix

Verlorenend - Fantasy-Epos (Gesamtausgabe) - S. G. Felix


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Er war mehrere Meter weit geflogen und war grob auf den harten Untergrund gestürzt. Ein lähmender Schmerz ergoss sich über seinen gesamten Rücken.

      Unterdessen bildete sich an der Stelle, wo zuvor noch der Kristall geschwebt hatte, ein erbsengroßes Schwarzes Loch. Es begann, von seiner zerstörerischen Kraft Gebrauch zu machen.

      Aufgewirbelter Sandstaub wurde angezogen. Es folgten kleine Kieselsteine. Danach faustgroße Klumpen.

      Die Kraft des Schwarzen Lochs wuchs langsam, aber stetig. Je mehr Materie es einsog, desto stärker sollte es werden.

      Largonen, Ahnenländler und andere von der Schlacht Gezeichnete waren sich unschlüssig, was sie tun sollten.

      »Lass uns hier verschwinden«, schlug Lois seinem Bruder vor.

      »Ich kann Antilius nicht im Stich lassen. Ich muss ihm helfen!«

      »Pais! Du bist noch zu schwach. Geh nicht! Nicht noch einmal.«

      »Ich kann nicht anders.«

      »Dann komme ich mit dir.«

      »Nein! Kümmere du dich um deine Männer und bringe sie in Sicherheit. Du weißt, dass ich recht habe, also sage nichts und geh!«

      »Ich werde mitgehen«, bot Haif an.

      Sie waren etwa hundert Meter von Antilius entfernt. Eigentlich ein Witz, aber jeder Schritt näher an das Schwarze Loch bedeutete einen Schritt näher an den Tod.

      Antilius kroch wie eine alte Schildkröte zum Spiegel, der mit der Spiegelseite nach oben lag. Er sah hinein.

      Gilbert kauerte benommen an der rechten Zimmerwand. Koros stand mit gesenktem Haupt auf der linken Seite.

      »Wieso?«, schrie Antilius. »Wieso hast du ihm das angetan?«

      Koros schwieg eine Weile, ehe er sich durchrang, etwas zu sagen.

      »Weißt du Antilius, du hattest recht.«

      »Womit?«

      »Ich habe mich tatsächlich geirrt. Ich habe dir gesagt, dass die Wahrheit das Einzige wäre, das uns verbindet. Ich habe dir geschworen, immer die Wahrheit zu sagen. Und ich war davon überzeugt, dass du es auch tun würdest. Aber im entscheidenden Punkt habe ich versagt. Ich habe die Macht der Transzendenz unterschätzt. Ich war nicht bereit für sie. Als du mir die Wahrheit gezeigt hast, als du mir deine ganze schwierige Reise gezeigt hast, habe ich dir zwar geglaubt. Ich wollte mir aber die Wahrheit nicht eingestehen. Ich habe sie ignoriert. Und jetzt ist es zu spät.

      Antilius, du bist stärker als ich. Stärker, als ich es jemals hätte sein können.«

      Antilius sah sich um und musste mitansehen, wie große Steine, Sand und Trümmerteile von der Schlacht in das Schwarze Loch gezogen wurden. Es würde nicht mehr lange dauern, bis er der Kraft des Sogs nicht mehr standhalten konnte. Hatte er die richtige Entscheidung getroffen? Würde das Schwarze Loch jetzt immer weiter wachsen und dann den gesamten Planeten zerstören können?

      Er verdrängte diesen Gedanken. Er selbst würde ohnehin hineingezogen, und dann würde alles vorbei sein. Das war auch ein Teil des Plans, den weder er noch das Orakel, den niemand vorhersehen konnte.

      »Für mich ist kein Platz mehr hier. Auch nicht in diesem Gefängnis«, sagte Koros. Er packte den einzigen Stuhl, den es im Raum gab, an der Lehne und drehte ihn mit den Beinen nach oben. Gilbert hielt sich schützend die Arme über den Kopf aus Furcht, damit geschlagen zu werden.

      Koros betrachtete den Stuhl, als sei er etwas Besonderes. Dann holte er aus und schlug zu. Der Stuhl flog durch die Fensterscheibe. Scherben fielen klirrend zu Boden. Der Stuhl fiel sanft auf die malerische Grünfläche, die keine war. Mit der warmen Abendsonne am Horizont, die keine war.

      Gilbert nahm die Hände wieder runter und schaute Koros verständnislos an, der seinen Blick erwiderte.

      »Es tut mir leid«, sagte Koros und schaute hinaus in die Illusion des Nichts.

      Dann drehte er sich noch ein letztes Mal um und sah Antilius auf der anderen Seite des Spiegels an.

      »Was steht im Flüsternden Buch über mich, Koros? Sag es mir! Ich muss es wissen. Sag es mir!«, schrie Antilius.

      »Nur Lügen. Nur gemeine Lügen, Antilius«, antwortete Koros kummervoll.

      »Ich will es aber wissen! Antworte!«

      »Keine Fragen mehr«, waren Koros' letzten Worte. Dann stieg er durch das Fenster.

      Er ging hinaus zum Horizont, ohne sich umzudrehen.

      »Im Nichts kann auch Nichts existieren«, hatte Gilbert einmal gesagt.

      Koros lief dem Nichts entgegen. Langsam lösten sich seine Konturen auf. Das Nichts verschlang ihn. Er wurde zu einem Teil von ihm.

      Für immer.

      Der Sog des Schwarzen Lochs, das mittlerweile tellergroß geworden war, hätte beinahe den Spiegel zu sich gezogen, wenn Antilius ihn nicht festgehalten hätte.

      Pais drang mühsam zu Antilius vor. Ein Fehltritt und er würde dem Schwarzen Loch zum Opfer fallen, welches mit einem wütenden Grollen brodelte. Haif war gezwungen umzukehren. Sein rundlicher Körperbau bot dem Luftsog zu viel Angriffsfläche.

      »Was machst du hier? Verschwinde, Pais!«, schrie Antilius.

      »Ich lasse dich nicht im Stich!«

      »Ich kann nicht aufstehen! Ich kann mich nicht bewegen.«

      »Ich werde dich tragen.«

      »Das schaffst du nicht. Verschwinde, Pais, bevor es zu spät ist!«

      Pais ließ sich nicht beirren. Er griff Antilius unter die Arme und kämpfte gegen den Sog und seine eigene Benommenheit an. Doch er kam nicht weg vom Schwarzen Loch.

      »Geh, Pais! Hier nimm ihn!«, sagte Antilius, drückte Pais den Spiegel in die Hand und riss sich von ihm los.

      »Bring ihn und dich in Sicherheit!«

      »Ich werde nicht gehen!«

      »Sei kein Narr! Ich komme schon zurecht.«

      Das Schwarze Loch schien diesem wohl letzten Disput ein Ende setzen zu wollen: Antilius wurde ein gutes Stück näher heran geschleift und prallte gegen einen kleinen Felsbrocken, der fest in der Erde verankert war. Damit verlor er Pais aus dem Sichtfeld.

      Jetzt war er allein.

      Der Felsbrocken, gegen den er gestoßen war, bot vorläufigen Schutz vor der Urgewalt.

      Das Schwarze Loch wuchs und wuchs. Es entfaltete Kräfte, die uralt waren und aus einer fernen Welt stammten.

      Gegenstände schossen dicht über seinem Kopf hinweg. Antilius konnte kaum noch seine Augen offen halten. Zuviel Dreck peitschte ihm der Sturm ins Gesicht.

      Er hörte ein lautes Krachen. Kurz darauf glitt der erste Baum mit seiner kompletten Bewurzelung an ihm vorbei und schleifte ein erbärmlich kreischendes Boru mit sich, welches daran angebunden war. Baum und Boru wurden vom Schwarzen Loch gierig verschluckt.

      Der Lärm war unerträglich.

      Antilius blickte nach links: Massenweise Bäume fuhren gefällt dem Loch entgegen. Zu ihnen gesellten sich auch zwei Largonen, die nicht rechtzeitig entkommen waren.

      Er blickte nach rechts: Jemand lag mit dem Gesicht an den Boden gepresst wie eine Flunder und kämpfte um sein Leben. Das Schwarze Loch hatte ihn bis hierhin befördert.

      Er lag ungefähr zwei Armlängen von Antilius entfernt.

      »Nehmt meine Hand!«, schrie Antilius in den Sturm.

      Der Mann drehte seinen Kopf zu ihm, ohne ihn zu weit anzuheben. Antilius sah in zwei von Panik erfassten rote Augen.

      »Los! Macht schon!«

      Wrax streckte seinen Arm nicht aus.

      Niemand kann dir


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