EINE EVOLUTION, ABER UNTERSCHIEDLICHE GESCHICHTEN?. Albert Helber

EINE EVOLUTION, ABER UNTERSCHIEDLICHE GESCHICHTEN? - Albert Helber


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vom Urknall, Religionen sprechen von Schöpfung: Religiöse Menschen haben in der Zwischenzeit das kosmologische Gesetz von Ursache und Wirkung verinnerlicht und können nicht anders als anzunehmen: Die Ursache des Urknalls war eine göttliche Tat des Schöpfers. Sie übersehen dabei allerdings, dass das kosmische Gesetz von Ursache und Wirkung erst durch den Urknall in die Welt kam und Gott kann nicht zugleich „Urknall“ und dessen auslösende Ursache sein. Der Agnostiker gibt sich zufrieden: Er kennt keine Ursache für den Urknall und akzeptiert dies. Er weiß aber, dass des Urknalls Wirkung die Welt bestimmt.

      In unserer Frühgeschichte haben Magie und Mythen den Menschen die Welt erklärt. Heute hat die Wissenschaft diese Rolle übernommen 17. Tatsächlich hören wir erstaunliche Ergebnisse der kosmologischen Forschung. Wir wissen viel über die biologische Evolution, über das Leben von Pflanzen und Tieren und wir lernen, wie Gefühle und Gedanken den Menschen lenken. Unser Wissen beschäftigt sich nur mit den Folgen eines „Anfangs“, die der „Urknall“ auslöste. Aber können wir diesen „Urknall“ verstehen? Wie unsere Welt funktioniert und auch wie sie entstanden sein könnte, dazu machten sich Menschen auch schon vor 4000 - 2000 Jahren v. Chr. In Ägypten, in Griechenland, in Indien und in China Gedanken. Ein eindrucksvolles Beispiel ist Hermes Trismegistos. Er wurde als „Meister aller Meister“ verehrt, als Mischung aus dem griechischen Gott Hermes Verfasser der „hermetischen Schriften“. Er muss ein großartiger Beobachter von Natur und Welt gewesen sein, denn er ist der Autor der „7 hermetischen Gesetze“, mit denen er erklärt, wie Kosmos, Biologie und auch der Mensch funktionieren und physikalischen- und mentalen Gesetzen unterliegen. Als erster Mensch spricht er in seinem 6. Gesetz das oben bereits genannte Gesetz von „Ursache und Wirkung“ an. Seit wir Menschen denken können argumentieren wir mit diesem vor 3 bis 5 Tausend Jahren entdeckten Gesetz. „Ursache und Wirkung“ ist für uns heute selbstverständliche Normalität, doch musste es erstmals erkannt und aufgeschrieben werden. Es sagt aus, dass „Zufälle“ nicht existieren und was wir heute als „Zufall“ erklären immer eine, wenn auch oft nicht erkannte, Ursache hat. Hermes Trimegistos hat recht behalten, was weitgehend auch für seine 6 weiteren hermetischen Gesetze gilt: Es gilt für sein „Gesetz der Entsprechung oder der Resonanz“, für sein Gesetz „Schwingung“ (nichts ruht, alles bewegt sich), für sein Gesetz der „Polarität oder der Gegensätze“, für sein Gesetz von „Rhythmus und Kreislauf“ (alles fließt aus und ein, alles hebt sich und fällt). Alle von Hermes Trimegistos ausgerufenen Gesetze, mit denen er den Zusammenhalt von Welt und Kosmos erklärt, haben sich wissenschaftlich weitgehend bestätigt. Dabei war er nur ein großer Beobachter und hatte kein Wissen von Physik und Biologie. Da Hermes Trismegistos viel darüber nachdachte wie Welt und Kosmos funktionieren, nachdem sie entstanden sind, wollte er schließlich auch wissen, wie alles entstand. Dafür entwickelte er sein erstes der sieben hermetischen Gesetze und nannte dieses Gesetz „Prinzip der Schöpfung“ oder „Prinzip von Mentalität“. Eine Welt, so seine Deutung, die von sechs Prinzipien oder Gesetzen gestaltet und gelenkt wird, muss von einem „Prinzip von Schöpfung“ oder einem „Prinzip von Mentalität“, in jedem Falle von einer Kraft ausgehen, die er noch nicht kannte und wir heute als „evolutionäre Intelligenz“ oder „Gott“ bezeichnen. Was man noch nicht kannte wurde zur Zeit des Hermes Trimegistos durch eine göttliche Macht erklärt. Man kann diesen Anfang als Gott, als YHWE, als Allah, als Brahman oder als Urknall bezeichnen. Von allen wissen wir nicht wer oder was sie sind. Wir wissen allein, dass sie sich in ein Gesetz von „Ursache und Wirkung“ verwandelten, in einen materiellen- und geistigen Funken verwandeln, der in allen Existenzen unserer irdischen Welt deren Erhalt und Entwicklung lenkt. In China ist dieser Funken Yin und Yang, in Indien purusha und pakriti, in Darwins Evolution Reproduktion und Veränderung und beim Menschen Gefühl und Geist.

      Mit dem Urknall vor 13,7 Milliarden Jahren entstehen mit Masse und Energie zwei äquipotente Qualitäten, welche im Zusammenspiel von Ursache und Wirkung die Kausalität begründen und Expansion und Retraktion oder Fliehkraft und Anziehung entwickeln. Deren dialektisches Zusammenspiel wird in immer wieder neuer Form und neuer Beschreibung den Weltraum, den Mikrokosmos, die Welt der Pflanzen, der Tiere und auch des Menschen am Laufen halten und die Evolution lenken. Ursache und Wirkung, Information und Aktion sind äquivalente Kräfte. Jede Ursache und jede Information hatte selbst eine Ursache oder einen Auslöser und jede Wirkung, jede Reaktion und jede Aktion wird wiederum zum Auslöser. Die von der menschlichen Philosophie in die Diskussion gebrachte Unterscheidung von „Subjekt“ als handelndem Prinzip und „Objekt“ als reagierendem Prinzip und deren mit dieser Unterscheidung aufgekommene unterschiedliche Wertigkeit und Wichtigkeit existiert in der natürlichen Welt der Evolution nicht. Im Netzwerk der Evolution sind Alle oder Alles einmal Handelnde oder Subjekte, dann wieder Reagierende oder Objekte. „Während wir handeln wird gleichzeitig an uns gehandelt“ sagt der schottische Philosoph und Aufklärer Hume (1711-1776) im 18. Jahrhundert und bestätigt, was schon 2000 Jahre früher in Indien und in China als ein Gesetz des Lebens verkündet wurde: Im Karma sieht der Inder jene in Natur und Mensch wirksamen Kräfte von Körper und Geist, von pakriti und purusha, die im Zusammenspiel das Dharma oder das Schicksal des Menschen bestimmen. In China wird zu gleicher Zeit das indische Dharma zum chinesischen DAO und wird von Yin und Yang gestaltet. Das Zusammenspiel von Ursache und Wirkung, von Irritation und Reaktion, von pakriti und purusha, von Yin und Yang wird schließlich in Darwins Theorie der Evolution zu Distinktion und Integration. Dialektik lenkt Materie, das biologische Leben, die Entwicklung menschlicher Mentalität und schließlich auch menschliche Kultur.

      2. Aus „Irritation und Reaktion“ werden Pflanzen und „Triebe“.

      Bis zur Entstehung von Leben durch Pflanzen und Tiere werden Milliarden Jahre vergehen, in denen ein kosmologisches Gesetz von Ursache und Wirkung regiert. In der Welt der Biologie, einer Welt der Pflanzen und der Tiere, sind sensorische Reize oder Irritationen die Information und Energie führt zu Reaktion oder Aktion. Das bisherige Gesetz von Ursache und Wirkung, von Information und Aktion wird zu einem Leben schaffenden Gesetz von Reiz und Reaktion, zu einem das Leben erhaltenden dialektischen Prinzip, zu einer Grundstruktur der Biologie. Sie wird die biologische Evolution und deren Vielfalt und auch die mentale Evolution bis heute bestimmen. Konsequenz eines jeden biologischen Organismus ist eine „arterhaltende Zweckmäßigkeit“ schreibt Konrad Lorenz 18. Jeder Organismus will sich selbst erhalten, dann seine Art erhalten und sich fortpflanzen. Dazu braucht er eine optimale Verwertung seiner Energie und er braucht Wissen oder Informationen über sein körperliches Befinden und über seine Situation in einem gegebenen Umfeld. Energie und Information sind die Grundvoraussetzungen des Lebens und dessen Evolution. Drohen in einem sich verändernden Umfeld Gefahren, so muss ein Organismus besser, stärker, wiederständiger werden. Er braucht mehr Energie und mehr Information. Energieverbrauch und Informations-menge müssen in Relation zueinander wachsen, wenn Evolution möglich sein soll.

      In der „thermophylen Welt“ 19 im Übergang der Materie in eine belebte Welt bestimmen unterschiedliche Formen von Bakterien die Entwicklung. In Milliarden Jahren entwickeln sie in einem von der heutigen Erde völlig unterschiedlichen Milieu aus Schwefel und Hitze chemische Bausteine, die zu Informanten werden und Reaktionen auslösen. Nach diesen Milliarden Jahren einer Existenz im Wasser wagen zunächst Pflanzen, dann Tiere vor etwa einer Milliarde Jahren den Übergang aufs Land und formen eine neue Welt des Lebens. Dem kosmologischen Gesetz von „Ursache und Wirkung“ folgt ein biologisches Gesetz von „Irritation und Reaktion“. Die Pflanzen machen den Anfang. Ein Kampf um Fortpflanzungsfähigkeit beginnt. In einer Vorläuferzelle entsteht durch chemische Reaktion das Chlorophyll. Durch Symbiose wird Chlorophyll zum bleibenden Besitz einer aufnehmenden Zelle. Diese von Chloroplasten profitierenden Eukaryocyten wagen vor ca. einer Milliarde Jahre den Landgang und werden auf unserer Erde eine Welt der Pflanzen begründen. Chlorophyll wird zum Ort der Photosynthese, mit welcher die Lichtenergie der Sonne aus gasförmigem CO2 und Wasser Kohlenstoff als Baustein des Lebens und Sauerstoff als „Abfallprodukt“ schafft. Pflanzen begründen eine eigene Lebenswelt: Sie entnehmen die Energie dem Licht der Sonne und bekommen den Kohlenstoff als Baustein. In einer energetisch vom Sonnenlicht abhängigen Welt der Pflanzen streben diese der Sonne entgegen. Aus einem im Boden existierenden Netz aus Wurzeln werden dem Licht zugewandte Stängel oder Stämme, die als Sprossachse


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