Bergdorf sucht... Bewohner. Josie Hallbach
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Prolog:
Josie Hallbach
Bergdorf sucht… Bewohner
Teil 3
Drei Männer, jeder mit einer Flasche Bier vor sich, saßen in der baufälligen, ehemaligen Jugendherberge. Der Fußboden wölbte sich unter ihren Füßen, an den Fenstern blätterte die Farbe ab und das Mobiliar zeigte sich im Charme der 70er Jahre, wobei von dem typischen Furnier inzwischen wenig übriggeblieben war.
Im Hause herrschte ausnahmsweise Ruhe. Allerdings war es fraglich, ob dies als gutes Zeichen gewertet werden konnte.
Ein Mittvierziger mit Bürstenhaarschnitt und militärischem Auftreten blickte finster vor sich hin. Er war eindeutig der Wortführer dieser Herrengruppe. „Ich weiß nicht, was Herrn Teichmann da geritten hat, aber meine Billigung wird dieses Projekt niemals finden.“ Erregt klopfte er mit der flachen Hand auf die Tischplatte. „Egal wie es hier aussieht, aber allein der Gedanke, dass irgendwelche Möchtegern-Lehrerinnen unsere Jungs unterrichten wollen… Das kann nur in einer Katastrophe enden.“
„Also, Frau Müller machte auf mich einen recht kompetenten Eindruck“, wagte Jens Meinert dazwischenzuwerfen. Der Lehrer mit dem Pferdeschwanz und den treu blickenden, grünen Augen versuchte sich als Vermittler. Er war der zukünftigen Kollegin immerhin schon mal begegnet.
„Pah! Was kann man von einer jungen Frau in dem Alter schon erwarten? Gerade Sie müssten unsere Früchtchen ja kennen, Kollege Meinert. Oder soll ich an die chaotischen Zustände in Ihrer letzten Physikstunde erinnern, als wir Sie aus dem Materialraum befreien mussten, während Ihre Klasse sich ins Stadtzentrum abgesetzt hatte? Eine Frau kann sich niemals bei denen durchsetzen, das steht fest.“
„In Lämmerbach wird es zum Glück kein Stadtzentrum geben, Oberst. Alles ist klein und überschaubar, nicht wahr Jens?“, versuchte Olaf Maus sich und die anderen zu beruhigen. Er mochte keinen Streit. Sein pausbäckiges Gesicht schaute hilfesuchend zu seinem Kollegen hinüber.
Dieser nickte zustimmend, worauf Herr Maus seufzend seine Brille zurückschob und sich einen weiteren tiefen Schluck Bier genehmigte. Seine rundliche Körpermitte zeugte von einer Vorliebe für dieses Getränk.
„Aber unsere Jungs sind weder klein noch überschaubar, das wissen Sie genauso gut wie ich. Auf dieses beschauliche Örtchen rollt gerade eine Lawine zu und ich finde, man sollte die Leute zumindest vorwarnen.“
„Die Bevölkerung hat sich freiwillig für dieses Internat entschieden“, gab Herr Maus zu bedenken.
„Ja, weil sie keine Ahnung haben und ihnen das Wasser bis zum Hals steht, wenn ich Herrn Teichmann richtig verstanden habe. Das sind doch alles arme Almbauern, die mehr oder weniger hinterm Mond leben. Und nun hat ihnen die Regierung ein Messer auf die Brust gesetzt. Entweder ihre Dorfschule geht hops oder sie akzeptieren eine Bande männlicher Kleinkrimineller in ihrem Ort.“
„Phillip wird schon wissen was er tut“, verteidigte Olaf Maus erneut das Projekt. Am liebsten hätte er die Diskussion generell beendet und sich in Ruhe seinem Bier gewidmet, aber wenn Oberst Mölcher einmal in Fahrt war, bremste ihn so schnell nichts und niemand mehr.
„Tut mir leid, wenn ich das hier so direkt sage, aber der ist in vielerlei Hinsicht ebenso idealistisch und naiv. Ihn zum Leiter dieses Internats gemacht zu haben, war ein großer Fehler.“
„Vielleicht wird uns der Neue im Team guttun. Er scheint patent zu sein und hat wohl reichlich Erfahrung mit verhaltensauffälligen Jugendlichen“, brachte Jens Meinert versöhnend ein.
„Ach, und warum macht man dann so ein Geheimnis um diesen Herrn Steinmann? Wieder etwas, das euer Phillip im Alleingang entschieden hat. Setzt uns einfach einen Kollegen vor die Nase, ohne dass man die Chance hat, ihn unter die Lupe zu nehmen.“
Die bierselige Diskussionsrunde wurde durch wildes Jungengeschrei jäh unterbrochen, was bewies, dass die ihnen anvertrauten Jugendlichen keinesfalls das taten, was sie sollten, nämlich schlafen.
Seufzend schickte sich Olaf Maus an, seinem Bereitschaftsdienst nachzukommen.
Was er kurze Zeit später in einem der Zimmer entdeckte, ließ ihn den restlichen Inhalt seiner Bierflasche vergessen…
Unter Umständen hatte Oberst Mölcher doch nicht ganz Unrecht.
Und wieder gibt es Bayerisch nur in der „Light-Variante“.
Für die volle Dosis empfehle ich einen entsprechenden Urlaub oder alternativ dazu Bayern-Radio, beziehungsweise den Bayerischen Sender im Fernsehen.
Kapitel 1:
In Tannhauers Laden traf man sich zum samstagvormittäglichen Plausch. Der Ladeninhaber hatte, als die Bürgermeistersfrau und Tante Lieselotte nahezu zeitgleich zur Tür hereinströmten, unter einem Vorwand die Flucht ergriffen und das Feld seiner Frau überlassen.
Während jede der beiden Damen die notwendigen Lebensmittel zusammensuchte, blieb genug Gelegenheit, die wichtigsten Informationen auszutauschen. Deshalb benötigte man in Lämmerbach auch kein Mitteilungsblatt.
Georg und Josepha verbrachten die Pfingstferien bei Frau Baums Schwester in Innsbruck und würden am Samstag wieder heimkehren. Frau Vollmer war es wegen der nasskalten Witterung ins Kreuz gefahren. Der Büchler Robert hatte seit einer Woche Zahnschmerzen. Pfarrer Ebershäuser dachte über eine Kirchenrenovierung nach und Frau Tannhauer machte sich Sorgen, ob ihre Friedel die Abschlussprüfung schaffen würde, und das obwohl ihre Tochter in den letzten Tagen sogar Nachhilfe von Peter Schaup bekam.
Dann erörterte man natürlich das wundersame Zusammenfinden von Phillip Teichmann und Anne Martin.
„Ich freu mich natürlich für die Anne, aber eigentlich hab ich immer denkt, der Herr Teichmann wär was für unser Fräulein Müller“, meinte Tante Lieselotte etwas enttäuscht. „So a nettes Mädel sollt net allein bleibn.“
„Jaja, wo die Lieb hinfällt... Aber wer weiß, wenn a paar junge Lehrer mit dem Internat mitkommn. Vielleicht is da einer für sie dabei. Es wär sicher gut, wenn unser Fräulein Lehrerin bald unter die Haub kommn tät.“ Frau Baum sah das ganze praktischer. „Bsonders nach der Gschichte mit dem Dani.“
„Aber da is doch gar nix passiert“, mischte sich Frau Tannhauer ein, die offensichtlich mit dem Zusammenzählen der Preise nicht völlig ausgelastet war.
„Natürlich net, Elvira“, beschwichtigte Tante Lieselotte.
„Ich hoff halt bloß, dass irgendwann wieder normale Zuständ im Doktorhaus einkehrn. Des mit dene Leipold-Kinder und der Nicole geht auf Dauer net gut. Die Christine kann einem echt leid tun. Erst hat se die Mutter verlorn und jetzt sitzt der Vater im Gfängnis und die Heimat musst se wegn dem Bau vom Internat auch aufgebn.“ Sie seufzte mitleidig und wischte als Legitimation für die illegale Plauderstunde ein paar Staubflocken von den Regalen.
„Ja, und dann schwänzelt auch noch der Bruder von der Lehrerin dauernd um se rum. Was die an dem Kerl findet, versteh ein Mensch. Ich könnt euch Gschichtn über den erzähln…“ Frau Baum erkannte, dass sie in ihrem Mitteilungsbedürfnis wohl etwas zu weit gegangen war und schlug sich erschrocken mit der flachen Hand auf den Mund.
Aber da war die Neugier der anderen schon geweckt. Frau Tannhauer hörte abrupt mit dem Wischen auf und Tante Lieselotte stellte ihr neu erworbenes Hörgerät lauter. Dann beugten sich alle vereint über die Verkaufstheke und warteten auf den Bericht der Bürgermeistersfrau. Diese erzählte nach langem