NACHT ÜBER DUNKELHEIT. M. D. REDWOOD

NACHT ÜBER DUNKELHEIT - M. D. REDWOOD


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zu beschmutzen. Sie hatten nicht vor, den Abend mit Fellpflege zu verbringen. Denn die Männer wussten, dass der Großherzog ein makelloses Erscheinungsbild verlangte, wenn sie in die Hauptstadt des Großfürstentums of Siege ritten. Denn in Keeper’s Town unterhielt der berühmte Arzt Sir Mike of Trolley seine Klinik.

      Vor ihnen lag Hainweiler auf einem Hügel. Es war ein kleines friedliches Dorf aus einfachen, graubraunen Sandsteinhäusern. Kampfgeschrei schien von dort herzukommen. Als eine der unbefestigten Siedlungen, war es anfälliger gegen Kreaturenübergriffe. Die Häuser hatten zwar alle einen ersten Stock, aber der Grundriss war so bescheiden, dass mehr als zwei Räume in einem Stockwerk unmöglich waren. Winzige Schuppen und Scheunen quetschten sich als Holzbauten zwischen die Wohnhäuser. Die Dächer waren für den hohen Norden relativ flach, da günstiger, und mit Reet eingedeckt. Reet war eine Art von rotem Schilfrohr, welches getrocknet in Bündeln auf die Dächer genagelt wurde. Damit war das Dach zwar wasserdicht, allerdings überhaupt nicht feuerfest. In kleinen Gärten auf der Rückseite der Häuser wuchsen Kartoffeln, Möhren, Gurken und Salat, sowie Äpfel, Birnen, Pflaumen und Nüsse. Die Größe einiger Obstbäume, welche hier und da alle Häuser deutlich überragten, zeugte davon, dass Hainweiler eine alteingesessene Siedlung war.

      Siegmund erblickte von weitem eine der Kreaturen. Diese ging tatsächlich auf vier Beinen und erinnerte an eine Eidechse. Riesenechsen waren von langer, schlanker Gestalt mit vier, vergleichsweise dürren Beinen an der Seite. Ihre grünen Schuppen bedeckten den ganzen Körper bis hinunter zu den fünf langen Zehen mit scharfen Klauen daran. Diese Echsen wurden etwa vier bis fünf Meter lang.

      Die Reiter galoppierten entlang der unbefestigten Straße auf die Echse zu, die an einem offenen Geräteschuppen nach Beute suchte. Offensichtlich spuckten die Kreaturen kein Feuer, denn Brandherde konnten die Männer nicht ausmachen. Sie näherten sich von hinten der ersten Kreatur. Mit ihren fünf Metern Länge war sie die größte Echse und genauso hoch wie ein Reiter zu Pferde. Ihr rechtes Vorderbein hatte bereits Mistgabel, Spaten, Sense und Pflug auf dem Boden des Schuppens verteilt. Die ganze Holzkonstruktion schwankte und knackte bedrohlich, da die Echse mit der Schulter dagegen lehnte. Ein kleines Mädchen, von knapp acht Jahren, das laut um Hilfe rief, kam heraus gerannt und huschte unter der Echse hindurch. Die Echse stellte dem Kind nach, fuhr herum und hämmerte mit dem linken Hinterlauf gegen den Eckpfosten. Das Holz brach knackend und der ganze Schuppen schien ein Stück in den Garten zu wandern, während er ein Stück kleiner und wackliger zu werden schien, weil die Echse beim Herumdrehen mit dem Schwanz dagegen schlug. Schließlich fiel der Schuppen in sich zusammen.

      Der aufgewirbelte Staub zog den Reitern entgegen. Das kleine Mädchen hatte sich in einem umgefallenen Wasserfass versteckt und weinte. Das Wasser versickerte langsam in der trockenen Straße. Die Echse hatte das Loch an der von ihr abgewandten Seite noch nicht entdeckt, umrundete aber langsam das Fass, während sie mit der Zunge das Holz abtastete.

      Siegmund hielt, mit seinen Männern im Gefolge, direkt auf das Biest zu. Die Echse hatte sie nun bemerkt. Sie hob den Kopf und wandte sich ihnen zu. Der Großherzog zog sein Schwert. Die Männer zogen Ihre. Die Kreatur ging zum Angriff über. Dabei stellte sie sich auf die Hinterbeine, während sie sich mit ihrem langen Schwanz ausbalancierte. Sie schnellte herunter. Ihre beiden Vorderklauen trafen auf die Reiter. Siegmund und seine Männer neben ihm, rissen die Schilder hoch, um sich zu decken. Die eine Klaue traf das glänzende Schild des Großherzogs und prallte daran ab. Die Andere traf das Schild eines Reiters, der es gegen die Wucht der Echse nicht halten konnte. Er verlor das Schild und sein Pferd wurde von der Klaue an der Schulter des linken Vorderbeins aufgeschlitzt. Das Pferd sackte zusammen. Der Reiter ging zu Boden und rollte sich auf der Seite aus dem Gefahrenbereich. Die Echse griff Siegmund an. Dieser wehrte die Klauen abermals mit seinem Schild ab. Die anderen Männer um ihn versuchten, sich von der Seite und von hinten an die Kreatur heranzuschleichen. Diese wurde von dem glänzenden Schild angelockt und griff daher unermüdlich den Großherzog an. Abermals schlug das Biest nach Siegmund aus, doch dieser war darauf gefasst und ging mit einem Schwerthieb dagegen. Drei dürre Klauen fielen auf den Erdboden.

      Die Echse zuckte zurück. Dabei bemerkte sie die Männer hinter sich. Sie schlug mit dem Schwanz aus und holte einen Soldaten von seinem Pferd. Dieser rappelte sich auf und zog sich zurück. Von allen Seiten drängten die etwa fünfzehn Mann auf die Echse ein. Doch sie kamen an die Kreatur nicht heran, die abwechselnd die Klauen an den Vorder- und Hinterbeine einsetzte. Als Siegmund mit zwei Soldaten einen Vorstoß wagte, machte die Echse einen großen Satz nach vorne. Einen Soldaten walzte sie direkt platt und brach dem Pferd alle Beine, als es unter dem Gewicht der Kreatur zusammenbrach. Das Biest schnappte nach dem nächsten Reiter und erwischte dessen Kopf.großherzoglichen

      Dem Großherzog wurde es zu bunt. Um seinen Hengst nicht zu riskieren, sprang er mit gezücktem Schwert auf den schuppigen Rücken der Echse. Sein Schild fiel klappernd auf das Pflaster. Die Echse schüttelte ihren Kopf und zitterte dabei am ganzen Körper. Der Reiter, dessen Kopf sie im Maul hielt, hatte sein Schwert bereits verloren und zappelte gegen den würgenden Biss. Doch innerhalb von Sekunden nachdem die Echse ihn schüttelte, blieb der Mann regungslos hängen; Genickbruch.

      Siegmund hatte sein Schwert in Stellung gebracht, holte aus und bohrte es auf voller Länge zwischen die Schulterblätter der Echse. Er rammte mit beiden Armen das Schwertheft nach unten. Seine Männer konnten den Zweihänder an der Unterseite der Kreatur herausstoßen sehen, bevor die Echse zusammenbrach. Das Schwert wurde dadurch wieder nach oben gestoßen. Die Echse zuckte noch und Siegmund zog sein Schwert aus dem riesigen Körper, um es deren Hals zu rammen. Nun blieb sie regungslos liegen. Die umstehenden Männer jubelten. Siegmund prüfte kurz den Puls der Gefallenen, indem er Zeige- und Mittelfinger an die Halsschlagader der Bewusstlosen drückte. Doch da war nichts mehr zu machen. Der Großherzog schnappte sich Schwert und Schild und bestieg erneut seinen Hengst.

      »Los, weiter!«

      Es galt keine Zeit zu verlieren und die Gefallenen überließ Siegmund den Dorfbewohnern. Auf dem Dorfplatz, wo drei Straßen zwischen den Häusern kreuzten, streckten zwei Züge von insgesamt knapp sechzig Mann eine weitere Echse an einem runden Sandsteinbrunnen nieder. Eine Dritte wurde von der Kompanie berittener Armbrustschützen, auf einer der Straßen vom Platz nach Norden hin, kampfunfähig gemacht und schließlich mit Schwerthieben erschlagen. Die letzte Kreatur floh aus Hainweiler nach Westen, hinab in die Wiesen, die auf der vom Fluss abgewandten Seite des Hügels lagen.

      »Sollen wir ihr nachstellen?«, fragte der Hauptmann der Armbrustschützen, während er den Lauf der Kreatur zu den nächsten Wäldern hin verfolgte.

      »Nein«, antwortete Siegmund. »Wir haben keine Zeit dafür. Lasst sie laufen.«

      Die Mutter des kleinen Mädchens zog ihre Tochter aus dem Wasserfass. Dorfbewohner strömten mit Danksagungen heran. Viele Frauen und Männer in grauen Leinengewändern. Unter ihnen war auch der Dorfälteste, einem zittrigen Greis mit vielen Falten, Glatze und grünlich gefärbter Kleidung. »Königliche Hoheit, ein Glück, dass Ihr gekommen seid«, sagte er. »Diese Drachen hätten uns alle verschlungen.«

      »Das waren keine Drachen«, bemerkte der Feldmarschall.

      »Aber sie spuckten Feuer«, bestand der Dorfälteste.

      »So?«, fragte Siegmund.

      »Nun ja, zumindest die beiden Zweibeinigen taten das.«

      »Und wo, sind die beiden Drachen?«, fragte der Feldmarschall genervt.

      »Wir hatten Glück«, erwiderte der Dorfälteste. »Sie zogen weiter nach Südosten.«

      SÜDOSTEN.... Das Wort hallte in Siegmunds Ohren wie ein Donnerschlag.

      »Aufsitzen! Im Galopp vorwärts!«

      Die abgestiegenen Männer sprangen schnellstmöglich wieder auf ihre Pferde. Die Spitze der Kavallerie preschte bereits aus dem Ort. Siegmund drückte seinem Hengst die Fersen in die Leisten. Die Reiter jagten den Hügel hinab und strikt nach Südosten, hin zum Fluss. Nicht auszudenken, was passieren würde, wenn die Drachen auf den Reisewagen stießen. Eine ganze Kompanie würde das Paar kaum stoppen können.

      Die Reisekolonne folgte dem Pfad mit etwas Abstand entlang des Stroms,


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