RedStar. Juryk Barelhaven

RedStar - Juryk Barelhaven


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      „An was können Sie sich erinnern?“ fragte er den Kommissar und setzte zum ersten Mal ein gutgemeintes Lächeln auf.

      „Meine…meine Waffe“, stotterte der kalkweiße Mann leise und starrte betroffen vor sich auf den Rinnstein. Er wischte sich wie ein kleines Kind die Tränen mit dem Handrücken aus den Augen. „Sie war nicht geladen.“

      „Hier ist sie doch, Herr Kommissar“, erwiderte Gideon freundlich und reichte sie ihm. Er kniete sich neben ihm. „Sie haben den finalen Schuss abgegeben. Glückwunsch.“

      Pure Unverständnis blickten ihn aus den großen Augen entgegen. „Was...?“

      „Sie haben Gina „Mama“ Colfex betäubt. Ihr Vater kann stolz auf sie sein. Der Einsatz war ein voller Erfolg. Ich hoffe, Sie sind jetzt zufrieden“, bemerkte er knapp, stand auf und wartete nicht mehr ab, was der Kommissar zu sagen hatte. Das Politbüro würde seinen Bericht absegnen, dafür klang die Geschichte einfach zu gut. Die Familie Colfex würde schon morgen Abend in Nordsibirien landen und damit nicht mehr sein Problem sein. Khorgisien konnte dann aufatmen.

      Blieb noch eine Sache.

      Drei Polizisten umringten die einzige Gefangene, die mit Fußfesseln und Handschellen nirgendwo mehr hingehen würde. „Mama“s Blick wirkte benebelt, aber sie war definitiv wach. Aus einem Mundwinkel rann Speichel und eines ihrer Augen zierte ein Veilchen. Jemand hatte ihr vorsorglich einen Schlag verpasst. Gideon konnte es niemanden übelnehmen. Er setzte sich ihr gegenüber und grinste frech, während er sich eine Zigarette anzündete. „Mama, du wirst mich dafür hassen, aber du wirst bald für eine sehr lange Zeit nicht mehr unter uns weilen. Du machst eine Reise. Der Gulag wartet schon.“ Er paffte ihr eine Qualmwolke ins Gesicht. „Du und deine Familie könnt schon mal mit dem Packen anfangen. Wie alt ist dein Sohn? Trevor? Müsste jetzt vierzehn sein. Für ihn gibt es kein Date, kein Fernsehen und keine Disco mehr. Kein Fastfood, und kein Internet. Das hast du erreicht, Mama. Du hast deine eigene Familie verbannt“, er lächelte grausam. „nicht, dass sie es nicht verdient hätte.“

      Er hatte vieles erwartet. Gezänk, Geschrei oder einfaches Flehen, wie es schon viele vor ihr im Angesicht der Justiz getan hatten. Tränenreiche Reden über Besserung, über Milde und Gnade – aber davon kam nichts über ihre Lippen.

      Gina „Mama“ Colfex blickte ihn aufmerksam an. Ihre Augen wurden lebendig und zeugten von einer Kälte, die der Agent nicht so schnell vergessen würde. Mit krächzender Grabesstimme raunte sie bloß: „Der Gulag ist nicht das Schlimmste, Bulle. Wir werden sehen.“

      Er stutzte kurz und lachte kehlig auf: „Du kapierst es nicht, Schlampe, oder? Die Haftanstalten dort sind die Hölle. Und ihr seid die Schafe, die wir zur Schlachtbank führen. Du und deine Familie werdet keine ruhige Minute mehr haben. Das sind Schwerverbrecher aus allen Winkeln Russlands. Killer, Psychopathen und vielleicht sogar Kannibalen. Du bist nur eine kleine Nummer dort. Nur eine unbedeutende Zahl.“

      Sie grinste wild und entblößte makellose Zähne. „Dann muss ich wohl härter werden, was?“ Sie fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und provozierte ihn mit maßloser Verachtung. In ihren Augen glomm der Wahnsinn. „Ich bin der Wolf, den ihr zu den Schafen führt, Bulle.“

      Der Mann erwiderte ihr Lächeln, stand auf und blickte sie geradeaus an. Langsam und voller Absicht schnippte er die Asche auf ihren Kopf. „Was auch immer, Mama. Was immer du sagst.“

      „Genosse Nikolaeff? Kann ich Sie mal sprechen?

      Er erstarrte und glaubte seine Ohren nicht zu trauen. Diese weinerliche Stimme. Hatte der Kommissar ihn gerade mit Nachnamen angesprochen?

      Mama grinste nur und blickte ihm nach. Unbeirrbar. Tödlich. „Nikolaeff“, wiederholte sie leise und suchte seinen Blick. „Ein guter Name. Ich werde ihn mir merken.“

      Zu allem entschlossen.

       Sie kennt meinen Namen.

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