Tigermädchen. Delia Muñoz

Tigermädchen - Delia Muñoz


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sagte Melanie zweifelnd. Der Mann war ja wohl komisch. Mit „die“ waren wohl die Bauarbeiter gemeint. Sie lauschte. Tatsächlich hörte sie den Lärm eines Presslufthammers aus der Ferne. „Na, dann, äh ... danke.“ Sie wusste nicht recht, was sie sagen sollte, deshalb drehte sie sich bloß um und bog in die zweite, zwielichtige Straße ein, die über einen Umweg ebenfalls in die Stadt führte.

      Melanie vermutete, dass es für andere Leute in dieser Gasse dunkler sein würde; die Häuser waren hoch und schlossen die Sonnenstrahlen beinahe vollständig aus. Überall lag Müll herum; Bierdosen, Weinflaschen, kaputte Reifen und anderes, undefinierbares Zeug. Die Häuser standen dicht beieinander und waren heruntergekommen, keines sah bewohnt aus. Melanie hüpfte angeekelt über eine Coladose hinweg und erhaschte einen Blick in das nächste Haus, dessen Tür kaum noch in den Angeln hing. Der Teppich war zerrissen, die Fenster eingeschlagen und die Lampe wackelte bedrohlich.

      Rasch lief Melanie weiter - und wäre beinahe zur Salzsäule erstarrt. Vor ihr sah sie die Silhouette von drei jungen Männern, die allesamt halbleere Glasflaschen in der Hand hatten und nebeneinander hergehend die Gasse versperrten. Locker näherten sie sich ihr und redeten dabei laut, aber unverständlich miteinander.

      Muss das sein?, dachte Melanie genervt. Sie hatte nicht vorgehabt, jetzt zwielichtigen Typen zu begegnen, und so wie diese sie betrachteten, würden sie kaum kommentarlos an ihr vorbeigehen. Möglichst lässig lief Melanie weiter und zog unauffällig die Lederjacke zu. Es war nicht so, dass sie sich vor Schlägereien drückte, denn diese Typen waren bestimmt nicht zum Quatschen aufgelegt, aber sie zog es vor, gegen nur einen Gegner auf einmal zu kämpfen. Sie schüttelte sich ihre Haare über die Schulter und warf dabei einen unauffälligen Blick nach hinten. Aus der Richtung kamen noch mehr Typen auf sie zu, sie zählte ebenfalls drei.

       Mist! Was wollen die von mir?

      Umdrehen war nun keine Alternative mehr. Sie blickte wieder nach vorne und entdeckte ein Messer in der Hand des einen Mannes. Den musste sie als Ersten kriegen. Die anderen schienen unbewaffnet. Wenn sie also das Messer hätte und in den Schatten der Häuser kommen könnte, wäre das machbar. Ihre eigenen Waffen würde sie lieber nicht benutzen, erst als letzte Möglichkeit, deshalb ließ sie diese dort, wo sie versteckt waren. Sie scheute sich trotz häufiger Übung, gleich ein Messer zu ziehen. Rasch scannte sie die Häuser ab - dort warf eines einen langen Schatten! Ihr Blick wanderte weiter. Die Männer hatten sie entdeckt und liefen zielstrebig auf sie zu. Ihre letzte Hoffnung, dass sie kein Interesse an einer Schlägerei hatten, schwand.

      Als die Männer kaum noch zehn Schritte von ihr entfernt waren, bückte sich Melanie, als würde sie sich den Schuh zubinden wollen. Ein wenig hinderlich für ihre Tarnung war jedoch, dass ihre schwarzen Stiefeletten keine Bändel hatten. Sie beobachtete den Schatten der Männer und schaute zwischen ihren Beinen hindurch nach hinten. Die hinter ihr würde noch eine Weile brauchen, doch die Gruppe, die direkt auf sie zukam, war nun laut den Schatten kaum einen Meter vor ihr angekommen.

      Gewandt wie eine Katze sprang Melanie hoch, warf sich auf den Mann, der sich links von ihr befand, verdrehte ihm die Hand und entwand ihm das Messer. Noch bevor er den Mund zum Schrei öffnen konnte, rammte Melanie ihm ihr Knie in den Bauch und er sackte nach hinten. Sie ergriff das Messer fester und wirbelte zu den anderen herum.

      Der eine rannte die wenigen Schritte auf sie zu und wollte ihr ins Gesicht schlagen, eine vollkommen bescheuerte Taktik, wie Melanie fand. Sie packte seine Faust, zog ihn an sich und warf gleichzeitig den Kopf nach vorne – direkt unter sein Kinn. Sein Kopf wurde nach hinten geschleudert, er stieß einen erstaunten Laut aus und wurde ohnmächtig.

      Melanie nahm eine Bewegung hinter ihr wahr. Sie duckte sich, stach mit dem Messer hinter sich und befand sich plötzlich in den starken Armen des dritten Mannes. Er legte ihr den Arm um den Hals und drückte zu. Melanie schnappte nach Luft und schleuderte ihren Kopf zurück. Der Mann wich aus. Sie holte mit dem Ellbogen aus und drückte ihn in seine Rippen. Der Griff um ihren Hals lockerte sich kurz. Genug Zeit, um das Messer in ihrer rechten Hand umzudrehen und in sein Bein zu stecken.

      Der Mann jaulte auf und ließ sie los. Melanie drehte sich schwungvoll um und schlug ihm die Faust ins Gesicht, bevor er zu Boden ging.

      Jetzt waren jedoch die nächsten Drei angekommen und umzingelten sie. Melanie sprang auf den einen zu, ritzte ihm die Brust auf und kickte in derselben Bewegung dem Danebenstehenden ihren Absatz zwischen die Beine. In Kauerhaltung sah Melanie zu dem dritten Mann, ohne zu bemerken, dass einer der ersten wieder zur Besinnung kam. Der Mann holte aus, wollte nach ihr treten, doch Melanie warf sich nach hinten, rollte sich ab und griff nach seinen beiden Händen. Sie zog seinen Körper zu sich heran und wollte ihm zwischen die Beine kicken. Er wich ihr aus, drehte sich weg und verdrehte sich selbst die Arme. Melanie verkniff sich ein Lachen und riss stärker an den Armen, um sie dann urplötzlich loszulassen. Stolpernd hielt er sich an ihr fest und sie gingen beide zu Boden. Melanie befreite ihren Arm aus seiner Umklammerung und verletzte ihn mit dem Messer an der Schulter. Er stöhnte und ließ sie los. Sie sprang auf, sah den Typen hinter ihr zu spät und rannte direkt in seine ihr auf Magenhöhe entgegengestreckte Faust hinein. Während sie sich krümmte, nutzte der Typ den Moment, um sie nach hinten zu stoßen. Sie stolperte und fiel auf den Hintern. Er trat nach ihr und voller Schrecken registrierte sie, dass drei weitere langsam zu Besinnung kamen. Sie wich seinem nächsten Tritt aus, rollte sich über die Schulter ab und kickte ihm dabei zwischen die Beine. Rasch sprang sie hoch, stellte ihm ein Bein und stieß ihn darüber zu Boden. Doch sie merkte nicht, dass ein anderer Angreifer von hinten auf sie zukam; auf einmal spürte sie die Arme um ihren Bauch, die sie festhielten. Sie trat um sich, versuchte, ihn mit dem Messer zu erwischen, doch er wich gekonnt aus. Sie drängte ihn zurück, spürte, wie er an der Wand ankam und drückte dagegen. Dann warf sie den Kopf nach hinten und er ließ sie schlaff los. Sie ließ von ihm ab, rannte auf einen anderen Mann zu, der gerade aufstand, riss ihn an der Schulter herum und warf ihn über die Hüfte. Er schlug drei Meter weiter weg auf dem Boden auf und rührte sich nicht mehr.

      Jemand stand vor ihr, schon wieder einer der Typen. Des Kampfes müde versetzte sie ihm einen sauberen Kinnhaken und er sackte zusammen. Zum Glück konnte sie besser boxen als diese Jungs.

      Jemand stahl ihr das Messer aus der Hand. Melanie fluchte, drehte sich um, kickte dem Typen zwischen die Beine und das Messer flog in hohem Bogen durch die Luft. Links von ihr regte sich ein Junge, der bald wieder erwachen würde, und Melanie rannte schnell in die entgegengesetzte Richtung davon. Da flog ein Messer von vorne direkt auf sie zu. Einer der Angreifer war wieder zu sich gekommen und hatte es aufgefangen, doch jetzt wirbelte es auf Melanies Schulter zu und sie wich zu langsam aus. Das Messer stach in ihre Schulter und ein brennender Schmerz schoss durch ihren rechten Arm. Sie spürte Blut aus der Wunde sickern und kniff vor Schmerz kurz die Augen zusammen.

      „Jetzt nicht aufgeben!“, ermahnte sie sich selbst.

      Doch sie rannte immer langsamer und die Schritte des Typen hinter ihr wurden immer schneller. Sie machte einen rechten Haken in einen Schatten hinein und ließ ihn hastig dunkler werden. Der Junge war einen Moment lang abgelenkt.

      Plötzlich sah sie eine hektische Bewegung neben sich. Wie aus dem Nichts rannte ein großer Junge auf ihren Angreifer zu, schlug ihm die Faust ins Gesicht und riss ihn mit einer überraschenden Eleganz zu Boden. Dann drehte er sich um und starrte direkt in den Schatten, in dem Melanie stand. Sie verschmolz mit der Dunkelheit und befahl ihr, dass sie sie verstecken sollte. Sie wusste nicht recht, ob sie ihm vertrauen konnte, schließlich war es möglich, dass er bloß so tat, als würde er ihr helfen.

      Sie betrachtete den Jungen genauer. Er hatte schokoladenbraune Haut und süße schwarze Zapfenlocken. Er trug ein Muskel-Shirt, welches die Sicht auf ausgesprochen gut trainierte Muskeln freigab. Vom Aussehen her könnte er Latino sein und Melanie schätzte, dass er etwa zehn Zentimeter größer war als sie.

      Jetzt kam er langsam näher an sie heran. Seine tiefe Stimme klang leicht belustigt, als er sie ansprach. „Keine Angst, ich tu dir nichts.“

      Melanie war sich nicht ganz sicher, ob er einen Akzent hatte, jedenfalls rollte er das R von dir. Von der Körperhaltung her wirkte er aber nicht bedrohlich, weshalb sie den Schatten


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