Mallorquinische Leiche zum Frühstück. Susan Carner

Mallorquinische Leiche zum Frühstück - Susan Carner


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Nachnamen und dem interessanten Vornamen kommt.« Er zwinkerte ihr dabei mit seinen wunderschönen Bernsteinaugen zu, sie verliebte sich auf der Stelle in die feinen Fältchen, die die Augenpartie beim Lächeln umgaben.

      »Ja, mein Name«, seufzte sie, »Fluch und Segen zugleich.« Und erzählte die Geschichte ihrer Abstammung und warum sie diesen besonderen Vornamen trug.

      »Einer schönen Frau ein schöner Vorname. Ihr Vater hat gut gewählt«, lächelte er sie warm an.

      Sie musste ihre Augen abwenden. Dieser Mann wird doch nicht mit mir flirten?, überlegte sie. Mit der ermittelnden Polizistin? Aber er wusste nicht, dass sie schon mal wegen Mordes ermittelten. Für ihn war es bisher einfach ein Unfall. Ein tragischer Unfall.

      Trotzdem hatte er sich seit heute Morgen stark verändert. Die Nervosität und Unsicherheit waren gänzlich von ihm abgefallen. Er hatte sich gefangen und im Griff. Doch sie verlor sich allmählich ...

      »Und warum sind Sie ausgerechnet Polizistin geworden?«

      »Warum nicht?«, antwortete sie schnippisch. Immer diese unvermeidliche Frage. Wie hatte sie es satt. Aber wenigsten hat er nicht wie all die anderen gemeint, eine so hübsche Frau und Polizistin ...

      »Entschuldigen Sie, ich wollte Ihnen nicht zu nahe treten. Aber die Berufswahl sagt auch viel über Menschen aus. Ich denke, dass Ihr Beruf sehr interessant ist, denn Sie lernen dabei die unterschiedlichsten Menschentypen kennen. Und wahrscheinlich nicht immer nur sympathische.«

      »Das hängt davon ab. Ich habe schon charmante Mörder hinter Gitter gebracht, die dachten, sie können mich mit ihrem Charme einwickeln.« Wie kam sie nur auf diese Antwort? Wollte sie ihm zeigen, dass er es erst gar nicht bei ihr versuchen sollte? Mercédès fühlte sich völlig verwirrt. Auch durch den Alkohol. Sangria und jetzt bereits das zweite Glas Wein auf praktisch nüchternen Magen, das konnte nicht funktionieren. Gott sei Dank wurde in dem Moment der erste Gang serviert. Das knusprige Weißbrot hatte sie längst ganz alleine verzehrt.

      Werner Hoffmann bedeutete der Kellnerin, dass sie das Körbchen auffüllen sollte. Dabei fiel ihr seine Hand auf. Sie starrte auf diese. Fühlte ein eigenartiges Kribbeln. Warum machte sie seine Hand nervös? Eine sehr schön geformte Hand, philosophierte sie. Schlank mit langen Fingern. Und ohne Trauring.

      »Dann hatten diese Typen keine Menschenkenntnis. Ich schätze Sie überaus geradlinig ein. Sie kämpfen für die Gerechtigkeit, daher sind Sie Polizistin geworden. Aber warum nicht Anwältin oder Richterin?«

      Woher wusste er, dass sie zwischen den Berufen geschwankt hatte? War sie so leicht zu durchschauen?

      »Mein Vater war Polizist. Und als er uns so früh verlassen hatte, da dachte ich einfach, um ihm nahe sein zu können, trete ich in seine Fußstapfen ...«

      Eine Weile aßen sie schweigend, Mercédès fühlte wieder Boden unter den Füßen. Sie liebte Tapas, und diese Auswahl mundete hervorragend. Ihr absoluter Favorit waren Datteln im Speckmantel und sie wurde gewahr, dass nur sie von diesen gegessen hatte. Mochte Werner Hoffmann keine oder hatte er aus Höflichkeit alle an sie abgetreten? Weil sie sich so darauf gestürzt hatte? Sie beschloss, sich ein wenig zurückzunehmen, knabberte an einigen gebratenen Pimientos de Padrón, griff sich eine Garnele im Knoblauchöl, probierte noch ein köstliches Albóndigas. Die Hackfleischbällchen in Tomatensauce erinnerten sie an das deutsche zu Hause, an München und die Fleischpflanzerl. Auch wenn diese nicht in Tomatensauce serviert wurden. Mit einigen Papas arrugadas, den berühmten Kartoffeln mit Salzkruste, fühlte sie sich nun fürs Erste gesättigt.

      Als er ihr erneut Wein nachschenken wollte, hielt sie ihre Hand über das Glas. »Ich muss noch fahren«, wehrte sie ab. Er akzeptierte ohne Einwand. Auch das gefiel ihr. Denn meistens wurde versucht, sie doch noch zu einem weiteren Glas zu überreden.

      »Wasser?«, fragte er stattdessen.

      Sie nickte dankbar.

      »Und Sie? War Ihr Kindheitstraum Hotelmanager auf Mallorca zu werden?«

      »Nein. Ich wollte Löwendompteur werden.«

      »Löwendompteur?«, fragte sie perplex nach.

      »Löwendompteur!« Und beide prusteten zur selben Zeit los.

      »Wie das?« Es interessierte sie. Der Mann interessierte sie.

      »Ich war als Kind fast täglich im Schönbrunner Zoo, verliebt in die Löwen. Und habe mir vorgestellt, wie ich bei ihnen im Käfig stehe und sie dazu bringe, durch Reifen zu springen.«

      »Und warum ist daraus nichts geworden?«, schmunzelte sie.

      »Weil die Liebe nachgelassen hat und die Angst gewachsen ist«, lachte er.

      Sie stimmte ein. »Dafür zähmen Sie jetzt Ihre Gäste.«

      »Wenn das so einfach wäre ...«, seufzte er und blickte zu den Fichtelhubers.

      »Kann ich mir gut vorstellen, dass es nicht immer leicht ist. Manche Menschen stellen eine Herausforderung dar. Wie war Sabrina Schneider so?«

      »Wollen wir jetzt über den Beruf sprechen oder ihn mal außen vorlassen und uns amüsieren?«

      Wich er ihr aus oder wollte er wirklich nur abschalten?

      Sie lächelte ihn hintergründig an. »Amüsieren hört sich gut an«, und hielt ihm ihr Weinglas doch wieder hin. Dieses hervorragende Wolfsbarschfilet auf Tomatenrisotto mit Olivennage verdiente einen guten Wein und nicht das einfache Wasser, dachte Mercédès. Verträumt beobachtete sie ihn beim Nachschenken des Rotweins.

      Amüsiert zog er eine Augenbraue fragend in die Höhe.

      Lächelnd erklärte sie: »Ich musste gerade an einen Sommerurlaub mit meinen Eltern in Südfrankreich denken. Mein Vater hat in einem eleganten Restaurant in Menton Fisch bestellt, dazu Rotwein, weil meine Eltern nicht gerne Weißwein tranken. Daraufhin meinte der Kellner ausgesprochen höflich: ›Monsieur, Fisch verlangt Weißwein!‹« Dabei imitierte sie den etwas überheblichen Gesichtsausdruck und die leicht näselnde Stimme des Kellners.

      Hoffmann brach in schallendes Gelächter aus, was die Aufmerksamkeit Rosie Fichtelhubers nach sich zog. »Ja, das hab ich in der Tourismusschule Kleßheim auch noch gelernt. Aber Gott sei Dank sind die Regeln nicht mehr so streng.« Erhob sein Glas und prostete ihr zu.

      Im Hintergrund erklang This is My Song, eine alte Aufnahme von Petula Clark, und obwohl das keines von Mercédès Lieblingsliedern war, ergriff sie eine eigenartige Stimmung. Warum war ihr Herz plötzlich so leicht?, fragte sich nicht nur Petula Clark.

      »Wie lange leben Sie bereits in Spanien?«, nahm er das Gespräch nach ein paar Minuten Schweigen mit einem Räuspern wieder auf. Gespannte Augen trafen sie.

      Hatte er die knisternde Atmosphäre ebenso empfunden?, überlegte Mercédès.

      »Ich war sechzehn, als wir München verlassen haben. Also eine ganze Weile«, schmunzelte sie. Sollte er doch raten, wie alt sie war. Sie musste ihm ja nicht auf die Nase binden, dass sie jetzt schon die gleiche Anzahl von Jahren in Spanien lebte wie damals in München.

      »Haben Sie München nie vermisst?«

      »Am Anfang. Aber es war ja mein Vater, der das Bayrische ausgemacht hat. Meine Mutter hat sich dort ohnedies nie wohlgefühlt und so war es naheliegend, nach seinem Tod nach Spanien zurückzukehren. Und wenn ich ehrlich bin, fühle ich mich mehr als Spanierin denn als Deutsche, obwohl ich deutsche Staatsbürgerin bin.«

      »Warum nicht beides?«, fragte er überrascht.

      »Weil ich mich noch entscheiden musste ... erst seit 2014 dürfen Kinder mit einem ausländischen Elternteil in Deutschland die Staatsangehörigkeit des anderen Elternteils behalten.«

      »Und warum haben Sie sich für die Deutsche entschieden?«

      »Sie sind aber neugierig, das klingt ja fast wie ein Verhör«, wies sie ihn leicht tadelnd zurück.

      »So war das nicht gemeint.


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