Mallorquinische Leiche zum Frühstück. Susan Carner

Mallorquinische Leiche zum Frühstück - Susan Carner


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die erste Leidenschaft herhalten musste.

      Sie war nun das fünfte Mal bei ihnen abgestiegen, und nichts hatte sich am Begrüßungszeremoniell geändert. Auch fand sich nach wie vor jeden Tag eine Gelegenheit, ihrer Leidenschaft nachzugehen. Und nach wie vor war er süchtig nach ihr. Erst heute Morgen hatten sie in diesem Bett da … Sein Blick wanderte Richtung Schlafzimmer.

      »Ist Ihnen nicht gut?«, fragte Mercédès, da Hoffmann geistesabwesend wirkte. Sie registrierte, wie er zusammenzuckte und sich ihrer anscheinend erst wieder besinnen musste. »Sie sehen plötzlich so bleich aus.«

      »Alles in Ordnung. Es ... es hat mich nur etwas mitgenommen. Wir hatten noch nie eine Tote bei uns im Resort«, meinte er entschuldigend.

      Mercédès glaubte ihm nicht, irgendetwas ging in dem Mann vor. Sie konnte seine Verzweiflung direkt fühlen. »Laut Aussage einer Zeugin hatten Sie ein Auge auf die Verstorbene geworfen?«, fragte sie beiläufig.

      »Ein Auge auf ...? Wer sagt denn so was?«, erkundigte er sich verstört. Er war überzeugt, dass sie diskret vorgegangen waren. Wobei, wenn er an gestern Nachmittag dachte … da hatten sie alle Vorsicht außer Acht gelassen und sich hinter dem Resort auf den Klippen unter freiem Himmel geliebt. Aber er hatte sich vorher vergewissert, da war niemand gewesen, der sie hätte beobachten können.

      Mercédès ließ ihn nicht aus den Augen. Sie hatte eine wunde Stelle getroffen, das spürte sie. »Sie mochten Frau Schneider, richtig?«, stellte sie sachlich fest.

      »›Mochten‹ ist nicht der passende Ausdruck«, antwortete er nach einer kleinen Weile. »Ich bewunderte sie für ihren Mut. Wie offen sie mit ihrer schriftstellerischen Tätigkeit umgegangen ist. Bei dem Thema nicht immer leicht.«

      »Warum nicht?«, wunderte sich Mercédès.

      »Weil es Männer gab, die dachten, sie lebe so, wie sie es in ihren Büchern beschrieb. Sie wurde öfter bedrängt.«

      »Hat Frau Schneider Ihnen das erzählt?«

      »Ja, manchmal beklagte sie sich darüber. Deshalb kam sie so gerne zu uns. Sie meinte immer, hier seien lauter alte Ehepaare, da wolle keiner was von ihr.« Er lachte angestrengt.

      »Sind Sie sicher, dass keiner etwas von ihr wollte?«, fragte sie gespannt nach. Du zum Beispiel?, überlegte sie.

      »Die Leute tratschten zwar über sie, aber das war es auch schon. Ich habe zumindest niemanden beobachtet, der ihr zu nahe getreten ist. Außer ...«, unterbrach er sich grübelnd.

      »Außer?«

      »Außer dem jungen Mann, der vor ein paar Tagen auf 115 eingezogen ist. Ich bin mir nicht sicher, aber angeblich war er ihr Geliebter.«

      Er wusste, dass es so war. Er hatte sie gestern mit dem Kerl im Bett erwischt. Sie war fürchterlich wütend geworden, dass er mit seinem Zentralschlüssel einfach ihre Tür aufgesperrt hatte, als sie auf sein Klopfen nicht geöffnet hatte. Es hatte ihn wie ein Faustschlag im Magen getroffen, als er den Burschen über ihr knien gesehen hatte und aus ihrem Mund das gleiche Stöhnen gekommen war wie wenn er …

      Fluchtartig hatte er das Apartment verlassen. Wütend auf sie. Aber mehr noch auf sich. Warum konnte er die Finger nicht von ihr lassen? Seine Umgebung war bereits misstrauisch, für ihn stand alles auf dem Spiel. Wenn jemand erfuhr, dass er seit Jahren mit einem Gast …

      Er hatte sich vorgenommen, die Affäre zu beenden, als er aufgelöst in seinem Büro saß und die Szene aus dem Apartment Revue passieren ließ. Er musste sich von ihr lösen, sonst stürzte sie ihn ins Verderben. Da sah er sie über die Treppen zur Bar Luna 81 hinaufsteigen, und er war ihr gefolgt. Sie hatte das Resortgelände hinter den letzten Häusern Richtung offenem Pinienwald verlassen und sich auf den ovalen Tisch gesetzt, der hoch über den Klippen für Picknicks bereitstand mit einem traumhaften Ausblick auf das Meer.

      Leise war er hinter sie getreten, hatte die Hände um ihren Hals gelegt. »Ich könnte dich jetzt töten!«, und seine Stimme hatte rau geklungen.

      »Das tust du aber nicht, viel lieber vögelst du mich«, hatte sie lachend geantwortet. Und anstatt sich von ihr zu trennen, hatte er sie auf diesem Tischchen geliebt, auf dem sonst Coladosen, Bier oder Weinflaschen standen. Sie war so leidenschaftlich gewesen, hatte ihn in einen totalen Rausch versetzt. Da wusste er, dass er nicht mehr von ihr loskommen würde.

      »Morgen vor dem Schwimmen?«, hatte sie ihm nachgerufen, als er trunken vor Leidenschaft von ihr gelassen und in sein Büro gelaufen war, um sich zu beruhigen. Doch ihr Lachen verfolgte ihn. Sie wusste, dass er wieder antanzen würde. Und er hatte es kaum erwarten können. Und jetzt, jetzt war sie tot. Nie mehr würde er ihre Stimme hören, wenn sie verführerisch flüsterte ›Komm doch‹, und ihren hingebungsvollen Körper spüren.

      »Herr Hoffmann? Hören Sie mich?«, drängte ein Geräusch laut und deutlich an sein Ohr.

      »Äh, was haben Sie mich soeben gefragt?«, sagte Werner Hoffmann entschuldigend.

      »Ich wollte wissen, wie der junge Mann heißt.« Verwundert blickte Mercédès auf den Manager. Er war verstört. Eindeutig. Und so, wie er sich über die Augen fuhr, wollte er Erinnerungen aus seinem Gedächtnis löschen. Hatte es mit der Toten zu tun?

      »Ah, da müsste ich nachschauen. Bei über 170 belegten Apartments kann ich mir nicht alle Namen merken. Er ist außerdem das erste Mal bei uns.« Jens Meinfeldt war sein Name, Maler, der auf Kosten von Sabrina gelebt hatte. Aber das sollte die Kommissarin selbst herausfinden. »Wollen wir in mein Büro gehen? Da kann ich dann gleich nach dem Namen des Gastes sehen.«

      »Haben Sie nicht gestern Abend mit ihm und Frau Schneider gefeiert? Da sollten Sie doch seinen Namen kennen ...«

      Hoffmann war bleich geworden. »Woher wissen Sie ...«

      »Herr Hoffmann, denken Sie wirklich, in einem Resort wie diesem bleibt geheim, wenn Sie mit einer schönen Frau und einem jungen Mann, die die Aufmerksamkeit der Gäste auf sich ziehen, zu Abend essen?«, fragte sie spöttisch.

      »Ich hatte Frau Schneider zu ihrem fünfjährigen Jubiläum zu einem Abendessen in unserem Restaurant Tentación eingeladen. Herr Meinfeldt, Jens Meinfeldt, begleitete uns. Sabrina war nicht begeistert davon.«

      »Sabrina?«, lächelte Mercédès unschuldig.

      Er hätte sich auf die Zunge beißen mögen. »Ja, so nannte ich sie, wenn wir alleine waren. Schließlich war sie seit fünf Jahren Gast in unserem Haus.« Er musterte Mercédès kühl.

      »Und Frau Fichtelhuber nennen Sie Rosie? Wenn ich das richtig verstanden habe, kommt sie bereits mehr als zehn Jahre mit ihrem Mann hierher«, grinste Mercédès.

      Er antwortete nicht.

      »Warum war Frau Schneider nicht begeistert?«

      »Das weiß ich nicht genau. So gut kannten wir uns dann auch nicht, dass sie mir persönliche Dinge anvertraut hätte. Da müssen Sie Herrn Meinfeldt schon selbst danach fragen.«

      Kühl und distanziert blickte er auf sie herab.

      Ich kauf dir deine Unwissenheit nicht ab, sagte sich Mercédès. Du spielst hier nur den taffen Manager, innerlich bist du bis ins Tiefste getroffen. Und sie empfand so etwas wie Mitleid mit Hoffmann. Sympathie, denn er war genau der Typ Mann, bei dem sie schwach werden konnte. Selbstsicheres Auftreten, Kompetenz ausstrahlend, aber trotzdem verletzlich. Am meisten faszinierte sie allerdings, dass er sein gutes Aussehen einfach hinnahm und nicht damit kokettierte oder angab. Es einsetzte, um andere zu beeindrucken. So verloren, wie er dastand, hätte sie ihn am liebsten in die Arme genommen und getröstet.

      »Gut. Dann werde ich das tun. Hier kann ich im Moment nichts mehr ausrichten. Außer abwarten, was die Spurensicherung herausgefunden hat.« Und sie ließ ihre Augen noch einmal durch das Apartment schweifen, aber es fiel ihr nichts auf, was sie weitergebracht hätte. Stirnrunzelnd betrachtete sie das Schlafzimmer. Irgendetwas war da, aber sie konnte es nicht greifen. Sie wandte sich um, als sie einen zufriedenen Ausdruck in Hoffmans Gesicht ausmachte.

      Der


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