Die Aussenseiter und die Rache des Poltergeists. Nicole Fünfstück

Die Aussenseiter und die Rache des Poltergeists - Nicole Fünfstück


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die Dämonen zeigen, ohne die Körper der betreffenden Menschen zu verlassen. Die Wächterin muss einen Durchsichtigkeitstrank brauen (siehe: „Hilfreiche Tränke und wie man sie braut“ Teil 1, 1. Regal links, 4. Brett, Seite 20 und folgende) und ihn dann trinken. Binnen kurzer Zeit wird sich das Ergebnis offenbaren. Sie wird bei Menschen, die von dämonischen Kreaturen besessen sind, die Pupillen neongrün aufleuchten und anschließend für ein paar Sekunden die Art des Wesens sehen. Bei Menschen, die Kontakt mit dämonischen Kreaturen hatten oder von diesen heimgesucht werden (Zum Beispiel: Poltergeister, Kobolde etc.), befinden sich neongrüne Flecken auf Stirn, Nase und Handrücken, die an Sommersprossen erinnern. Je mehr Flecken ein Mensch hat, desto intensiver war oder ist der Kontakt mit dem Wesen.« Er machte eine Pause, zog den Karteikasten zu sich, zog eine Karte mit der Aufschrift „Allgemein“ und fragte: »Da frage ich mich doch, ob die Helfer der Wächterin den Trank auch trinken können. Es wäre nämlich durchaus hilfreich, wenn auch wir die Wesen sehen könnten.«

      Die Antwort kam prompt. Ich beugte mich nach vorne, um sie besser lesen zu können: »Der Trank ist einzig und allein für die Wächterin gedacht, denn das latente Gen der Helfer kann den potentiell giftigen Trank nicht umwandeln und er wäre für sie tödlich. Es ist auch völlig unnötig, dass die Helfer ihn trinken, denn sie sind mit der Wächterin verbunden und sobald diese ein Wesen oder seine Spuren wahrnehmen kann, können sie es auch.«

      »Ehm.« Jo sah mich stirnrunzelnd an. »Potenziell giftig und den sollst du trinken?«

      »Bist du sicher, dass es für dich wirklich ungefährlich ist, Christina?«, erkundigte sich Noah gleichzeitig. »Du bist noch nicht lange Wächterin, dein Gen ist vielleicht noch nicht ganz aktiviert.«

      »Ich schätze, seit ich meine innere Wächterin hören kann, ist das Gen voll funktionsfähig«, entgegnete ich. »Außerdem ist es momentan die einzige Möglichkeit, dunkle Wesen aufzuspüren und wie wir wissen, ist damals beim Gewitter etwas angekommen.«

      »Und wenn nicht?«, erkundigte sich Jo. »Ich meine, es ist lange her und nichts ist passiert. Vielleicht ist ja gar nichts angekommen.«

      »Nicht jedes dunkle Wesen will auffallen«, erinnerte ich ihn. »Viele sind hier, um Luzifer zu unterstützen, den letzten Kampf zwischen Gut und Böse vorzubereiten.«

      »Dann hole ich mal das Buch über die nützlichen Tränke.« Noah erhob sich. Er kam gerade damit zurück zum Tisch, als sich die Tür öffnete und Mathilde den Kopf hereinsteckte.

      »Du solltest nach vorne kommen, Jo, deine Mutter ist gerade in den Vorgarten getreten.«

      Jo erhob sich eilig und ich reichte ihm seine Krücken. »Damit bist du gerade noch darum herumgekommen, Gift zu trinken«, sagte er und fügte unsicher hinzu: »Ihr fangt doch nicht ohne mich an, oder?«

      »Auf keinen Fall.« Ich schüttelte den Kopf. »Aber es wäre hilfreich, wenn wir morgen weitermachen könnten. Meinst du, das kriegst du hin?«

      »Definitiv«, sagte Jo überzeugt. »Allerdings sollte sie euch vorerst nicht sehen.«

      Wir verließen den Raum. Während Jo sich auf den Weg zum Verkaufstresen machte, verschloss ich die Tür zum Raum der Bücher, indem ich dreimal gegen das Metallschloss klopfte. Ich hörte, wie sich verschiedene Riegel vorschoben und metallene Zähne klickten, ohne sie sehen zu können. Obwohl ich dies schon häufig getan hatte, fand ich es immer noch faszinierend. Ich lächelte Noah zu und zeigte mit dem Kopf in die Richtung, in der ich die Ladentür vermutete. Noah sah mich ratlos an, nickte dann aber und wir machten uns auf den Weg. Wir mussten in die richtige Richtung gegangen sein, denn plötzlich konnte ich Jo hören. Er sprach mit sich vor Begeisterung fast überschlagender Stimme: »Mama, dieser Laden ist der Hit. Du glaubst nicht, was es hier alles an Büchern gibt, und ich habe heute nur mit den Sachbüchern über unsere Stadt angefangen. Wusstest du, dass wir nach dem Krieg fast Landeshauptstadt geworden wären und nur knapp gegen Bonn verloren haben? Und dass wir mal Königssitz waren? Stell dir vor, was ich hier noch alles lernen und entdecken kann, wenn ich mehr Zeit habe. Bitte, Mama, kann ich morgen wiederkommen? Mathilde kann wirklich Hilfe gebrauchen. Außerdem könnte ich nach dem Ordnen noch ein bisschen schmökern. Mathilde hat nichts dagegen. Bitte, Mama!«

      »Es wäre wirklich schön, wenn Ihr Sohn öfter käme«, hörte ich Mathilde ruhig sagen. »Hier ist so viel zu tun, dass ich nicht weiß, wo ich anfangen soll, und seine Gesellschaft macht mir Freude.«

      Für einen Moment herrschte Schweigen, dann sagte Jo: »Du kannst mich herfahren und wieder abholen, ich esse mittags auch zu Hause, wenn du es möchtest. Bitte!«

      Ich hörte, wie Frau Dräxler tief Luft holte. »Dienstags, mittwochs und donnerstags, sonst hast du nicht genug Zeit, um für die Schule zu lernen. Ich fahre dich hin und hole dich ab«, sagte sie schließlich. »Wenn ich sehe, dass es deine schulischen Leistungen nicht beeinträchtigt, sprechen wir erneut darüber! Und nun komm, dein Vater kommt gleich nach Hause und wir wollen zusammen zu Abend essen.«

      »Danke, Mama«, sagte Jo inbrünstig und dann etwas lauter als nötig, »bis morgen um 14:00 Uhr, Mathilde.«

      »Bis morgen, Jo«, erwiderte Mathilde freundlich.

      Ich hörte, wie die Tür sich öffnete, das Glöckchen bimmelte und die Tür wieder zufiel. Dann erst drehte ich mich zu Noah.

      »High five auf Jo.« Noah hob die Hand. Ich klatschte ab und wir gingen nach vorne zu Mathilde.

      »Jo und Sie sind ein unschlagbares Team«, sagte ich lachend. »Wir sehen uns morgen!«

      »Bis morgen, ihr zwei«, erwiderte Mathilde und zwinkerte mir zu.

       Kapitel 5• Kleinere und größere grüne Punkte

      Als ich vor Kälte bibbernd nach Hause kam, stieg meine Mutter gerade aus dem Auto. Sie sah mich mit gerunzelter Stirn an.

      »Hallo, Mama«, begrüßte ich sie, bevor sie etwas sagen konnte. »Du wirst es nicht glauben! Ich hatte dir doch erzählt, dass Jo Sozialdienst schiebt. Du rätst nie, wo er gelandet ist. In dem Buchladen, in dem wir den Sommer verbracht haben, um für unser Referat zu recherchieren! Er soll dort helfen, die Bücher zu sortieren und zu katalogisieren.« Ich strahlte sie an.

      »Er katalogisiert Bücher in einem Buchladen?«, fragte meine Mutter, mit immer noch gerunzelter Stirn.

      »Wir katalogisieren sie«, erklärte ich. »Zumindest dann, wenn ich zwischen den Tennistrainings Zeit habe, werde ich ihm helfen. Du glaubst nicht, wie interessant das ist. Wir haben heute mit der Sachbuchabteilung über unsere Stadt und Region angefangen. Wusstest du, dass wir nach dem Krieg fast Landeshauptstadt geworden wären? Das könnte meine Geschichtsnote echt aufpeppen. Ich meine, für das Referat über das Thorstensen Haus haben wir ja auch eine Eins bekommen!« Insgeheim dankte ich Jo für die Info über unsere Stadt.

      »Wie oft hat Jo denn vor, dort zu arbeiten?«, erkundigte sich meine Mutter und rieb sich die Hände, während wir auf den Hauseingang zugingen. Anscheinend war ich nicht die Einzige, die fror.

      »Frau Dräxler hat zugestimmt, dass er dienstags, mittwochs und donnerstags in den Buchladen darf«, antwortete ich wahrheitsgemäß. »Ich denke allerdings, dass ich dienstags und donnerstags nur kurz reinschauen kann, denn das sind die Tage, an denen das Tennisteam trainiert, ebenso wie die Fußballmannschaft, in der Noah ist. Übrigens hat Herr Dr. Katzhausen mich offiziell in der Klasse gefragt, ob ich ins Tennisteam eintreten möchte. Sylvia von Kastanienburg hatte einen schweren Unfall und fällt bis auf Weiteres aus.«

      »Sylvia hatte einen Unfall?«, erkundigte sich meine Mutter, »das wusste ich nicht. Das erklärt, warum Wolfgang, ich meine, Herr von Kastanienburg, heute so durcheinander war und nur kurz im Museum vorbeigeschaut hat.«

      »Wolfgang?«, erkundigte ich mich. »Ihr duzt euch?« Die Vorstellung gefiel mir irgendwie gar nicht.

      Meine Mutter kramte nach dem Hausschlüssel und sagte: »Wir duzen uns alle im Museum. Außerdem ist er ein sehr netter Kerl. Völlig natürlich und überhaupt nicht überkandidelt.«

      »Ja«,


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