Lavanda. Isabella Kniest

Lavanda - Isabella Kniest


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war Lilian unmöglich zu sagen, ob er eben rot anlief vor Zorn, oder wie sein Gesichtsausdruck im Speziellen anmutete, auf jeden Fall entstand in ihm das enorme Verlangen, diese garstige, verlogene, hinterfotzige Frau aus dem Fenster zu werfen.

      »Wir wissen beide«, entgegnete Lilian kühl. »Wer von uns lügt, betrügt und seinen Mitmenschen das Leben zur Hölle macht.«

      »Was?!« Schien Sabrina zuvor noch angewidert-erhaben, erweckte sie nun den Eindruck, ihn zerstückeln und entmannen sowie darauffolgend bei lebendigem Leibe verbrennen zu wollen. »Was erlaubst du dir eigentlich?! Nach all den Jahren unserer Ehe behandelst du mich wie den allerletzten Dreck!«

      Ihr Gekeife schmerzte ihm in den Ohren – doch Gott sei Dank nicht mehr in der Seele. Dafür war diese schlichtweg nicht mehr lebenskräftig genug.

      Lilian wollte etwas einwerfen, der ergraute Scheidungsrichter namens Kornhammer, welcher bis eben noch still hinter seinem Mahagonitisch gesessen hatte, hielt ihn davon ab, indem sich dieser ausgesprochen würdevoll, autoritär, aber vor allem maßregelnd erhob. Verstärkt wurde dieser Eindruck durch des Mannes immense Körperfülle.

      »Ich bitte die Herrschaften, sich zu beruhigen.« Erbost blickte er zuerst zu Sabrina und anschließend zu Lilian. »Achten Sie auf Ihren Ton und gebieten Sie Ihren Emotionen ein wenig Einhalt.« Sachtes Verständnis auf seinen schmalen Lippen verdrängte etwas von der anfänglichen Missstimmung. »Ich verstehe es ganz und gar, dass diese Situation belastend und verletzend für einen jeden von Ihnen beiden sein muss. Nichtsdestotrotz sind wir erwachsene Menschen. Sie waren fünf Jahre lang ein Liebespaar. Denken Sie daran zurück und besinnen Sie sich auf Vernunft und Anstand.«

      Lilian begriff es nicht.

      Weshalb wurde andauernd in seiner Gegenwart auf ein erwachsenes Verhalten plädiert? Weshalb wurde er strafend angeblickt? Er hatte nichts verbrochen und sich nicht wie eine Furie verhalten! Wenn überhaupt traf all dies auf Sabrina zu!

      »Nehmen Sie bitte Platz.« Der Richter deutete auf vier vor dem protzigen Bürotisch aufgereihte verschnörkelte Vollholzstühle, deren gepolsterte Sitzflächen mit rotem Samt überzogen worden waren.

      Sie taten wie verlangt.

      »Herr Lilian Gruber-Steiner.« Herr Kornhammer faltete die aufgedunsenen Hände und legte diese entspannt auf das Tischblatt. »Sie traten zu mir heran, um Ihre Ehe mit Frau Sabrina Gruber-Steiner aufzulösen.«

      Lilians Herzschlag beschleunigte sich enorm. »Das ist korrekt.«

      »Ihre Frau dagegen hat mir in einem vertraulichen Gespräch von diesem plötzlichen, unverständlichen Wunsch Ihrerseits berichtet.« Der Augenausdruck des Richters wurde schneidend, wütend. »Und nicht zuletzt, wie sehr diese Entscheidung Frau Gruber-Steiner erschüttert.«

      Lilian kam beinahe die Galle hoch.

      Es war typisch.

      Sabrina gelang es stets, Männer um ihren kleinen verkrümmten Finger zu wickeln – vorzugsweise alternde Typen, welche knackigen Frauen gerne einmal auf den Hintern fassen wollten.

      Offenbar war auch Herr Kornhammer auf Sabrinas zuckersüße, einlullende Masche der betrogenen, hintergangenen Ehefrau hereingefallen, womit Lilians Chancen, heil aus dieser Ehehölle zu entkommen, nahezu auf null gesunken waren.

      Machen Sie sich nichts draus, Herr Kornhammer, dachte Lilian. Sie sind nicht der Erste, welcher sich von dieser Drecksfotze manipulieren lässt.

      Da gab es einmal Lilians Ärzteschar bestehend aus Hausarzt, Zahnarzt, Therapeut, dann seine ehemaligen Arbeitskollegen, seine Ex-Nachbarn und sein einstiger Freundeskreis …

      Wie Sie sehen, befinden Sie sich in guter Gesellschaft.

      Lilian richtete sich gerader auf und sammelte seine letzten noch verbliebenen Nerven zusammen. »Meine Frau weiß seit Längerem darüber Bescheid.«

      Der Richter stutzte und drehte sich dieser vermaledeiten Schreckschraube zu. »Ach? Wie lange ist Ihnen dieser Sachverhalt bewusst?«

      »Überhaupt nicht!«, protestierte Sabrina gekünstelt überrascht. »Keinen Moment lang habe ich davon geahnt.« Demütig neigte sie das aufgedonnerte Haupt. »Ich gebe es zu: Wir führen nicht unbedingt eine Bilderbuchehe.« Sie wandte sich Lilian zu – und flugs trat der Dämon in den Vordergrund. »Obwohl du mich nicht eben auf Händen trägst oder jemals getragen hast – solch eine hinterfotzige, verlogene, gefühlskalte Reaktion deinerseits hätte ich dir niemals zugetraut! Die ganzen Jahre habe ich dich geliebt! Ich habe mich aufgeopfert – mein Geld, meine Kontakte, meinen guten Glauben mit dir geteilt. Und auf diese abscheuliche Weise dankst du es mir? Du mieser Verräter!«

      In Lilians Magen setzte ein Brennen ein, sein Schädel begann zu pochen und seine Muskeln zu krampfen.

      Er ertrug es nicht mehr. Er ertrug diese Frau nicht mehr – keine Sekunde lang.

      »Frau Gruber-Steiner!«, drang des Richters autoritärer Bariton durch das Rauschen in Lilians Ohren. »Vorwürfe bringen uns nicht weiter. Wir sind hier, um diese Ehe vernünftig und geschlichtet zu trennen. Stimmen Sie mir in diesem Punkt zu?«

      Das Engelsgesicht überlagerte Sabrinas tiefschwarze Seele. »Selbstverständlich! Nichtsdestotrotz müssen Sie mich ebenfalls verstehen: Ich fühle mich gekränkt und hintergangen.«

      »Darum wollen wir sachlich und objektiv bleiben«, erwiderte der Herr streng und äugte zu Lilian. »Herr Gruber-Steiner, welche konkreten Gründe liegen Ihrer Meinung nach vor, um die Ehe zu Ihrer Gemahlin aufzulösen?«

      »Unüberwindbare Differenzen.«

      Des Richters Augenbrauen zogen sich tief nach unten. »Eine etwas genauere Formulierung wäre in diesem Fall äußerst wünschenswert.«

      »Die Reaktion meines Mannes zeigt deutlich, was ich Ihnen während unseres letzten Termins zu erklären versucht habe.«

      Lilians Innerstes kochte. »Dürfte ich erfahren, worüber meine Frau sich mit Ihnen unterhielt?«

      Der Richter mutete sekündlich angenervter an – und Lilian ahnte Fürchterliches.

      Sie hatte Herrn Kornhammer mit ihrem Geschwätz und den Lügen längst erfolgreich vereinnahmt und ihm jegliche Objektivität geraubt. Folglich hatte Lilian keine Chance mehr, dieses verschissene Ehebündnis ohne Abstriche aufzulösen.

      Seine Schlussfolgerung: Sabrina würde ihn ausnehmen wie eine Weihnachtsgans. Sein Leben war gelaufen.

      »All die Jahre hast du mich erniedrigt!«, setzte Letztgenannte ihren Vorwurfsmarathon fort. »Du hast mich belogen und betrogen –«

      »Du hast mich betrogen!«, platzte es aus ihm heraus. »Meine Liebe, vielleicht erinnerst du dich noch daran, du betrogst mich mit meinem besten Freund! Du missbrauchtest mein Vertrauen und meine Gutgläubigkeit, wolltest mir ein Kind unterjubeln, welches nicht einmal meines ist!« Er blickte zum Richter. »Alleine deshalb verlange ich die Scheidung! Sie hat ein Kind bekommen von meinem besten Freund! Überdies setzte Sabrina, ohne mich darüber zu informieren, die Anti-Baby-Pille ab!«

      Weshalb hatte sie das Kind nicht mitgenommen? Wahrscheinlich kümmerte ihr Nachwuchs sie einen feuchten Dreck. Und hundertprozentig hatte sie den Kindsvater bereits auf Alimente geklagt. Alles für den Mammon, natürlich – und nicht zum Wohle des Kindes.

      Herr Kornhammer weitete die Augen. »Wurde etwa ein pränataler Vaterschaftstest durchgeführt?«

      »Nein«, knurrte Lilian. »Da ich keine Kinder mehr zeugen kann, ist eine Vaterschaft meinerseits ausgeschlossen. Ein Test ist hinfällig.«

      »Können Sie sich das vorstellen!«, keifte Sabrina dazwischen. »Mein eigener Mann unterzieht sich einer Vasektomie und gibt mir nicht einmal darüber Bescheid! Bis vor Kurzem wusste ich nichts davon! Ich lebte mit der naiven Annahme, irgendwann einmal meinem Mann Kinder zu schenken!«

      Wohl eher, dachte Lilian. Mich mit Kindern stärker an dich zu binden, beziehungsweise mich finanziell gänzlich in den Ruin zu treiben.

      »Der


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