der Schatz im Acker. Hermann Brünjes

der Schatz im Acker - Hermann Brünjes


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eben.«

      »Er ist dann also in seine Wohnung gegangen. Von dort haben sie ihn gehört?«

      »Genau. Unsere Wohnzimmer grenzen an dieselbe Wand. Aber er war nur kurz hier.«

      »Was bedeutet das?«

      »Das bedeutet, dass die beiden Typen aus dem Mercedes die Treppe hinaufgepoltert sind und meinen Nachbarn angebrüllt haben.«

      »Welche Typen aus welchem Mercedes?«

      »Na, die Karre, die in den letzten zwei Wochen immer wieder auf dem Parkstreifen unten an der Straße stand, der graue, ältere Daimler.«

      »Waren das Freunde von Ihrem Nachbarn?«

      »Die sahen eher wie Gläubiger aus, wenn Sie mich schon fragen!«

      »Wieso Gläubiger?«

      »Na ja, der eine war ein Schlägertyp mit Jeansjacke und Muskeln wie Rambo. Der andere eher schmächtig mit goldener Halskette und schwarzer Wildlederjacke.«

      Nun klingelt etwas bei mir. Grauer älterer Mercedes, ein schmächtiger Mann mit Goldkette. Ob das der Typ war, der am Sonntag am Festzelt aufgetaucht ist und jemanden gesucht hat? Es wäre ein seltsamer Zufall, aber möglich.

      »Diese beiden waren also bei Herrn Bahn in der Wohnung und haben mit ihm gestritten?«

      »Das Haus ist nicht übermäßig hellhörig. Aber ich habe gehört, dass nebenan Möbel gerückt wurden oder sogar umgefallen sind und dass laute Worte fielen. Dann war es still. Kurz darauf polterten Tobias Bahn und die beiden unangenehmen Männer die Treppe hinunter, stiegen unten in den Mercedes und fuhren davon.«

      Der Alte ist ein guter Beobachter. Er hat viel Zeit, seine Umgebung zu beobachten und vermutlich nichts anderes zu tun.

      »Danke, Sie haben mir gute Hinweise gegeben. Ist Ihnen noch etwas aufgefallen?«

      »Eigentlich nicht. Vielleicht nur, dass diese beiden Typen schon irgendwann Mitte September in der Wohnung waren. Bahn war nicht da. Jedenfalls hörte ich diverse Geräusche von nebenan. Möbel wurden verschoben, Schubladen und Schranktüren klapperten, Geschirr klirrte. Die beiden kamen nach etwa einer Stunde wieder aus der Eingangstür, setzten sich in ihren Mercedes und fuhren davon.«

      »Tobias Bahn hat davon nichts gewusst?«

      »Woher, junger Mann, soll denn ich das wissen? Die beiden hatten ja wohl einen Schlüssel, wie sonst sollten sie geräuschlos hineinkommen? Bahn kam erst am späten Nachmittag zurück. Er war dann aber nur eine halbe Stunde in seiner Wohnung. Dann ist er mit dem Fahrstuhl hinuntergefahren, ich vermute bis in die Tiefgarage. Dort steht sein Auto.«

      Erstaunlich, was ein an seinen Rollstuhl gebundener alter Mann alles mitbekommt.

      »Wissen sie zufällig auch, welches Auto Ihr Nachbar fährt?«

      »Natürlich weiß ich das. Es ist ein blauer BMW, so ein überflüssiger Stadtgeländewagen mit einem X.«

      »Und können sie sich auch erinnern, wann genau das war?«

      Nun überlegt der Mann einen Moment länger.

      »Es war ein Samstag, definitiv. Meine Enkelin besucht mich da immer. Ja, es war der 18. September. Am Tag darauf, also Sonntag, muss mein Nachbar dann irgendwann nachts zurückgekommen sein. Früh morgens am Montag hat Malte Kornbach ihn jedenfalls abgeholt und erst vorgestern wieder abgeliefert.«

      Ich bedanke mich noch einmal und verabschiede mich.

      Das ganze Gespräch fand bei nur halb geöffneter Tür im Flur statt. Der alte Mann ist nicht nur aufmerksam, er ist auch vorsichtig.

      Ich nehme den Aufzug in die Tiefgarage. Der besagte blaue X1 steht neben einem weißen Tiguan. Wenn es stimmt, was der Alte erzählt hat, dann wurde der BMW nach Bahns Mallorca-Reise nicht mehr benutzt. Folglich ist sein Besitzer in jenen mysteriösen grauen Mercedes dieser zwei Typen eingestiegen. Das bedeutet, der Gesuchte könnte am Sonntag sogar mit in Himmelstal gewesen sein – falls es dasselbe Auto war.

      Als ich in meinem Golf sitze, schaue ich noch einmal zum ersten Stock hinauf. Eine Gardine bewegt sich. Ich bin sicher, der alte Mann mit dem Pfefferspray verfolgt jede meiner Bewegungen. Leider fällt mir nun ein, dass ich ihn nicht gefragt habe, wo der Kumpel seines Nachbarn wohnt. Wie heißt der noch? Richtig, Malte Kornbach.

      *

      Die Adresse finde ich problemlos im digitalen Telefonbuch. Bevor ich den Kumpel von Tobias Bahn aufsuche, gönne ich mir im Griechen-Imbiss eine Gyrostasche.

      »Immer wieder gerne!«, sagt der Chef des Hauses, als ich mich bei ihm bedanke. »Stammgäste wie dich halten uns am Leben! Kannst uns ja mal in die Zeitung bringen!«

      »Mit Foto von dir?« Wir lachen. Er ist tatsächlich fotogen: Gepflegter Kurzhaarschnitt, markantes Gesicht mit braunen Augen und immer freundlich. Nicht nur die Qualität des Essens, auch das Personal hier ist Grund für eine gewisse Berühmtheit dieses Schnellrestaurants. Viele Biker kommen im Sommer, essen hier zu Mittag und genießen zum Nachtisch dann ein leckeres Eis gleich schräg gegenüber.

      Ich fahre in die Siedlung, wo Malte Kornbach in einem Einfamilienhaus zur Miete wohnt. Er ist nicht da. Ihr Mieter arbeitet im Raiffeisen-Markt, verrät mir die Hausbesitzerin.

      Also fahre ich dorthin. Der Laden wird von den Menschen in unserer Region hochgeschätzt, ist er doch der einzige Bau- und Pflanzenmarkt weit und breit. Zwar ist sein Sortiment kleiner als das der städtischen Baumärkte, doch man bekommt in der Regel, was man braucht.

      Kornbachs schwarzer Golf steht auf dem Parkplatz. Spoiler und verbreiterte Radkästen samt Breitreifen mit schwarzen Alufelgen zieren den GTI. Malte Kornbach selbst finde ich im Lager. Er überprüft gerade eine Lieferung Tierfutter.

      Malte ist etwa dreißig, mittelgroß, trägt eine Brille mit starkem Rand und versteckt unter seinem grünen Kittel ein kleines Bäuchlein. Er wirkt wie ein freundlicher Kumpel vom Biertisch – was er ja vermutlich auch ist.

      Nachdem wir uns vorgestellt haben, frage ich ihn, wann er seinen Freund Tobias zuletzt gesehen hat.

      Ohne zu überlegen antwortet er: »Na am Sonntag, dem Tag der Deutschen Einheit! Wir waren zusammen auf Malle. Um neun Uhr morgens sind wir mit Ryanair in Hamburg gelandet. Meinen Wagen hatte ich im Parkhaus abgestellt. Kurz vor elf Uhr habe ich Tobi dann vor seiner Wohnung abgesetzt.«

      »Danach haben sie ihn seitdem weder gesehen noch von ihm gehört oder mit ihm gesprochen?«

      »Das stimmt. Ich habe versucht, ihn anzurufen. Aber er geht nicht ran.«

      »Hatten Sie beide diese Mallorca-Reise langfristig geplant?«

      »Nee. Zwar reden wir seit vielen Monaten davon, aber nun kam es ziemlich plötzlich. Tobi hat am Samstagabend bei mir übernachtet. Wir haben was getrunken und wieder mal von Malle geschwärmt. Da kam die Idee auf, unseren Traum umgehend zu realisieren. Also haben wir unseren Urlaub genommen, online gebucht und sind am Montag auch schon gleich losgeflogen.«

      »Ganz schön spontan. War das typisch für Sie beide?«

      »Ich weiß nicht, was hinter ihrer Frage steckt. Na ja, sonst gehörten wir eher zu denen, die von ihren Träumen ständig nur reden. Vor allem, wenn wir was getrunken hatten. Nun haben wir endlich gezeigt, dass wir auch Handeln können!«

      Kein Wunder. Tobi war wegen des Schatzes unter Druck. Fabian von Heimfeld und vor allem diese beiden Mercedes-Typen saßen ihm im Nacken. Da hat er vermutlich gehofft, etwas Abstand ließe Gras über die Sache wachsen.

      »Und, wie war Malle? Hat sich etwas Besonderes ereignet?«

      Malte Kornbach schenkt mir einen mitleidigen Blick.

      »Na, wie war Malle wohl? Feucht, sonnig und kurvig.«

      »Also habt ihr am Ballermann das Bier, die Sonne und die Mädels genossen?«

      »So kann man es sagen. Wegen Corona war alles noch etwas eingeschränkt,


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