Engel und Dämon. Shino Tenshi
war er unten angekommen und sein Blick glitt in das Wohnzimmer, was vom Flur abzweigte und der Raum war, den er nie wieder betreten wollte, wodurch er seinen Blick abwandte und dann die Villa wieder verließ.
Kaum dass die große Flügeltür wieder ins Schloss fiel, versiegelte sich sein Herz für diese Zeit. Die Tränen stoppten und die Erinnerungen wichen zurück. Sanft drehte er den Schlüssel im Schloss und verstaute ihn wieder an einer Kette um seinen Hals, bevor er sich gänzlich abwandte und das Grundstück verließ.
Eigentlich sollte er schlafen. Sein Körper schrie förmlich danach, doch Xenio saß hier an dem Tresen einer Bar und hielt den Krug voller Bier in der Hand. Er konnte einfach nicht. Immer wieder musste er an den braunhaarigen Jungen denken. Schließlich war er ihm nicht mehr begegnet. Vielleicht würden sie sich jetzt nie wieder sehen und Xenio wusste nicht, ob er sich darüber wirklich freuen sollte, denn er vermisste die menschliche Gesellschaft doch sehr und Cido war der Erste seit Jahren, der sie ihm gewährte.
Alle anderen Menschen mieden ihn. So auch jetzt in dieser überfüllten Gaststätte wurde Abstand zu ihm gehalten, obwohl man über jeden weiteren Zentimeter Raum glücklich sein sollte, doch Xenio ignorierte es. Er war es nicht anders gewohnt, wodurch er sein Bier schließlich leerte und nach einem weiteren Krug verlangte.
„Junge, mach mal halblang. Du solltest zu so früher Stunde nicht so viel trinken“, versuchte der Schankwirt ihn zu bremsen, doch Xenio funkelte ihn nur zornig an, bevor er ihn mit barscher Stimme zum Auffüllen aufforderte: „Das soll nicht Ihr Problem sein. Füllen Sie einfach nach. Ich werde gut bezahlen.“
Damit nahm er ein paar Goldmünzen aus seiner Tasche und legte sie auf den Tresen, was anscheinend die Hemmschwelle des Mannes auflockerte und im nächsten Moment hatte Xenio wieder einen vollen Krug vor der Nase.
Er hielt eigentlich nicht viel vom Alkohol, denn er raubte ihn oft die Kontrolle über seinen Körper und machte aus ihm ein einfacheres Opfer, doch nun erhoffte er sich einfach zu vergessen. Cido, sein Lächeln, seine Bewegungen und seine Stimme. Er fühlte sich einsam ohne ihn und er hatte das Gefühl, dass er mit jeder Sekunde, die er länger von dem Jungen getrennt war, mehr von seinem Lebenswillen verlor.
Erneut kippte er das Bier hinunter, bevor er dann aufstand und die Kneipe nach der Bezahlung verließ. Seine Schritte waren taumelnd und er nahm seine Umwelt nur begrenzt wahr. Was aber eher daran lag, dass er sie gerade nicht wahrnehmen wollte. Schließlich gab es dort nichts, was er sehen wollte. Nichts außer Cido. Ob er ihn je wiedersehen wird?
Langsam schritt er weiter und rempelte immer mal wieder Passanten an. Die Meisten schimpften nur und gingen dann weiter ihres Weges, als sie erkannten in welchem Zustand er war, doch plötzlich wurde er am Arm gepackt und angeschrien.
Er nahm die Worte nicht wahr. Sie waren ihm einfach nicht wichtig. Dieser Mann war nicht Cido und er hatte nur Wut für ihn, doch mit dem nächsten Schachzug hatte er nicht gerechnet, als sich ein Schmerz in seiner Magengrube ausbreitete und man ihn grob an der Schulter schubste.
Er taumelte einige Schritte zurück. Nein, er wollte gegen diesen Menschen nicht kämpfen. Warum griff er ihn an? Sah er nicht die Waffen an seinen Körper? Doch man ließ nicht von ihm ab, wodurch man ihm einen Kinnhaken verpasste, was ihn erneut nach hinten trieb. Seine Schritte waren unsicher und unkoordiniert, wodurch er im nächsten Moment schon über seine eigenen Füße fiel und hart auf den Boden aufprallte.
Es war Xenio einfach egal, was mit ihm geschah. Sein Körper schützte sich selbst mehr aus Reflex als aus speziellen Befehl. Denn sein Geist war nicht da. Er fühlte keinen Schmerz oder gar das Blut, das ihn durch die Adern raste. Es war alles egal, solange Cido nicht da war. Xenio hatte erneut einen Menschen verlor, der ihn akzeptierte so wie er war. Nur weil er es zu spät erkannt hatte. Warum sollte er sich überhaupt noch wehren? Man sollte ihn einfach liegen lassen. Hier in dem Staub und Dreck, wo er hingehörte.
Doch der Mann ließ nicht von ihm ab, sondern trat weiter auf ihn ein. Traf auch seinen Kopf, wodurch Xenio instinktiv tief knurrte und als er hörte, wie man vor ihm ausspuckte, meldete sich der letzte Funken seines Stolzes.
Das tiefe Grollen aus seinem Brustkorb ließ den Mann stoppen, der gerade weggehen wollte, wodurch er sich umdrehte, als sich Xenio gerade nach oben stemmte und den Mann finster fixierte.
„Wer hat dir beigebracht, dass man auf einen Mann, der am Boden liegt, einschlägt?! Wo hast du gelernt einen Menschen zu verprügeln, der sich keine Sekunde wehrt?!“, die Wut entfachte sich von selbst durch die Fragen des Kämpfers, wodurch er im nächsten Moment schon seinen Dolch zog.
„Hast du nicht gesehen, wem du gegenüber stehst?“, fragte er weiter, als er sich gänzlich aufrichtete und seinen Gegner fixierte. Das Adrenalin hatte die Wirkung des Alkohols schon längst aufgehoben, wodurch sein Blick klar und scharf war.
Er sah das Zittern des Körpers vor ihm, als dessen Blick auf die kleine Klinge in der Hand des Kämpfers wanderte. Doch es war zu spät. Niemand außer Cido könnte ihn jetzt noch stoppen. Und dieser war spurlos verschwunden.
Seine Finger legten sich fester um den Griff der kleinen Klinge, bevor sich alle Muskeln in seinen Körper anspannten und er sich abstieß, um auf den Mann zu zustürmen.
Sein Gegner begriff nicht, was mit ihm passierte, als sich die Klinge tief in seinen Hals bohrte und somit sämtliche Luftzufuhr unterbrach. Doch all dies bekam der Mann nicht mehr mit, denn das Stück Metall stieß durch die Halswirbel hindurch und unterbrach somit jegliche Verbindung zu den Nerven. Der Mensch fiel sofort in sich zusammen und war des Lebens entrissen.
Xenio selbst begriff sein Tun nicht. Er sah auf das Blut an seiner Hand und den Dolch, dann auf die Leiche. Wie konnte das passieren? Warum hatte er es schon wieder getan? Er wollte doch nicht mehr morden.
Plötzlich lag Sebastian vor seinen Augen und die Hand des Kämpfers begann zu zittern, bevor er das Blut von der Klinge schlug und sie wieder wegsteckte. All diese Blicke der Passanten. Sie haben es gesehen und sie sehen bestimmt auch die Leiche des Jungen. Er ist schuldig. Nur er alleine hatte Sebastian getötet.
Im nächsten Moment wurde die Leiche wieder zu dem Mann, der sie eigentlich war, doch die Erinnerungen kamen zurück und stürmten die Vernunft des Kämpfers.
Er sah wieder diese entsetzten Augen, als sich der Junge zwischen ihn und das Biest schmiss. Überall dieses Blut. So viel Blut. Er zwang sich die Hände zu Fäusten zu ballen, damit ihr Zittern nicht so stark auffiel.
„Er hat ihn getötet. Eiskalt umgebracht“, begannen die Menschen um ihn zu tuscheln, wodurch Xenio ängstlich in die Runde sah: „Nein, er hat angefangen. Er hat mich geschlagen ohne Grund.“
Doch sie hörten nicht auf ihn, sondern verbreiteten das Gerücht immer weiter ohne auch nur eine Sekunde über die Folgen nachzudenken. Es war ihnen egal. Sie hatten endlich wieder etwas worüber sie reden konnten und das war wichtiger als alles andere.
„Mörder“, drang das Wort zum ersten Mal zu Xenio durch, doch es fiel immer öfters und die Stimmen wurden aggressiver und ungehaltener, wodurch der Kämpfer nicht anders konnte und einfach loslief. Raus aus der Stadt und weg von den ganzen Menschen, die ihn alle nicht verstanden.
Er rannte so weit ihn seine Füße trugen und wich den Händen aus, die ihn bremsen und festhalten wollten. Einfach nur weg. So schnell es ging, wodurch er auf seinen Weg nur so weit achtete, dass er nicht gestoppt wurde.
Da vorne war das Stadttor. Einfach durch und entkommen. Das war sein einziger Gedanke. Die Stadtwachen hatten noch nichts von dem Mord gehört und ignorierten den Flüchtenden, doch bevor Xenio das Tor passieren konnte, stoppte er kurz. Denn etwas verlangte seine Aufmerksamkeit.
Ein Mann stand in einer Seitengasse und starrte ihn an. In seinen Armen lag Cido, der sich nicht bewegte und nur dank der Hilfe des Fremden überhaupt aufrecht blieb. Was hatte das zu bedeuten? Wieso war der Junge bei diesem Kerl? Xenio begriff es nicht und als er sich den Beiden nähern wollte, wich der Fremde zurück in die Schatten.
„Ich erwarte dich, in der Kneipe zum fliegenden Schwein. Komm wenn dir der Junge etwas bedeutet“, es war nur ein Flüstern im Wind, doch