Vorm Mast. Wolfgang Bendick

Vorm Mast - Wolfgang Bendick


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hängen zwei eigenartige Gebilde: Ersatzkolben, Ersatzpleuel, Führungskolben... Und das alles lässt sich zerlegen... Müssen ganz schön stark sein, die von der Maschine! Mittlere Maschinenstation. Große Metallplatten verschließen die Seiten der Maschine. Dünne und dicke Rohrleitungen laufen im Zickzack nach überall hin oder kommen von wo her. Gegenüber nehmen die elektrischen Schalttafeln eine ganze Wand ein. Voltmeter, Amperemeter, runde Skalen, eckige, längliche. Hoffentlich blickte wenigstens der Bordelektriker da noch durch! „Da darf von Deck keiner dran!“, belehrt er mich. Von hier geht der Saft nach überall hin. Siehst du da? Luke 1, Luke 2 und so weiter.“

      Wir umrunden das Maschinenmonster und schlittern weiter nach unten, Schmidchen mir voraus. Ich sehe, dass er sich mit beiden Händen auf den Handläufen gleiten lässt und mache es ihm nach.

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      Drei der sechs Zylinder

      Langsam bekomme ich den Trick raus. Nur nicht die Hände dabei verbrennen! „Untere Maschinenstation“, kündet mein Führer an. „Das hier ist der Fahrstand. Von hier aus wird der Motor gesteuert.“ Dass ein Schiff gesteuert wird, verstehe ich noch. Aber den riesigen Motor? „Da ist der Maschinentelegraf, wie auf der Brücke. Damit wird von oben durchgegeben, wie die Maschine zu laufen hat. Schnell, langsam, stop oder rückwärts. Daneben hängt ein Telefon, neben diesem ein Messingmundstück mit einer Pfeife als Stöpsel. Bei Stromausfall bläst man auf der Kommandobrücke da rein, hier unten pfeift es. Du ziehst den Pfeifenstöpsel heraus, hältst dein Ohr dran und hörst, was die da oben melden! Im Maschinenraum ist Brüllen Pflicht. Sonst verstehst du gar nichts.“ Das wäre etwas für meinen Vater, kommt es mir. Um uns herum eine Vielzahl von Handrädern, Ventilen, Hebeln, Manometern und Geräten, von denen Schmidchen bestimmt auch nicht alles weiß... Wir umrunden den Stahlkoloss.

      Eine 40 Zentimeter starke glänzende Welle läuft von der Maschine durch einen niedrigen Tunnel nach achtern zur Schraube. „Wenn du da durchgehst, kommst du bei uns hinten wieder raus.“ Tanks, Pumpen für Wasser, Luft oder Öl, Batterien von Druckluftflaschen, vier Hilfsdiesel mit Generator, jeder wohl mit 10 Zylindern, füllen den riesigen Raum und lassen ihn fast eng erscheinen. Irgendwo treffen wir auch den wachhabenden Assistenten, der mit einer Ölkanne und Twist (Putzwolle) bewaffnet seine Abschmierrunde geht. „Warte nur, bis wir auf See sind; dann ist der Krach dreimal so stark!“, schreit Schmidchen zu mir herüber. Wir machen uns wieder an den Aufstieg: 3 Etagen, um wieder an die Eingangstür zu gelangen. Inzwischen schwitze ich etwas. Meine Ohren dröhnen noch weiter, selbst als die Tür schon zu ist. Bin ich froh, an Deck angeheuert zu haben, und nicht in der Maschine...

      „Hast du noch Lust, die Kommandobrücke zu sehen?“, fragt er. „Streife dir aber gut die Schuhe auf der Matte ab, um kein Öl in den Gängen zu hinterlassen.“ Selbst unsere Handflächen waren etwas ölig. Also noch drei Stockwerke hinauf. Auf dem ersten, dem Promenadendeck, wohnen seitlich die Offiziere und Ingenieure. Vorne befindet sich, über die ganze Schiffsbreite, der Salon, ein Saal mit Sofas, Sesseln und einer Bar. Wir sehen das nur durch die Glastür. „Das ist für uns tabu!“, meint Schmidchen. Daneben liegt der Speisesaal für die Schiffsleitung und dahinter die Pantry des Stewards. Im Deck darüber, dem Bootsdeck, wohnt an Backbord der Chief Ingenieur, mittschiffs der Kapitän, an Steuerbord der Erste Offizier. In diesem Niveau befinden sich auch die Rettungsboote. Noch eine Treppe hoch, ein querliegender Flur. Hier wohnt an Backbord der Funker in seiner Funk-Bude, rechts führt eine Tür ins Kartenhaus und von da auf die Brücke. Schmidchen schließt vorsichtig die Tür hinter uns. „Hier dürfen wir normalerweise nicht durch. Für uns sind die Außentreppen bestimmt.“ Die Brücke war ein leicht gerundeter, nicht sehr tiefer Raum, der fast die ganze Schiffsbreite überspannte, vorn ausgestattet mit einer breiten Front aus Fenstern. Was ich als Erstes bemerke, ist der Maschinentelegraph, genauso einer wie am Fahrstand im Maschinenraum. Daneben Telefon und Sprachrohr.

      Das Steuerrad, ein zu 1/3 offener Ring, gleich dem eines Flugzeuges, steht mittschiffs, aber etwas zurückgesetzt. Es ist an einen grauen Kasten montiert, auf dem unter einer runden Scheibe die Gradanzeige des Kreiselkompasses (zeigt immer genau Nord an) sichtbar ist. In dieser Scheibe ist eine Gravierung, die die Mittschiffslinie, die Schiffsachse darstellt. Zwischen dem Kreiselkompass und dem Steuerrad befindet sich der Ruderlageanzeiger. Einen Meter rechts davon steht ein anderer grauer Kasten mit einem kreisförmigen, leicht gewölbten Bildschirm obenauf, das Radargerät. In ihm dreht sich, vom Mittelpunkt ausgehend, eine hellgrüne Linie, die in der Nähe befindliche Schiffe durch helle Punkte anzeigt. Links vom Steuer, an der hinteren Wand, ein kleinerer Kasten, das Echolot. Es zeigt die Wassertiefe unter dem Kiel an. Natürlich sind all diese Geräte im Hafen außer Betrieb. Ich stelle mich auf das Holzrost hinter das Steuerrad. „Kannst ruhig dran drehen, im Hafen ist alles abgeschaltet! Schau doch mal oben in den Kasten rein, vor deinem Kopf!“ Ich schaue nach oben in den dunklen Kasten. Schwach erkannte ich die Windrose (Zifferblatt) eines Kompasses, 360 Grad, eigenartigerweise die Zahlen in Spiegelschrift. „Erkläre ich dir nachher...“.

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      Am Ruder

      Unter dem Echolotanzeiger befindet sich ein erhöhter Holzstuhl mit Rückenlehne und Armstützen. „Schade, dass der nicht hinterm Steuerrad steht“, bemerke ich. „Das ist der Lotsenstuhl. Am Steuer darf man nicht sitzen, sonst ist die Gefahr zu groß, dass man einschläft.“

      Durch eine Schiebetür gelangen wir in die Backbord-Brückennock (unbedachte Fläche, die hauptsächlich für den Ausguck dient). Ein Kompass befindet sich am äußeren Rand, versehen mit einem darauf drehbar angebrachten Peilinstrument, der Peilkompass. Daneben, in seiner Halterung, ein rot-weiß gestrichener Rettungsring mit dem Schiffsnamen und Heimathafen darauf gemalt. An der Vorderseite ist die Verschanzung (geschlossenes Geländer) etwas erhöht, abgerundet und mit einem doppelten Blech versehen. Dieses bewirkt, dass der Fahrtwind sich dazwischen beschleunigt und beim Austreten dahinter einen Windschatten schafft. Somit kann der Posten Ausguck vorausschauen, ohne dass ihn der Wind wegbläst. Ich lehne mich außenbords über die Verschanzung. Dort ist die rote Backbordleuchte angebracht. Auf der Rückseite der Nock führt ein Niedergang (Treppe) zum Bootsdeck und eine Tür zur Unterkunft des Funkers. Zwischen der Funkbudentür und der Schiebetür zur Brücke befindet sich eine Leiter. Wir klettern dort hinauf, hieven uns auf das Peildeck. Hier oben befindet sich die Peilantenne, der Mast der drehbaren Radarantenne und ein großer hölzerner zylindrischer Kasten mit den zwei rot und grün gestrichenen D-Kugeln seitlich angebracht und dem Flinderstab an Vorderseite (diese dienen zum Eichen des Kompasses). Die grün verwitterte Messingabdeckung schreit förmlich nach einer Sidolbehandlung durch den neuen Decksjungen! Das ist die Behausung des Magnetkompasses. Er ruht hier für den Fall, dass mal der Strom ausfällt oder der Kreiselkompass Pause machen will. Seine Windrose, sein Zifferblatt war es, das ich hinterm Steuer oben in dem Kasten gespiegelt gesehen hatte. Dadurch die Spiegelschrift. Hier oben befindet sich ein Minimum an Eisen, um den Kompass nicht zu beeinflussen. Dieser hier zeigt den magnetischen Nordpol an, der vom geographischen bisweilen weit abweicht. Auch hier oben liegen ein paar selbstaufschwimmende Rettungsflöße in ihren Lagern.

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      Maschinenraum-Oberlichter

      Wir steigen an der Steuerbordleiter hinunter in die Brückennock und von dort aufs Bootsdeck. Wir stehen vor den Frühbeet-Kästen des Maschinenraumes. Warme, ölgeschwängerte Luft strömt heraus. Daneben sehen wir die Tür zum Schornstein. Wir schlüpfen hinein. Und anstatt schwarzen Rußes finden wir weiße Wäsche, die hier in der warmen Maschinenluft trocknet. Der Boden besteht aus Stabgitterrosten. Oben ist der Schornstein geschlossen, nur die verschieden dicken Auspuffrohre führen hinauf und hinaus. Der ganze Schornstein ist eine Attrappe!

      Wieder im Freien schauten wir uns das Rettungsboot an. Es gibt eins auf jeder Seite. Schwere, hölzerne Kutter in Klinkerbauweise.


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