Die Spur führt nach Altötting.... Irene Dorfner

Die Spur führt nach Altötting... - Irene Dorfner


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seine.

      „Die Kriminalpolizei? Was wollte die von Ihnen?“

      „Das weiß ich nicht. Der Mann sagte, ich solle wieder abreisen. Ich konnte ihm entkommen und bin mit meiner Begleitung mitten in Altötting. Was soll ich jetzt tun?“

      Mario Pini klang verzweifelt und Leo bekam Mitleid mit ihm. Ja, er konnte nachvollziehen, dass der Mann Angst hatte. Noch wusste er nicht, was die Kriminalpolizei von ihm wollte und was sie mit dem ihm unbekannten Peter Friedrich zu tun hat. Eins war klar: Mario Pini und Frieda Votteler durften nicht in ihr Hotel zurück. Dort wartete ganz sicher die Polizei auf sie. Und solange er nicht wusste, was die wollten, musste er die beiden in Sicherheit bringen.

      „Gehen Sie auf keinen Fall in Ihr Hotel zurück, die Polizei wartet dort auf sie, darauf können Sie sich verlassen. Es ist jetzt neunzehn Uhr, das ist noch zu früh.“

      „Was reden Sie da? Wofür ist es zu früh?“ Mario verstand kein Wort.

      „Hören Sie mit bitte zu und tun Sie genau das, was ich Ihnen sage. Sie müssen sich um eine andere Unterkunft bemühen. Suchen Sie sich am besten einen kleinen Gasthof. Wenn Sie sich nach einundzwanzig Uhr dort einmieten, gehen die Meldedaten erst morgen raus, dann wären Sie in der kommenden Nacht sicher. Bitte kein Hotel!“

      „Ich kenne mich in Altötting nicht aus. Wie soll ich hier einen Gasthof finden?“ Mario wurde beinahe hysterisch.

      „Bleiben Sie ruhig. Es ist besser, Sie verlassen Altötting. Fahren Sie in einen Nachbarort, vielleicht Burghausen oder Mühldorf. Nehmen Sie auf keinen Fall ein Taxi, das kriegt die Polizei schnell raus. Nehmen Sie die Bahn oder den Bus.“

      „Gut, das werden wir machen,“ sagte Mario, der langsam verstand, dass er und Frieda in Gefahr sein könnten. Das Warum verstand er zwar nicht, aber das würde sich später klären lassen.

      „Verfügen Sie über genug Bargeld?“

      „Bargeld haben wir genug, das ist kein Problem.“

      „Achten Sie darauf, dass Sie weder eine Kreditkarte, noch eine EC-Karte verwenden. Gehen Sie zum Bahnhof oder zu einer Bushaltestelle und fahren Sie los. Versuchen Sie, sich so normal wie möglich zu bewegen.“

      „Gut.“

      „Ich möchte Sie bitten, dass Sie sich ein neues Handy besorgen, das nicht auf Ihren Namen registriert ist. Ihr Handy können Sie vergessen. Wenn es die Polizei auf Sie abgesehen hat, hat sie spätestens morgen nicht nur die Nummer, sondern hat sie auch geortet und weiß, wo sie sich aufhalten. Also, Handy ausschalten oder gleich wegwerfen.“

      „Und wie soll ich mir ein Handy besorgen?“

      Leo hatte längst bemerkt, dass er es mit einem völlig ahnungslosen, verängstigten und unbescholtenen Typen zu tun hatte. Er musste behutsam vorgehen und viel Geduld aufbringen.

      „Da kann ich Ihnen leider nicht helfen, das müssen Sie irgendwie hinkriegen.“

      „Was sollen wir machen, wenn wir ein Zimmer gefunden haben?“

      „Dann rufen Sie mich an und geben mir die Adresse durch. Ich werde zusehen, dass ich so schnell wie möglich zu Ihnen komme,“ sagte Leo geduldig. Natürlich wäre es einfach gewesen, die beiden einfach in seinen Wagen zu laden und mit ihnen davonzufahren. Aber dadurch würde er seine Tarnung auffliegen lassen und musste sich als Polizist outen. Der ganze Fall musste geheim ablaufen, das hatte er Bösel versprochen. Es war schon vermessen, Zeitler einfach die Wahrheit zu sagen. Nein, es war besser, sich weiterhin als Detektiv auszugeben und als solcher auch aufzutreten.

      Frieda hörte dem Telefonat zu, verstand aber kein Wort.

      „Der Detektiv denkt auch, dass wir in Gefahr sind. Wir dürfen auf keinen Fall zurück ins Hotel. Wir sollen aus Altötting raus und uns irgendwo in einem Nachbarort in einem Gasthof ein Zimmer nehmen,“ erklärte Mario Frieda, die ihn fragend anstarrte. „Der Detektiv kommt und hilft uns.“

      „Gott sei Dank!“, sagte Frieda erleichtert.

      „Vorher müssen wir das Handy entsorgen und ein anderes besorgen. Ich weiß nicht, wie ich das anstellen soll.“

      „Du meinst, wie auf dem Schwarzmarkt nach dem Krieg?“

      „So in etwa.“

      „Gut. Dort hinten ist ein Mülleimer, wirf dein Handy dort rein. Was ist mit meinem?“

      „Das läuft auch auf meinem Namen. Zur Sicherheit werfen wir das auch weg.“

      Frieda musste sich nach so kurzer Zeit schon wieder von ihrem Handy trennen, das tat ihr sehr weh. Aber die Sicherheit ging vor. Sie griff in ihre Handtasche und übergab es Mario.

      „Gehen wir irgendwo hin, wo junge Leute sind. Dort können wir ganz sicher ein Handy besorgen.“

      „Wie stellst du dir das vor? Denkst du, wir spazieren einfach zu irgendjemand hin und fragen ihn, ob er uns sein Handy verkauft?“

      „So in etwa, ja.“ Frieda war enttäuscht. Mario war zwar ein netter, freundlicher Kerl, aber viel zu weich für diese Welt.

      Mario war total überfordert und trottete ihr hinterher. Die Handys warf er in den nächsten Abfalleimer, dieser Punkt war leicht. Alles, was jetzt kam, war sehr viel schwerer. Wie sollten sie jemanden finden, der gewillt war, sein Handy zu verkaufen?

      Nach einer halben Stunde entdeckten sie mehrere junge Leute rauchend vor einem Lokal. Die beiden stellten sich dazu und Mario war so aufgeregt, dass er kein Wort rausbrachte. Krampfhaft überlegte er, wie er am besten vorgehen sollte, und legte sich die schönsten Geschichten in Gedanken zurecht. Frieda spürte Marios Unfähigkeit und beschloss, die Initiative zu ergreifen.

      „Würde uns jemand ein Handy verkaufen?“, fragte Frieda in die Runde. „Unseres wurde leider gestohlen. Wir zahlen gut.“

      Mario war geschockt über die direkte Art und auch sehr verwundert über die Reaktion der jungen Leute, die positiv reagierten.

      „Ich habe eines, das ich verkaufen würde, kommt aber auf den Preis an.“

      „Wir suchen eins, mit dem man das Internet nutzen kann, über den Preis werden wir uns sicher einig.“ Der junge Mann, Frieda und Mario traten einen Schritt zur Seite, um ungestört verhandeln zu können.

      „Internet können doch heute alle.“ Er sah Frieda lächelnd an. „Ich denke mal, ihr sucht eins mit einer Prepaid-Karte?“

      Frieda sah Mario fragend an, der sofort zustimmend nickte. Von solchen Dingen hatte sie keine Ahnung.

      „Genau das suchen wir.“

      Der junge Mann reichte ihr das Handy, das augenscheinlich in Ordnung war.

      „Und das funktioniert auch?“

      „Sicher, Ehrenwort. Ich wollte mir sowieso ein neues kaufen. Ich verlange, sagen wir 150 Euro? Interesse?“

      „Ich gebe Ihnen 200 Euro, wenn das Ganze unter uns bleibt. Und wenn jemand fragen sollte, haben Sie es verloren. Einverstanden?“

      „Einverstanden.“ Er notierte eine Nummer auf einer leeren Zigarettenschachtel, die auf dem Tisch lag. „Das ist Ihre neue Handynummer. Bitte löschen Sie alle Nummern und SMS, ich verlass mich drauf.“

      „Geht in Ordnung. Und zu niemandem ein Wort.“

      Sie übergaben das Geld und gingen davon. Das Ganze hatte keine zehn Minuten gedauert.

      „Du warst einfach wunderbar. Woher kannst du so etwas? Ich habe mir vor Angst fast in die Hosen gemacht.“

      „Du vergisst, dass ich 1944 geboren bin. Die Zeit damals war nicht einfach, man hatte fast nichts. Nach der Flucht aus Ostpreußen landeten wir nach einigen Zwischenstationen schließlich in einem Flüchtlingslager auf der Schwäbischen Alb. Da bin ich praktisch aufgewachsen. Damals galt: Fressen oder gefressen werden. Ich habe mich für ersteres entschieden. Mein Vater war nach dem Krieg lange in russischer Gefangenschaft, er wurde erst mit der letzten


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