Liebe und Alltag in der DDR. Helena Zauber

Liebe und Alltag in der DDR - Helena Zauber


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was für eine Frage aus heutiger Sicht. Wenn ich das jetzt lese, fühle ich mich wieder bestärkt in der Ansicht, dass nur Freiwillige zur Armee sollten. Am besten wäre natürlich, es gäbe überhaupt keine Armeen auf der Welt!

       M

      

       eine Antworten kommen prompt im Brief vom 29. 5.

      „Unsere Wohnung scheint fertig zu sein, aber noch habe ich keinen erreicht, der mir einen genauen Termin sagen kann. Das zivile Leben ist ohne Dich beschissen. Und ich würde mich sicherer fühlen, wenn Du bei mir wärst! Ich darf auch nicht daran denken, dass es noch ein zweites Pfingsten ohne Dich gibt. Ich freue mich auf den 2. Juni. Dann bist Du erst einen von 18 Monaten fort. Ich darf gar nicht daran denken.

       Sicher werden wir noch viele solcher Stunden erleben, an denen uns das Grausen kommt, wenn wir an die lange Zeit der Trennung denken. Und wir können nur hoffen, dass Frieden bleibt. Verzeih mir, ich will keine trübe Stimmung aufkommen lassen.

       Ich selbst traue mich nicht, solche Gedanken zu Ende zu denken.

       Aber nun zu etwas Erfreulicherem. Ich habe heute die Bilder geholt. Da waren ja noch welche von Wernigerode bei. Die von Zinnowitz sind alle geworden. Oma und Hans haben uns eine Glückwunschkarte zur Wohnung geschickt und mein Papa auch.

       Ella hat noch keine Raufasertapete bekommen. Heute kam keine Ware, weil Pfingsten war. Jetzt in meinem Frei mache ich das mit der Küche klar. Mein Gehalt habe ich diesen Monat noch nicht angerührt und Ehekredit haben wir noch 2270,00 Mark. Ich gebe es nicht mit vollen Händen aus und rechne nur noch. Aber das bequatschen wir alles am Sonntag. Schick mir bitte ein Telegramm, wenn Du keinen Ausgang bekommst, dann brauche ich nicht zu Manuela fahren und den Schlüssel für die Bude holen.

       In drei Tagen mache ich mich auf den Weg zu Dir. Was sagst Du dazu? Und wenn Du diesen Brief bekommst, ist es sicherlich schon morgen! Hoffentlich bekommst Du Ausgang!“

      8. Kapitel

      Am 31. 5., meinem 25.Geburtstag, morgens schrieb ich noch ein paar Zeilen, obwohl

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      „Guten Morgen mein lieber Fratz! Ich habe mich gestern Abend sehr über Deine Geburtstagskarte gefreut! Habe gar nicht damit gerechnet!

       Jetzt ist es halb sechs und ich bin schon ne Weile wach und aufgestanden, obwohl ich schlecht geschlafen habe. Wir haben gestern noch das Zimmer umgeräumt. Da sich doch einige Leute zur Feier heute Abend angemeldet haben. Um 22:00 Uhr kam dann der kleine Michel zu mir und wollte bei mir schlafen. Oh man, der macht sich ganz schön dick.“

      An diesen Geburtstag habe ich leider keine Erinnerung mehr. Wahrscheinlich hatte ich nur die Gedanken an meinen Besuch bei Hannes im Kopf. „Sonntag besuche ich meinen Fratz, was bedeutet da schon eine Geburtstagsfeier!“

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      Nachdem ich zwei Tage, am 6. 6. keinen und am 7. 6. nur einen kleinen Brief geschrieben habe, tat ich das am 8. 6., es war ein Samstag wieder ausführlich.

      Dieser Brief beginnt wieder früh morgens vor der Arbeit (5:30 Uhr) und endet am folgenden Montagmorgen, damit ich ihn noch in den Briefkasten werfen konnte.

      Natürlich beginnt dieser Brief mit:

      „Mein lieber Fratz, Hannes! Erst einmal meinen herzlichen Glückwunsch zum 1. Hochzeitstag!“

      Unseren 1. Hochzeitstag mussten wir nun jeder für sich alleine verbringen. Und so hatte ich auch gleich wieder Fragen an meinen Ehemann:

      „Was ist mit Deinem Ausgang am Sonntag? Vielleicht kann jemand mit Dir die Wache tauschen, wenn Du eingeteilt bist. Schade, dass diese Woche keine Post von Dir gekommen ist! Was musstet Ihr denn wieder machen, abends? Aber das ist wohl überall bei der Armee so. Konni hat diese Woche auch keine Post von ihrem Frank.

       Noch eine Woche , Fratz! Dann komme ich wieder zu Dir!

       Ella hat immer noch keine Raufasertapete bekommen. Wenn ich nun doch andere kaufen muss, ist es ja nicht so schlimm. Die Decken sind ja weiß.

       Ich war gestern wieder gucken, es sieht so aus, dass die Wohnung rechtzeitig fertig wird. Ach so: Den BMK-LKW bekomme ich nun doch nicht. So ein Mist, was? Na ich werde sehen, dass ich mit Marianne den Kleinkram rüber fahre. Die Möbel dann mit Deinen Kollegen und ihrem Multi-Car.“

      Sonntagabend berichte ich, dass Konstanze vorsichtshalber ihre Anbauwand verkauft hat. Auch dass jetzt der Eingang unseres Hauses gestrichen ist und es nicht mehr lange bis zur Schlüsselübergabe dauern kann. Dann die Frage:

      „Hoffentlich habe ich bald Post von Dir, sonst werde ich hier wahnsinnig! Warum hast Du denn nicht geschrieben? Ich liebe Dich doch so! Wenn ich Dienstag keine Post von Dir habe, werde ich sauer! Fratz, Fratz! Schreibe mir bloß bald! Ich muss doch auch wissen, ob Du Ausgang bekommst, auch wegen der Bude.“

      Aber dann habe ich schon wieder Ideen, hier für die Einweihungsfeier der Wohnung:

      „Die Einweihungsfeier für unsere Wohnung starten wir am besten, wenn Du da bist. Damit werden auch die Anderen, die helfen, einverstanden sein. Dann habe ich auch sicherlich schon die Möbel für das Wohnzimmer. So richtig kann ich mir das immer noch nicht vorstellen, dass ich in knapp einem Monat in unserer eigenen Wohnung sein werde. Fratz, schreibe mir bitte! Wenn Du diesen Brief liest, sind es nur noch vier oder fünf Tage bis ich zu Dir komme!“

      Am Montagmorgen auch noch ein paar Zeilen, wie es Sonntag auf Arbeit war, dass ich Kartoffelsalat mit Paprika gemacht habe und dann die Worte:

      „Heute sind es nur noch sechs Tage! Hoffentlich vergehen die so schnell, wie die Tage der letzten Woche. Fratz, ich liebe Dich ganz doll und freue mich schon so auf Sonntag! Du auch?“

      Dann endlich kam Post von Hannes, sogar wieder zweimal. Auch er hatte, zu meiner Freude, an unseren Hochzeitstag gedacht:

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       Herzlichen Glückwunsch

       zu unserem Hochzeitstag wünscht Dir ganz lieb Dein Hannes. Auf noch viele gemeinsame und glückliche Jahre mit Dir. Ich liebe Dich ganz, ganz, ganz, ganz, ganz, ganz doll!“,

      stand zu meiner Freude quer geschrieben auf einer Briefkarte. Auf deren Rückseite dann kurz:

      „Mein lieber Fratz! Ich habe Deine beiden Briefe natürlich erhalten. Muss Dir leider sagen, dass ich gar keine Zeit habe. Seit Montag ist hier Ballett, weil die ganze Woche Kontrolloffiziere von der Division hier sind. Ich liebe Dich ganz doll, aber ich muss aufhören, Stuben- und Revierreinigen ist gleich dran. Ich schreibe noch ausführlicher.“, und das tat er dann auch in seinem 10. Brief, den ich ja auch am 10. 6. erhalten habe.

       D

      

       ieser begann, wie immer mit:

      „Meine lieber Fratz! Ich möchte nun endlich mal in Ruhe schreiben. Es ist morgens 3:30 Uhr und ich sitze hier mutterseelenallein auf dem Flur. Ja, ich habe Dienst, muss GUVD stehen und das am 1. Hochzeitstag. Fratz, sei mir nicht böse, dass ich noch nicht weiter geschrieben habe, aber ich hatte wirklich nicht viel Zeit diese Woche. Es war wieder verstärkter Stress. Der Tag ging von 6:00 bis 22:00 Uhr. Ich liebe Dich ganz doll. Wenn dieser Brief ankommt, sind es wohl bloß noch 5 oder 6 Tage bis zu unserem Treffen. Ja, Fratz, ich bin froh, dass ich


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