Wilhelmine von Bayreuth: Erinnerungen der Prinzessin Wilhelmine von Preußen. Wilhelmine von Bayreuth

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denn wer dem König große Soldaten zuführte oder verschaffte, der konnte von ihm verlangen, was er wollte. Nachmittags begab er sich auf die Jagd und verbrachte den Abend in der sogenannten Tabagie mit seinen Generalen.

Grafik 41

      Zu dieser Zeit befanden sich viele schwedische Offiziere in Berlin, die bei der Belagerung von Stralsund gefangen wurden. Einer dieser Offiziere, namens Cron, war durch seine astrologischen Kenntnisse sehr berühmt. Die Königin verlangte ihn zu sehen. Er weissagte ihr, sie würde von einer Prinzessin entbunden werden. Meinem Bruder weissagte er, dass er einer der größten Fürsten werden, viele Eroberungen machen und als Kaiser sterben würde. Meine Hand erwies sich nicht als so glücklich wie die meines Bruders. Er betrachtete sie lange und sagte kopfschüttelnd, dass mein Leben nur eine Kette widriger Schicksale sein würde, dass ich zwar von vier gekrönten Häuptern, denen Schwedens, Englands, Russlands und Polens, zur Ehe begehrt, aber nie einen König heiraten würde. Diese Prophezeiung erfüllte sich, wie wir später sehen werden.

       Ich kann nicht umhin, hier eine Anekdote zu berichten, die den Leser über Grumbkows Charakter aufklärt und, obwohl sie außer jeder Beziehung zu den Memoiren meines Lebens steht, ihn sicher unterhalten wird. Die Königin hatte unter ihren Damen ein Fräulein von Wagnitz, die um diese Zeit sehr bei ihr in Gunsten stand. Die Mutter dieses Fräuleins stand bei der Markgräfin Albert, der Tante des Königs, in Diensten. Frau von Wagnitz wusste sich mit einem Schein von Frömmigkeit zu umhüllen und führte dabei ein ganz skandalöses Leben. In ihrer Intrigensucht prostituierte sie sich und ihre Töchter an die Günstlinge des Königs und an Einflussreiche Persönlichkeiten, so dass sie auf diese Weise die Staatsgeheimnisse erfuhr, welche sie alsbald an den französischen Gesandten Grafen von Rothenburg verkaufte.

       Um ihre Ziele zu erreichen, verbündete sich Frau von Wagnitz mit Herrn Kreutz, einem Günstling des Königs. Dieser Mann war der Sohn eines Landvogtes. Vom Regimentsauditor stieg er zum Rang eines Finanzdirektors und Staatsministers auf. Seine Seele war so niedrig wie seine Geburt; er war ein Ausbund aller Laster. Obwohl sein Charakter große Ähnlichkeiten mit dem Grumbkows hatte, so waren die beiden dennoch geschworene Feinde, weil sie aufeinander eifersüchtig waren. Kreutz genoss die Gunst des Königs, weil er so große Sorge getragen hatte, die Schätze dieses Fürsten zu häufen und seine Einkünfte auf Kosten des armen Volkes zu vermehren. Er war von dem Plan der Wagnitz entzückt, der ganz seinen Absichten entsprach; indem er ihrer Tochter zu der Stellung einer Mätresse des Königs verhalf, sicherte er sich eine Stütze und konnte Grumbkow leicht in Ungnade bringen und allein Einfluss auf den König gewinnen. Er unterwies also die künftige Sultanin, wie sie sich zu verhalten habe, um zu siegen. Er hatte verschiedene Zusammenkünfte mit ihr, wobei er sich stark in sie verliebte. Er war mächtig reich. Die prachtvollen Geschenke, die er ihr gab, entwaffneten gar bald ihren Widerstand, ohne dass sie deshalb ihren eigentlichen Zweck aus dem Auge verlor. Kreutz hatte seine heimlichen Gewährsmänner beim König. Diese Elenden suchten durch mancherlei geschickt angebrachte Worte ihn von der Königin abzubringen. Man pries sogar die Schönheit der Wagnitz in seiner Gegenwart und pochte immer wieder darauf, wie glücklich doch der Mann zu nennen wäre, der ein so reizendes Wesen besitzen dürfte. Grumbkow, der überall seine Spione hatte, blieb nicht lange in Unkenntnis dieser Umtriebe. Er war ganz damit einverstanden, dass der König Mätressen hielt, doch wollte er derjenige sein, der sie ihm zuführte. Er beschloss daher, diese Intrige zu vereiteln und sich derselben Waffen zu bedienen, die Kreutz gewählt hatte, um ihn zu verderben. Die Wagnitz war engelschön, aber ihre Fähigkeiten waren nur untergeordnet. Sie hatte ein ebenso schlechtes Herz wie ihre Mutter, war schlecht erzogen und dabei von unerträglichem Hochmut. Ihre böse Zunge zeigte sich unerbittlich allen gegenüber, die das Unglück hatten, ihr zu missfallen.

       Es ist unnütz zu sagen, dass sie nur wenige Freunde besaß. Grumbkow, der sie ausspionieren ließ, erfuhr, dass sie lange Unterredungen mit Kreutz führte, die sich nicht immer um Staatsangelegenheiten drehten. Um Gewissheit zu erlangen, bediente er sich eines Küchenjungen, den er für aufgeweckt genug hielt, um die ihm zugedachte Rolle zu spielen. Er benützte die Zeit, während welcher der König und die Königin sich in Stralsund aufhielten, um seinen Plan ins Werk zu setzen. Eines Nachts, da alles im tiefen Schlaf lag, erhob sich im Schloss ein fürchterlicher Lärm. Alles glaubte, es sei Feuer ausgebrochen, und war nicht wenig überrascht, als es hieß, ein Gespenst habe den ganzen Lärm verursacht. Die Wachen, die vor meiner und meines Bruders Türe Posten standen, waren halbtot vor Schreck und sagten aus, sie hätten gesehen, wie dieses Gespenst der Galerie entlang glitt, welche zu den Gemächern der Hofdamen der Königin führte. Der diensthabende Gardeoffizier verstärkte erst die Posten vor unsern Türen und durchsuchte dann das ganze Schloss, ohne etwas zu finden. Sobald er sich jedoch wieder zurückgezogen hatte, erschien das Gespenst von neuem und erschreckte die Wachen so sehr, dass man sie ohnmächtig fand. Sie sagten, es sei der große Teufel, den die Zauberer aus Schweden sendeten, um den Kronprinzen umzubringen.

      Am nächsten Tage war die ganze Stadt in Aufregung; man befürchtete irgendeine Nachstellung der Schweden, die mit Hilfe jenes Gespenstes wohl das Schloss in Brand stecken und meinen Bruder und mich entführen könnten. Man traf also alle Vorsichtsmaßregeln sowohl zu unserm Schutz, wie um das Gespenst zu erhaschen. Erst in der dritten Nacht fing man diesen angeblichen Teufel. Grumbkow wusste durch seinen Einfluss durchzusetzen, dass die Untersuchung durch seine Kreaturen geführt wurde. Er stellte dem König gegenüber die Sache als eine Lappalie hin und brachte ihn dazu, dass dieser Fürst die harte Strafe, die er dem Delinquenten zugedacht hatte, dahin umänderte, dass dieser drei Tage lang in seiner ganzen Gespenstertracht auf dem hölzernen Esel saß. Indes erfuhr Grumbkow durch den vorgeblichen Teufel, just was er wissen wollte, nämlich die nächtlichen Zusammenkünfte der Wagnitz mit Kreutz. Zudem teilte ihm die Kammerfrau dieser Dame, durch Geldgeschenke bestochen, mit, dass ihre Herrin bereits eine Fehlgeburt überstanden habe und gegenwärtig guter Hoffnung sei. Er wartete nur auf die Rückkehr des Königs nach Berlin, um ihm diese Skandalgeschichte zu unterbreiten.

       Der König geriet in heftigen Zorn und wollte die Wagnitz auf der Stelle fortjagen, aber die Königin erreichte durch ihre Bitten, dass sie noch eine Weile bleiben dürfe, um unter irgendeinem Vorwand gnädig entlassen zu werden. Der König ließ sich nur ungern dazu überreden und verlangte, dass die Königin ihr jedenfalls noch selbigen Tages ihre Entlassung ankündige. Er vertraute ihr alle Intrigen dieser Person an und ihre Bemühungen, seine Mätresse zu werden. Die Königin ließ sie rufen. Sie hatte für diese Kreatur eine Schwäche, die sie nicht bemeistern konnte. Sie sprach mit ihr in Gegenwart der Frau von Roucoulles, welche die Königin in ihrem Zustand nicht allein lassen wollte, denn sie war schwanger. Die Königin teilte der Wagnitz den Befehl des Königs mit und wiederholte ihr alles, was der König gesagt hatte. Sie müsse sich seinem Willen unterwerfen; „ich werde in drei Monaten niederkommen“, fügte sie hinzu; „gebäre ich einen Sohn, so wird meine erste Sorge sein, Ihre Begnadigung nachzusuchen.“ Weit entfernt, für die Güte der Königin erkenntlich zu sein, wollte die Wagnitz sie kaum zu Ende hören. Dann erklärte sie kurzweg, sie habe mächtige Stützen, die sie wohl verteidigen würden.

       Die Königin wollte etwas erwidern; aber diese Person machte ihr eine heftige Szene, indem sie sich in tausend Verwünschungen auf die Königin und das Kind, welches sie unter dem Herzen trug, erging. Ihre Wut steigerte sich derart, dass sie in Konvulsionen geriet. Frau von Roucoulles führte die Königin, die sehr angegriffen war, hinaus. Diese Fürstin wollte den König von diesem Gespräch nicht in Kenntnis setzen, da sie ihn immer noch zu besänftigen hoffte, aber die Wagnitz selbst machte dieser freundlichen Gesinnung ein Ende. Sie ließ am folgenden Tage eine blutige Schmähschrift gegen den König und die Königin anschlagen. Ihre Urheberschaft war bald entdeckt. Der König verstand jetzt keinen Spaß mehr und jagte sie schmählich davon. Ihre Mutter folgte ihr kurz darauf. Grumbkow hinterbrachte dem König ihre Intrigen mit dem französischen Gesandten. Sie musste froh sein, mit der Verbannung davonzukommen und nicht für den Rest ihres Lebens in einer Festung eingesperrt zu werden. Kreutz blieb in Gunst, trotz aller Bemühungen seines Rivalen, ihn zu verderben. Was die Königin betrifft, so tröstete sie sich bald über den Verlust dieser Person. Frau von Blaspiel kam jetzt an ihrer Stelle in die Gunst der Fürstin. Die Königin wurde bald nach dieser hübschen Geschichte von einem Prinzen entbunden. Die Freude war allgemein. Er erhielt den Namen


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