Die heimliche Gemahlin. Walter Brendel

Die heimliche Gemahlin - Walter Brendel


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ihres Lebens verbrachte die Montespan in Buße, teils im Sankt Josephs-Konvent in Paris, und teilweise bei ihrer Schwester, der Äbtissin von Fontevrault. Auf Anraten ihres Beichtvaters bat sie ihren Gatten, den Marquis de Montespan um Vergebung, die dieser jedoch verweigerte; kurz darauf starb er (1701). 1707 bekannte sie öffentlich ihre Sünden und bat um Vergebung; im Mai desselben Jahres fuhr sie zur Kur nach Bourbon, wo sie erkrankte und starb. Nach ihrem Tode verbot der König ihren Kindern, Trauerkleidung zu tragen. Ehrliche Trauer um sie wurde von der Herzogin von Bourbon und ihren jüngeren Kindern empfunden.

      Françoise ist nicht nur scharfsinnig, sondern besitzt eine wohltuende Ruhe, was sie von den kapriziösen Hofdamen unterscheidet. Sich den Wünschen des Königs zu widersetzen, der bald offen um sie wirbt, fällt ihr schwer. Der König stellt schon wenig später fest: „Sie weiß zu lieben; es dürfte angenehm sein, von ihr geliebt zu werden.“

      Als die ehemalige Madame Scarron später selber Favoritin des Königs wurde, versuchten die Montespan und andere feindselige Personen, sie zu verunglimpfen, indem sie Gerüchte in die Welt setzten, die Witwe Scarron habe sich von verschiedenen Verehrern 'aushalten' lassen, das heißt, sie habe sich prostituiert; dies wurde auch später von Saint-Simon behauptet, der aber die Maintenon hasste und zu jung war, um es aus erster Hand wissen zu können. Einer ihrer ehemaligen Verehrer, der Marquis de Marsilly, meinte, sie „habe dreißigtausend Taler von dem Oberintendanten Lorme zurückgewiesen, obgleich sie arm gewesen sei“. Eine Beziehung der Madame Scarron mit dem Marquis de Villarceaux gilt jedoch als erwiesen, 'Kronzeugin' ist Ninon de Lenclos:

      „Scarron war mein Freund. Seine Frau hat mir viele Freude gegeben durch ihre Unterhaltung, und ich habe sie zu der Zeit viel zu ungeschickt für die Liebe gefunden. Was die Einzelheiten betrifft, so weiß ich nichts, ich habe nichts gesehen, aber ich habe ihr und Villarceaux oft mein gelbes Zimmer zur Verfügung gestellt.“( Ninon de Lenclos in einem Brief an Saint-Evremond)

      Villarceaux soll sich jedoch geweigert haben sie zu heiraten, weil er fürchtete, sich lächerlich zu machen, da sie 'nur' die Witwe des Dichters Scarron war; daher beendete sie diese Beziehung 1664.

      Die Lage der Madame Scarron besserte sich ab 1669, als sie auf Bitten der Montespan, die mittlerweile die Geliebte Ludwigs XIV. geworden war und heimlich ein Kind von ihm geboren hatte, zu dessen Erzieherin bestellt wurde. Von Mademoiselle de Scudéry wurde die Witwe Scarron zu dieser Zeit folgendermaßen beschrieben:

      „Sie war hochgewachsen und hatte eine gute Gestalt. Ihr Teint war glatt und schön, ihre Haare von einem hellen Kastanienbraun, Nase und Mund wohlgeformt und ihre Augen waren die schönsten der Welt, dunkel, glänzend, sanft und geistvoll. Ihr Ausdruck besaß ein gewisses Etwas, das man nicht beschreiben kann.“

      Ab 1670 wuchs die Schar ihrer kleinen königlichen Schützlinge regelmäßig; Madame Scarron lebte einige Jahre lang zusammen mit ihnen in einem Haus in Vaugirard am Rande von Paris und entwickelte eine aufrichtige mütterliche Zuneigung für sie. Besonders liebte sie den 1670 geborenen, leicht gehbehinderten Duc du Maine, den sie im Sommer 1675 auch zu Bade-Kuren nach Barèges begleitete. Als Ludwig im Dezember 1673 seine bis dahin geborenen unehelichen Kinder legitimierte und an den Hof kommen ließ, erhielt auch ihre Gouvernante Zutritt bei Hofe. Sie gewann das Vertrauen des Königs, was zu Auseinandersetzungen mit Madame de Montespan führte, die immer mehr die Rolle der offiziellen Geliebten des Königs, einnahm. Im Laufe der Jahre wurde für Ludwig der Kontakt zu der Erzieherin seiner Kinder unverzichtbar. Sie stieg in seiner Gunst und war schon 1674 in der Lage, sich von seinen Zuwendungen die Besitzung Maintenon im Westen von Paris zu kaufen, die für sie zum Marquisat mit Pairschaft erhoben wurde. Zu dieser Zeit wurde sie bei Hofe jedoch wegen ihrer untergeordneten Stellung und trotz ihrer Freundschaft mit Madame de Montespan noch kaum beachtet. Ihr wachsender Einfluss auf den König blieb jedoch den Höflingen nicht verborgen, doch zu diesem Zeitpunkt schien sie über jeden Verdacht einer sexuellen Beziehung zu ihm erhaben. Languet de Gergy meinte, die Neigung des Königs zur Maintenon habe sich „immer nur auf Achtung“ beschränkt. Wer Ludwig besser kannte, wusste aber, dass sie mehrfach in dieser Zeit sein Lager geteilt hat.

      Madame de Maintenon galt als bescheiden, zurückhaltend, diskret und fromm; Tugenden, die laut Languet de Gergy „so selten bei den Hofleuten waren“. Sie versuchte stets, die religiösen Gefühle des Königs zu mobilisieren. Als der König ihr einige Jahre später anbot, sie in den Rang einer Herzogin zu erheben, lehnte sie ab. Ihre Persönlichkeit stand in einem besonderen Kontrast zum brillanten, aber spöttischen, reizbaren, hochfahrenden, kühl berechnenden und verschwendungssüchtigen Charakter der Montespan, von der Ludwig sich schließlich lossagte, da sie nach etlichen Skandalen, und insbesondere einer Verwicklung in die berüchtigte Giftaffäre, zu einer Belastung geworden war.

      Nach und nach wurde es dem König zur Gewohnheit, täglich mehrere Stunden bei Madame de Maintenon zu verbringen, um mit ihr „endlose Gespräche“ zu führen und „freundschaftlich und ganz ungezwungen und frei zu plaudern“. Madame de Sévigné konstatierte: „Er scheint davon bezaubert“.

      1680 anlässlich der Hochzeit des Grand Dauphins Louis mit Marie Anne Christine von Bayern, wurde Madame de Maintenon zur zweiten Dame (Ehrendame) der künftigen Dauphine ernannt. Dies war ein deutliches Zeichen der königlichen Gunst. Obwohl Ludwig XIV zu dieser Zeit bereits „den größten Teil seiner Zeit in der Nähe der Madame de Maintenon“ verbrachte, meinte Primi Visconti „der gesamte Hof war erstaunt“, und nannte sie „eine Unbekannte, die Witwe des Dichters Scarron, für die das Amt einer Erzieherin der natürlichen Kinder des Königs der Gipfel des Glücks zu sein schien“. Visconti berichtet, wie man die Maintenon und ihre Beziehung zum König zu dieser Zeit bei Hofe wahrnahm:

      „Niemand wusste, was er davon halten sollte, denn sie war schon alt (44 Jahre). Die einen hielten sie für die Vertraute des Königs, die anderen für seine Zwischenträgerin, wieder andere für eine geschickte Person, deren sich der König bediene, um die Memoiren seiner Regierung zu redigieren. Es steht fest, dass nach ihrer Kleidung, ihrer Aufmachung und ihrem Benehmen man nicht wusste, mit wem man es zu tun hatte. Manche waren der Ansicht, dass es Männer gebe, deren Sinne sich mehr von Älteren als von den Jungen angezogen fühlten. Deshalb versuchten auch Madame de Montespan und die Feinde der neuen Favoritin, die Makel ihrer Geburt und ihrer Person hervorzuheben, wie man das bei denen zu tun pflegt, die in die Höhe kommen.“

      Obwohl Madame de Maintenon drei Jahre älter als der König und keine junge Frau mehr war, sah sie jedoch immer noch sehr gut aus, und sie war nun in der Gunst des Königs so sehr gestiegen, dass man sie bei Hofe in einem ironischen Wortspiel Madame de Maintenant nannte. Trotzdem ist nicht bekannt, zu welchem Zeitpunkt sie überhaupt die Mätresse des Sonnenkönigs wurde. Im Gegensatz zu ihren Vorgängerinnen nahm sie aber auch Rücksicht auf die Königin. So brachte sie den König dazu, sich wieder seiner Gemahlin Marie Therese, zuzuwenden, und ihr mehr Aufmerksamkeit und Rücksicht zu erweisen. Die Königin war darüber so glücklich, dass sie sagte: "Gott hat Madame de Maintenon aufgerufen, um mir das Herz des Königs wiederzugeben."

      Diese Ehe war für die unglückliche Königin alles andere als glücklich. Die Schließung dieser Ehe besiegelte nach einem langjährigen Krieg den vereinbarten Frieden zwischen Frankreich und dem habsburgischen Spanien. Die Königin stand schon bald dauerhaft im Schatten von Ludwigs wechselnden Mätressen. Im Alter von 44 Jahren starb sie.

      Obwohl die Ehe des Königspaares zu Beginn als glücklich galt, schenkte Ludwig XIV. seiner blonden, blauäugigen Gattin nur im ersten Ehejahr seine ungeteilte Aufmerksamkeit; dann wandte er sich verschiedenen Mätressen zu. Dies lag wohl auch an der nur mäßigen Attraktivität und Bildung seiner Gemahlin. Marie Therese war sehr klein und pausbäckig; sie hatte die typischen Gesichtszüge der spanischen Habsburger, einen hellen Teint, und – da sie gerne Kakao und heiße Schokolade trank – schlechte Zähne. Hervorstechende Vorzüge ihrer Persönlichkeit waren vor allem ihre Bescheidenheit und Tugendhaftigkeit, sowie ihre wohl aufrichtige Liebe und Verehrung ihres Gatten. Die fromme, schüchterne und trotz ihres Alters kindlich naive Königin tat sich aber schwer mit der frivolen Leichtigkeit des französischen Hofes, die in völligem Gegensatz zum


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