Sky-Navy 08 - Der Wrack-Planet. Michael Schenk
Ärzte“, korrigierte Jen-Li. „Doktor Lennerson ist Linguist und soll nach einer Verständigungsmöglichkeit mit den Greens suchen, sofern diese zu einer Unterhaltung aufgelegt sind. Und Doktor Braunfels ist Alien-Psychologe.“
„Alien… Was?“
„Alien-Psychologe. Spezialisiert auf außerirdische Völker.“ Der Captain zuckte mit den Schultern. „Das High-Command hat ihn an Bord befohlen, da Braunfels wohl schon intensive Studien bei den Hanari und den Shanyar durchführte. Wenn sich jemand in der Psyche von Aliens zurechtfindet, dann wahrscheinlich Braunfels.“ Jen-Li sah seinen Freund ernst an. „Keine dumme Idee, mein verehrter Freund. Denk einmal an die unterschiedlichen Bräuche der alten irdischen Völker. Was bei dem Einem als freundliches Lächeln galt, war bei einem Anderen eine Kriegserklärung.“
„Dem muss ich zustimmen. Es wäre unschön, wenn eine friedliche Kontaktaufnahme scheitert, weil jemand eine falsche Geste macht. Unser geschätzter Hoch-General ibn Fahed scheint jedoch sicher gehen zu wollen, da er uns einen Troop der siebten Raumkavallerie an Bord schickt. Auf meiner Liste steht ein Captain Custer. Wird Zeit, dass er anrückt. Die letzten Vorräte gehen an Bord und ich möchte nicht länger mit dem Start warten, als unbedingt erforderlich. Ich hoffe, der Mann verläuft sich nicht. Offiziell schifft sich seine Abteilung ja auf der Marseille ein.“
„Keine Sorge, Gentlemen, ich habe mich keineswegs verlaufen.“
Die beiden Navy-Offiziere fuhren herum und starrten die kleine Gruppe von Offizieren an, welche die regulären Dienstuniformen der Streitkräfte und keine Bordoveralls trugen. Graublaue Hose und dunkelgrüne Jacke, dazu ein hellgraues Barett. Die halbhohen schwarzen Stiefel, die gelben Schulterklappen und das gelbe Schweißleder der Kopfbedeckung ließen keinen Zweifel über die Zugehörigkeit zur Sky-Cavalry. Am Barett war das gelbe Wappenschild mit dem weißen geflügelten Pferd der Raumkavallerie befestigt. An den rechten Oberarmen das runde Logo mit dem Wappen des Regiments. Zwei gekreuzte Säbel mit der Regimentsnummer, darüber der Schriftzug „7th Regiment of Sky-Cavalry“ und darunter das Motto der Truppe: „For Garry Owen in Glory“.
„Sie haben das Auftreten von Katzen“, stellte Jen-Li an Stelle einer Begrüßung fest.
„Oh, bei Geheimmissionen schleichen wir gerne herum“, erwiderte der mittlere der drei Offiziere, der die drei silbernen Balken eines Captain auf seinen gelben Schulterstreifen trug. Der Mann interpretierte den skeptischen Blick von Jen-Li richtig und lächelte freundlich. „Keine Sorge, wir haben uns nur so schick gemacht, weil wir offiziell an Bord der Marseille gehen. Für Ihre Blackwing, Gentlemen, haben wir natürlich unser Unterzeug dabei.“
„Gut gekontert“, meinte Jen-Li und streckte seine Hand aus. „Jen-Li, Captain der Blackwing, und das neben mir ist mein Eins-O, Hiroshi Yagoda.“
„Captain Peter Custer“, stellte sich der schlanke Kavallerist vor. „Und keine Sorge, George Armstrong Custer gehört nicht zur Familie.“
„Wer auch immer das sein mag“, dachte sich Jen-Li.
Custer deutete zur Seite. „Mein Stellvertreter, First-Lieutenant John Thunder-Elk. Crow-Indianer in der, weiß Gott wievielten, Generation.“
„Indianer wie unser verehrter Hoch-Admiral John Redfeather?“
„Unsere Vorfahren haben sich einst skalpiert“, entgegnete Thunder-Elk würdevoll.
Jen-Li verzichtete auf eine Erläuterung, was dieses „skalpieren“ wohl sein mochte. Jedenfalls schien ihm eine Verwandtschaft zu dem indianischstämmigen Oberbefehlshaber der Direktorats-Streitkräfte nicht zu leugnen. Der Lieutenant besaß eine ungewöhnliche kupferbraune Hautfarbe.
„Das hier ist Second-Lieutenant Holger Bramquist“, stellte Custer den letzten aus der kleinen Gruppe vor. „Er ist Spezialist für unsere Flighter.“
„Sie nehmen die Fluggleiter mit?“
„Wir sind gerne auf alle Eventualitäten vorbereitet, Captain Jen-Li. Die neuen Ein-Mann-Flighter sind zudem leicht modifiziert und können innerhalb einer Lufthülle und im Weltraum genutzt werden. Unsere Koffer sind bereits an Bord?“
„Wenn Sie damit hundertzwanzig Behälter mit Kampfanzügen, diverse Fresspakete und etliche Kisten mit geheimnisvollem Inhalt meinen… Ja.“
Weiter hinten im Hangar war Bewegung. Der E-Troop der siebenten Raumkavallerie kam herein. Allesamt in Dienstuniform und mit einem prallen Seesack über der Schulter. Die Männer und Frauen marschierten in lockerer Formation und man hörte weder Gleichschritt, noch laute Kommandos der Unteroffiziere. Sie bewegten sich auf die Marseille zu, bis sich die Innentore zum Deck der Station schlossen, schwenkten dann ein und nahmen die Blackwing zum Ziel.
Hier wandelte sich das Bild nach zwei lauten Kommandos und die Kompanie stellte sich in Formation, nahm Haltung an und der First-Sergeant machte Custer Meldung. Der wiederum ließ Jen-Li keine andere Wahl, als die Truppe zu inspizieren.
Jen-Li hätte sich lieber um die Startvorbereitungen gekümmert, konnte und wollte jedoch nicht unhöflich sein. Immerhin gab ihm dies die Gelegenheit, eine Tradition der Navy zu erläutern.
„Ladies und Gentlemen, wenn Sie nun an Bord meines Schiffes gehen, dann wird Ihr verehrter Captain augenblicklich zum Major befördert. Natürlich nicht offiziell, aber ich muss Sie bitten, ihn an Bord ausschließlich mit „Major“ zu titulieren. Um keine Verwirrungen aufkommen zu lassen, Ladies und Gentlemen, denn an Bord der Blackwing kann es nur einen Captain geben.“
„Zur Kenntnis genommen“, bestätigte Custer für seine Truppe. „Bedauerlich, dass damit keine Anpassung meines Solds verbunden ist.“
Ein paar der Sky-Troopers lachten leise, bis ein scharfer Blick von First-Sergeant Nolte sie zum Verstummen brachte.
Hiroshi Yagoda sah dem Zeremoniell mit distanziertem Lächeln zu. Die Truppe machte einen guten Eindruck, doch der musste sich natürlich erst im Einsatz bestätigen.
„First-Sergeant, lassen Sie einrücken“, befahl Custer schließlich.
„Während Ihre Truppe an Bord geht, wird mein Eins-O Sie durch das Schiff führen, damit Sie die Räumlichkeiten kennenlernen.“ Jen-Li deutete eine Verbeugung an. „Mich selbst müssen Sie allerdings entschuldigen, da ich mich nun den Startvorbereitungen widme.“
Kapitel 3 Notlandung
Kandahaar, leichtes Zweischiff der Norsun
Die Kandahaar kam genau an der vorausberechneten Position aus der Schwingung. Sie befand sich direkt am Rand des Sonnensystems, in welchem die Quarantäne-Welt lag.
Doch auf die Bestätigung des Ortungs- und Navigationsoffiziers folgte sogleich eine erneute Schadensmeldung von der Systemkontrolle. „Ausführende Hand der Maschine an das Hoch-Wort: Ich sehe starke Fluktuationen in den Zuleitungen des Schwingungsmoduls. Wahrscheinlich wurde es doch durch die Auswirkung des Zersetzers geschädigt. Ich rate dringend davon ab, die Schwingung nochmals zu benutzen.“
Hen-Talars Kopffühler vibrierten für einen flüchtigen Moment. „Ausführende Hand der Seher, wie weit ist es zum Ziel?“
Der Norsun nannte die Werte und Hen-Talar überschlug, dass der Flug mit Überlicht immerhin zwei Tage betragen würde. Eine lange Zeitspanne, wenn ein Schiff durch den Zersetzer vom Verfall bedroht war. Er konnte jedoch nicht riskieren, mit einer Fluktuation des Schwingungsmoduls in die Schwingung zu wechseln.
„Ausführende Hand des Schiffes, mit maximaler Fahrt Kurs auf die Quarantäne-Welt nehmen. Ausführende Hand der Sprecher, wann können wir die Orbitalstation mit Kurzsprech erreichen?“
„Mit Höchstfahrt sind wir ebenso schnell, wie die Kurzsprechverbindung, Herr“, antwortete der Funkoffizier.
„Dann warten wir mit der Kontaktaufnahme, bis wir kurz vor dem Landeanflug sind“, entschied das Hoch-Wort enttäuscht. Er wandte