Geliebter Unhold. Billy Remie

Geliebter Unhold - Billy Remie


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wie ein See, in den man einen Felsen geworfen hatte, sodass die spiegelnde Oberfläche Wellen schlug.

      Nachdem er die Buntglasfenster geschlossen hatte, ging er zurück zu seinem Tisch, der im Schlafgemach stand, von zwei Kerzenständern erhellt, und beugte sich wieder über die Bücher, die er zu diesem Thema herausgesucht und aufgeschlagen hatte.

      Er las nicht in seinem Studierzimmer, da er die Arbeit nicht mit dem Privaten verbinden wollte, zumal Studenten manchmal in diesen Raum kamen. Noch immer wollte er um jeden Preis verhindern, dass jemand mitbekommen könnte, wie er mit seiner eigenen Kontrolle rang.

      In seinem Schlafgemach fühlte er sich sicher, niemand außer ihm und Ardor kamen hier herein, es sei denn, er gestattete es, wie bei … Xaith.

      Aber das Thema war erledigt. Geschichte. Die zarten Berührungen, der sanfte Liebesakt Nacht für Nacht nur noch eine Erinnerung an etwas, das niemals hatte sein können.

      Der Hauch einer süßen Liebe.

      Mit dem falschen Mann.

      Wie so oft.

      Kacey schloss die Augen, wusste nur zu gut um seine Schwäche für M´Shiers, als ob das Schicksal es vorsah, dass sie sich zueinander hingezogen fühlten. Er schüttelte den Kopf, verbannte Erinnerungen und Sehnsüchte und klappte die Lider auf, um sich auf die Zeilen aus dem Buch zu konzentrieren.

      Ein Lehrbuch über Kontrolle.

      Er las und las, schüttelte dabei aber frustriert den Kopf. Das, was er die ganze Zeit befürchtete und was er tief im Herzen bereits die ganze Zeit wusste, bestätigte sich nur damit.

      Wenn ein Magier die Kontrolle über seine Fähigkeiten verlor, hing das mit seinen Gefühlen zusammen. Vor allem bei Kindern geschah dies häufig, oder bei Zauberkundigen, die von ihrer Begabung nichts wussten. Ein Wutanfall, tiefe Trauer, Freude und starke Lust, wie beim ersten Liebesakt, führten zum Kontrollverlust.

      Aber Kacey war gestern nicht übermäßig aufgewühlt gewesen, hätte er ein Problem damit, seine Magie zu kontrollieren, dann wäre dies während der Versammlung bereits geschehen.

      Tatsächlich hatte er in dem Moment, als es geschah, nur dagesessen und war von seiner Arbeit abgelenkt gewesen. Müdigkeit und Erschöpfung halfen Magiern sogar, ihre Fähigkeiten unter Kontrolle zu behalten. Meist machte Magie sich selbstständig, wenn sie unterdrückt wurde.

      Beides hatte er nicht getan.

      Nein, Kaceys Sorgen wurden bestätigt, der Vorfall hatte nichts mit ihm zu tun, sondern mit der fremden Macht, die in ihm eingeschlossen war. Ganz gleich, wie sehr er mit seinen angeborenen Fähigkeiten im Reinen war, die göttliche Magie in ihm besaß ein gefährliches Eigenleben.

      Und sie wollte seinen Körper übernehmen.

      Kacey stützte nachdenklich das Kinn in eine Hand und rieb mit den kalten Fingerspitzen über seine vollen, weichen Lippen. Es gab keine Aufzeichnungen über seine Art Problem, denn so etwas hatte es noch nie zuvor gegeben. Er musste selbst forschen, er war auf sich allein gestellt. Und er fürchtete, seine Mitleidenden um Hilfe zu bitten, denn er hatte den Eid nicht vergessen, den Sarsar ihnen allen abgenommen hatte.

      Sollte einer von ihnen das Siegel brechen und die göttliche Macht ausnutzen, waren alle anderen verpflichtet, diesen zu suchen und zu vernichten.

      Wen sollte er auch um Hilfe bitte oder auch nur um Rat ersuchen? Xaith war verschwunden, als er die Briefe von Riath entdeckt hatte, Desith kümmerte es nicht, was mit anderen geschah, Sarsar war … tot oder verschollen, wer wusste das schon. Vaaks? Kacey bezweifelte, dass dieser einfache Mensch auch nur verstand, was er da eigentlich in sich trug, außerdem hatten sie kaum drei Worte gewechselt. Derrick kannte er eben so wenig, wusste nicht einmal, wo dieser war. Und Korah, Place und Ragon befanden sich irgendwo im Dschungel von Zadest.

      Bliebe ja nur noch … Riath.

      Kacey schnaubte. Er würde sich nicht noch einmal zum Narren machen und sein Herz vor diesem ausschütten. Und gewiss nicht sein Schicksal in dessen blutige Hände legen. Er hätte ihm nie vertrauen dürfen.

      Nein, er war auf sich allein gestellt.

      Ein Windzug küsste seinen Hals und verursachte ihm eine Gänsehaut. Stirnrunzelnd wandte er den Kopf. Die durchsichtigen Vorhänge auf der gegenüberliegenden Terrasse bewegten sich sacht.

      Seltsam, er hatte doch alle Fenster und Türen geschlossen?

      Vielleicht hatte sich der Stoff des Vorhangs dazwischengeschoben und die gläserne Tür wieder aufgedrückt. Das passierte ihm tatsächlich nicht zum ersten Mal, er war zu oft in Gedanken, einmal hatte er genau dieses Terrassenfenster in eine Lektüre versunken geschlossen, dabei den Saum seiner Robe eingeklemmt und war vornüber zu Boden gestürzt, als er einen Schritt nach vorne getan hatte. In solchen Momenten war er recht froh, dass Xaith nicht mehr da war, er konnte beinahe dessen hochgezogene Augenbraue und seine ungerührte Miene sehen, die schlimmer war als jeder Hohn.

      Er schlug das Buch zu, brauchte es ohnehin nicht mehr, und raffte seine Robe, um aufzustehen. Heute trug er schneeweiße Seide, die mit klaren Diamantbändern um Taille und Kragen verziert war. Der Stoff wurde im Nacken geschlossen, der Rücken war frei, denn er zeigte die smaragdgrünen Drachenschuppen auf seinem Rücken gern herum, damit niemand je vergessen konnte, wer sein Vater war. Kaiser Eagle Airynn, der ihm diese besondere Hautzeichnung vererbt hatte.

      Er war barfuß, der Saum seiner Robe umschmeichelte seine Fesseln, als er den Raum leise wie eine Katze durchschlich und die Tür schließen wollte.

      »Was…?« Er erschrak, doch nur sein Herz machte einen Satz, äußerlich war er mehr wie erstarrt. Ein Schatten drückte sich auf Kniehöhe gegen die tiefrote Scheibe. Kacey zog die Tür ein Stück auf, draußen rauschte der Wind bedrohlich durch die Bäume, er hörte das dunkle Flattern der Fahnen und Banner, der Urwald war beängstigend still, kein Affe und auch kein Vogel brüllte, nur das näher rückende Donnern des Sturm ertönte in der tiefschwarzen Nacht, noch regnete es nicht.

      Und auf der Schwelle der Tür saß ein alter Bekannter und legte fiepsend den Kopf schief. Lange Ohren, langes, spitzes Gesicht, bodenlose, flehende Augen.

      Kacey verzog missmutig das Gesicht. »Du schon wieder!« Er sollte die Tür zuwerfen, doch das konnte er diesem armen, unschuldigen Wesen nicht antun.

      Der Schakal hob eine Pfote und schlug die Luft, als wollte er sich entschuldigen. Oder er wollte nur wieder ein Stück Fleisch, so wie immer, wenn er Kacey besuchte. Doch dieses Mal hatte er leider sein Abendmahl restlos verzehrt.

      »Nein, heute nicht!«, beschloss er und versuchte, den Schakal mit der Hand davon zu scheuchen. »Geh zurück zu deinem Herrn, Mak.«

      Der Schakal taumelte zwei Schritte zurück, sah ihn dabei aber absolut verständnislos und tiefbetrübt an. Kacey konnte fast sein Herz brechen hören.

      »Ich lass dich nicht wieder bei mir schlafen!« Das sagte er jedes Mal.

      Der Schakal legte den Kopf schief, als wollte er fragen: Wieso nicht? Wobei sein verletzter Blick wahrlich jedes Herz geschmolzen hätte.

      Kacey ließ die Schultern hängen. »Ach was sage ich da, ich lasse dich ja doch sowieso rein, wie jedes Mal.« Und genau wie sein Herr, verschwand der Kleine ohne Abschied jeden Morgen, bevor Kacey erwachte.

      Doch dieses Mal kam der Schakal nicht herein, als Kacey ihm Platz machte. Er tänzelte auf der Stelle und drehte sich einmal auffordernd im Kreis.

      Kacey runzelte die Stirn, er kannte das. »Ach so.« Dann beugte er sich herab, kraulte den Schakal hinter dem Ohr, woraufhin dieser den Kopf gegen ihn drückte. Mit der freien Hand kramte Kacey in dem Beutel, der immer um Maks Rumpf geschnallt war.

      Er ertastete eine winzige Rolle, wie man sie Botenvögeln in das Rohr an ihren Beinen schob, und zog sie hervor. Als er die Botschaft aufrollte, sprang ihn die bekannte Handschrift regelrecht an. Dick, als ob die Feder stark auf das Papier gedrückt worden war, geschwungen und auf eine unerklärliche Art immer einen Hauch bedrohlich.

       Dreh


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