Verwehte Spuren. Franz Treller

Verwehte Spuren - Franz Treller


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schwiegen eine Weile und unterdes überflog des Fremden Auge den Raum und die herkulischen Gestalten der Männer, die sich in so großer Zwanglosigkeit dort niedergelassen hatten, bis sein Blick an dem Indianer haften blieb, der immer noch ruhig in der gegenüberliegenden Ecke kauerte. Der rote Mann erregte des Fremden besonderes Interesse.

      Die Farmer schenkten fortan den beiden Fremden scheinbar nicht die geringste Aufmerksamkeit, obgleich hie und da ein scharfer Blick sie streifte.

      Diese hatten etwas Mundvorrat aus ihren Mantelsäcken gelangt, sich vom Wirt einen Becher Toddy mischen lassen und verzehrten ruhig ihr Abendbrot.

      Bill Jones erhob sich und sagte: »Denke, Männer, ist Zeit, an die Heimreise zu denken, mein Weg ist der weiteste.«

      »Will euch raten, Gentlemen,« nahm der Wirt das Wort, »bleibt hier bis zum Tageslicht. Ist eine dunkle Nacht, und der Whisky kein guter Reisebegleiter.«

      »Ei, Grover, möchtest uns hier behalten, alter Ohiomann. Steh' noch fest in den Schuhen,« lachte jener, wankte aber dabei, trotzdem er sich Mühe gab, gerade zu stehen, merklich hin und her. »Hatte schon mehr geladen als heute und meine Beß hat mich glücklich heimgebracht zu meiner alten Lady.«

      »Wie ihr wollt, Männer, meinte es gut,«

      »Wissen das, Grover, bist eine ehrliche Haut,« sagte der alte Steward und erhob sich, »schläft sich aber am besten unter eigenem Dach.«

      Auch die andern standen auf doch wie sich zeigte, waren alle mehr oder weniger angetrunken, einige sogar recht sehr. Der Whisky und das lebhafte Gespräch hatten gemeinsam diesen Zustand bewirkt. Indem sie sich rüsteten, um heimzureiten, erhob sich draußen wüstes Geschrei aus rauhen Kehlen: »He! Hip! Raus, Wirt! Schläft das alte Opossum? Raus Gäste kommen!«

      Alle horchten den Rufen. Dann nahm der Wirt wie vorher einen Feuerbrand aus dem Kamin und trat in die Türe. Vor sich sah er drei Reiter, gekleidet und bewaffnet wie die Gäste im Innern.

      »Schläfst du, Wirt? Altes Rakoon « schallte es ihm rauh entgegen. »Flink, nimm die Pferde wollen bei dir übernachten.«

      Die Reiter sprangen aus den Sätteln, warfen die Zügel dem herbeikommenden Jim zu und schritten nach dem Eingang, in welchem breit der Wirt stand, mit ernstem ruhigem Gesicht die neuen Gäste prüfend. Er machte durchaus keine Anstalt, die Türe freizugeben, so daß der Vorangehende sagte: »Willst du nicht Platz machen, Mann? Denke, Gäste sollten dir willkommen sein, wohnst einsam genug!«

      Gelassen entgegnete der Wirt: »Denke, Gentlemen, ist am besten, geht ein Haus weiter, kann euch zur Nacht nicht aufnehmen.«

      »Das wäre?« sagte der erste wieder, ein hochgewachsener kräftiger Mann mit kurzem dunklem Vollbart und verwegenem Gesichtsausdruck. »Wollen dich bezahlen, Mann, sind Greenbacks da.«

      »Sage euch, Gentlemen, habe kein Nachtquartier ist ein Fakt.«

      Der Mann, der augenscheinlich nicht ganz nüchtern war, stieß einen grimmigen Fluch aus und machte Miene, sich den Eingang zu erzwingen, als ihn einer der hinter ihm Stehenden zurückzog und ihm zuflüsterte: »Keinen Streit. Gib Ruhe. Laß mich machen. Wir müssen die Pferde füttern und tränken.«

      Der zweite trat dann vor und sagte höflich zu dem kaltblütig dreinschauenden Wirt: »Es tut uns leid, daß wir bei Euch nicht Aufnahme finden können, denn wir haben einen langen Ritt hinter uns. Entschuldigt meines Gefährten rauhe Weise, es ist seine Art so, aber es klingt schlimmer, als es gemeint ist.«

      Der Wirt blickte ruhig den Sprechenden an, erwiderte aber nichts.

      »Könnt Ihr uns nicht Herberge geben, Mann, so gebt uns wenigstens einen Schluck und laßt die Pferde tränken und füttern, wollen dann ein Haus weiter gehen.«

      »Sollt's haben, Leute, kommt herein,« sagte Grover und gab Raum.

      Die drei eben Angekommenen traten ein. Alle zuckten merklich zusammen, als sie unerwartet die Farmer vor sich sahen, denn diese hatten sich während des Zwiegesprächs draußen lautlos verhalten, so daß ihre Anwesenheit die eintretenden Männer überraschte. Derjenige jedoch, welcher den Wirt in so höflicher Weise eben angeredet hatte, sagte ruhig: »Guten Abend, Gentlemen.«

      Der Gruß wurde nicht erwidert, doch waren aller Augen auf die Männer gerichtet.

      »Bei Jove, Wirt, einen Becher Brandy, flink, mir klebt die Zunge am Gaumen,« schrie der Lange, »eine Höllennacht und Satanswege!«

      »Hättet bei Tage reiten sollen, Männer,« sagte der Wirt und überreichte ihnen die Becher mit dem verlangten Trank. Dabei flüsterte er dem alten Steward etwas zu. Dieser gab dem ihm zunächst Stehenden einen Wink mit den Augen und setzte sich wieder, worauf auch die andern schweigend wieder Platz nahmen.

      »Schaff einen Sitz am Kamin, Wirt,« schrie der Lange wieder, »der Ost hat mich steif gemacht.«

      »Seht, wo ihr Platz findet, Männer, kalkuliere, ist der Kamin besetzt.«

      »Kalkuliere, kalkuliere besetzt Unsinn,« brummte der rauhe Geselle, setzte sich aber doch abseits, da ihm die finstere Ruhe der Farmer wohl nicht ganz unbedenklich erscheinen mochte.

      Die Physiognomien der drei Männer waren nicht gerade vertrauenerweckend.

      Der dritte blieb, wie ein unbefangener Beobachter leicht hätte bemerken können, geflissentlich abseits von der Gruppe der Farmer und hielt sein Gesicht so gut als möglich vom Lichtschein entfernt.

      Der zweite, höflichere dieser drei unerwarteten Gäste, dessen Züge Intelligenz verrieten, wandte sich an die Farmer mit den Worten: »Ist's eine besondere Veranlassung, die euch in diesem einsamen Store zusammengeführt hat, Mitbürger?«

      Der alte Steward maß den Sprecher langsam von oben bis unten mit den scharfen grauen Augen, eine Musterung, die der Betreffende ruhig ertrug, und sagte dann: »Hatten eine Frolic, Mann, haben heute morgen in Brook einen Pferdedieb baumeln lassen.«

      »Recht so,« entgegnete jener, »haben's im vorigen Monat am Saginaw ebenso gemacht. Ist kein andres Mittel, die Landplage los zu werden.«

      »Seid vom Saginaw?«

      »Sind.«

      »Ist ein weiter Weg bis zum Muskegon.«

      »Haben Geschäfte hier wollen «

      »Tut am besten, Mann, behaltet Eure Geschäfte für Euch,« sagte der alte Farmer ganz ruhig, »sind nicht neugierig.«

      Die andern saßen schweigend und hörten aufmerksam zu, nur der Lange, welcher rasch einige Becher heißen Whisky hinabgestürzt hatte, ging unruhig auf und ab. Plötzlich bemerkte er den in der Ecke kauernden Indianer, der ihm bis jetzt in der Ueberraschung, welche ihm die unvermutete Anwesenheit einer stattlichen Zahl Landleute bereitet hatte, entgangen war.

      »Goddam!« schrie er, »eine Rothaut in der Gesellschaft von Gentlemen? Willst du hinaus, rotes Vieh!« und er versetzte dem Indianer einen Tritt, daß dieser aus seiner sitzenden Lage auf die Erde gestreckt ward. Einen dumpfen Schmerzenslaut ließ der Mann vernehmen, blieb aber liegen, wo er hingefallen war.

      Der junge Fremde, der mit Aufmerksamkeit die drei Fremden und das Verhalten des Wirtes wie der Farmer beobachtet hatte, sprang bei der rohen Tat auf und faltete die Stirne.

      Der Wirt kam hinter seiner Bar hervor, die Farmer verhielten sich schweigend.

      »Denke, Mann,« sagte Grover ruhig, »wenn die Rothaut für unsre Gesellschaft gut genug ist, dürfte sie es für die Eure auch sein.«

      »Den Teufel auch, wollt Ihr Gentlemen mit solchem Gesindel zusammensetzen?«

      Der junge Mann war ihm näher getreten, ebenso der höfliche Begleiter des Langen, während der dritte der eben Angekommenen ruhig im Schatten sitzen blieb.

      »Warte, Rothaut,« lachte der Große in roher Weise, »deinesgleichen muß man ausräuchern.« Er schüttete rasch etwas Pulver aus seinem Horn auf die Hand, legte es dicht neben den Indianer, welcher jetzt vergebliche Versuche machte, sich aufzurichten, ergriff, ehe es jemand


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