Der Pfadfinder. James Fenimore Cooper
von der Wahrheit machen können, oder die Hilflosigkeit des Menschen, wenn es den Kampf gegen die Macht und Majestät der Natur gilt, besser gekannt haben würde.
„Ist das die Stelle, deren Ihr erwähnt habt?“ sagte sie zu Jasper, als ihr das Geräusch des Stromschusses zum ersten Mal frisch und deutlich zu Ohren kam.
„Sie ist es; und ich bitte Sie, Vertrauen zu mir zu haben. Unsere Bekanntschaft ist zwar noch jung, Mabel; aber wir leben hier in der Wildniß viele Tage in Einem, und es kommt mir bereits vor, als ob ich Sie schon Jahre lang gekannt hätte."
„Auch ich fühle gegen Euch nicht, wie gegen einen Fremden, Jasper. Ich habe einiges Vertrauen zu Eurer Geschicklichkeit sowohl, als zu Eurem guten Willen, mir einen Dienst zu leisten."
„Wir werden sehen, wir werden sehen. — Pfadfinder peitscht die Schnellen zu nahe am Mittelpunkt des Flusses; das Wasserbette ist gegen das östliche Ufer zu enger; aber ich kann mich ihm jetzt nicht verständlich machen. Halten Sie sich fest an den Kahn und befürchten Sie nichts.“
Im nächsten Augenblick hatte die rasche Strömung sie in den Stromschuß getrieben. Drei oder vier Minuten sah das mehr von heiliger Scheu als von Furcht ergriffene Mädchen rund um sich nichts als die Güsse glänzenden Schaumes, und hörte nichts, als das Brausen der Wasser. Zwanzigmal schien der Kahn von irgend einer kräuselnden, glänzenden Welle, die man sogar in der Dunkelheit der Nacht erkennen konnte, überschüttet zu werden; und eben so oft glitt er unbeschädigt daran vorbei, getrieben durch den kräftigen Arm dessen, der seine Bewegungen leitete. Einmal, aber auch nur Einmal, schien Jasper seine Herrschaft über die zerbrechliche Barke zu verlieren, in welchem kurzen Augenblick sie rund herum wirbelte; aber durch eine verzweifelte Anstrengung brachte er sie wieder in seine Gewalt, gewann das verlorene Fahrwasser wieder und fühlte sich bald für alle seine Beängstigungen dadurch belohnt, daß er den Kahn ruhig in dem tiefen Wasser unterhalb der Stromschnellen dahin schwimmen sah, ohne daß dieser von dem Elemente so viel eingenommen, als zu einem Trunke hätte dienen können.
„Alles ist vorüber," rief der junge Mann freudig. „Die Gefahr ist vorbei, und Sie dürfen nun hoffen, noch in dieser Nacht ihren Vater zu umarmen."
„Gott sei gepriesen! Jasper; Euch verdanken wir dieses große Glück.«
„Der Pfadfinder kann einen guten Theil des Verdienstes in Anspruch nehmen. Aber was ist aus dem andern Kahn geworden?"
„Ich sehe Etwas in der Nähe auf dem Wasser. Ist es nicht das Boot unserer Freunde?"
Wenige Ruderschläge brachten Jasper an die Seite des fraglichen Gegenstandes. Es war der andere Kahn, leer und mit aufwärts gerichtetem Kiele. Der junge Mann hatte sich kaum über diesen Umstand Gewißheit verschafft, als er anfing, sich nach den Schwimmern umzusehen, und zu seiner großen Freude entdeckte er bald Cap, welcher mit der Strömung abwärts trieb. Der alte Seemann hatte die Gefahr des Ertrinkens derjenigen, mit welcher er beim Landen von den Wilden aus bedroht war, vorgezogen.
Er wurde, obschon nicht ohne Schwierigkeit, in den Kahn geholt, und damit hatte daß Nachforschen ein Ende. Jasper war nämlich überzeugt, daß der Pfadfinder in dem seichten Wasser an's Ufer waten werde, um seine geliebte Büchse nicht verlassen zu müssen.
Der Rest der Fahrt war kurz, obgleich sie mitten in der Dunkelheit und Ungewißheit gemacht wurde. Nach einer kleinen Weile ließ sich ein dumpfes Getöse vernehmen, welches zuweilen dem Rollen eines entfernten Donners und dann wieder dem Brausen der Wasser ähnelte. Jasper erklärte seinen Gefährten, daß sie nun die Brandung des See's hörten. Vor ihnen lagen niedrige, gekrümmte Landspitzen, von denen eine eine Bai bildete.
Hier fuhr der Kahn ein und schoß geräuschlos an das kiesige Ufer. Dieser Uebergang war so rasch und ergreifend erfolgt, daß Mabel die Vorgänge kaum fassen konnte. Im Laufe weniger Minuten kamen sie an den Schildwachen vorbei; das Thor wurde geöffnet und das bewegte Mädchen fand sich in den Armen eines Vaters, der ihr fast ein Fremder geworden war.
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