Blutspur in die Vergangenheit. Robert Zirlewagen
Hat er noch mal Geld bekommen und blockiert deshalb unsere Kontaktversuche?“
Robin überlegte noch während Batman seine Gedanken präsentierte.
Sie hatten sich die beiden Namen gegeben, um beim Mailverkehr und den Telefonaten nicht gleich aufzufallen, falls doch mal jemand an ihren Kontakt kommen sollte.
Anfangs war es wichtig, mittlerweile machten sie sich eher einen Spaß aus den Künstlernamen.
Robin stieg jetzt in die Unterhaltung ein: „Annabelle wird es rausfinden. Wir brauchen hier das Gesetzt auf unserer Seite. Es geht darum einem Dreckskerl sein Handwerk zu legen. Wie kaltblütig die sind, sieht man jetzt an dieser Mordserie?“
Batman nickte. Mal schauen, was ich über Kat noch in Erfahrung bringen kann. Ihren Verdacht sollten wir nicht ganz außer Acht lassen. Es wird eh langsam Zeit, die beiden langsam mit mehr Wahrheit zu bestücken. Wenn es zu lange dauert, dann stirbt vielleicht noch mal jemand.“
Er überlegte kurz und fügte dann hinzu: „Wir müssen auch dringend herausfinden, wer diese Mails verschickt. Natürlich steckt er dahinter, doch bin ich mir nicht sicher, ob es ein direkter Kontaktversuch war oder ob er jemand auf sie angesetzt hat.“
11. Ein geheimnisvoller Typ
Der Dienstschluss ließ nicht mehr lange auf sich warten. Katrin tauchte kurz nach zwanzig Uhr bei Sam auf. Sie bog in die kleine dunkle Seitengasse ab und klingelte an der Haustüre. Durch das Treppenhaus kam man über eine Steintreppe hinauf in das zweite Obergeschoss.
Die Wohnung erstreckte sich über einen Großteil des darunter liegenden Ladengeschäfts. Gleich wenn man durch die Eingangstüre links eintrat, stand man in einem riesigen Raum, der das Esszimmer und das dahinterliegende Wohnzimmer präsentierte. Eine offene Küche, die man erst nach ein paar Schritten erblickte, lag etwas versteckt rechts in einer Nische. Eine kleine Bar mit zwei davorstehenden Hockern trennte den weiß glänzenden Kochbereich vom offenen Ess-/Wohnzimmer.
„Darf ich?“ fragte Katrin und ging bereits weiter in den hinteren Bereich. „Tu dir keinen Zwang an. Das Schlafzimmer ist hinten links, wenn dich das interessiert.“
Tatsächlich fand sie auch noch diese Türe und trat ungeniert ein. Hier breitete sich ein riesiges Bett aus, welches nur Zentimeter vor dem, durch eine Glaswand getrennten, Bad stand.
„Geil“, sagte sie spontan, während Sam hinter ihr auftauchte.
„Kaffee, Whisky oder lieber Portwein?“ Katrin überlegte kurz: „Einen kleinen Portwein bitte. Vielleicht aber nur so viel, dass wir nicht schon das Taxi auf dem Hinweg benötigen.“
Sie nahmen an der Bar Platz, um sich auf den Abend einzustimmen: „Was für eine Erleuchtung hattest du denn gestern, welche dich so umgebogen hat?“
„Hängt alles mit meiner Vergangenheit zusammen. Ich habe früher ein paar Dinge getan, die ich nicht hätte tun sollen. Jedenfalls musste ich im letzten Jahr ein ziemliches Tief durchlaufen und hab zu nichts mehr richtig Lust gehabt. Sport, Männer, der Job, alles hat mich irgendwie angekotzt. Nun machte sich gerade in den letzten zwölf Monaten auch noch dieses Gefühl breit, als hätte ich einen von mir angezettelten Krieg gegen meinen Vater verloren. Ja, und aus diesem Loch krabble ich nun langsam wieder raus.“
Es entstand eine kurze Pause nach welcher Sam das Thema wechselte, da sie nicht daran interessiert war, weiter über ihre Vergangenheit zu reden.
„Ich war übrigens gestern joggen. Vielleicht als kleine Kampfansage für unseren Triathlon, damit du dir nicht zu sicher bist, wer von uns zuerst ins Ziel kommt.“
Katrins Antwort kam knapp, aber mit einem breiten Lächeln unterstrichen: „Beim letzten Triathlon wurde ich Dritte und mein Ziel ist es, mich sukzessive zu verbessern.“
„Okay! Dann mal ein kurzer Schnelltest? Wenn du beim Laufen den Zweiten überholst, wievielter bist du dann?“
Katrin antwortete wie aus der Pistole geschossen: „Dann habe ich es endlich geschafft und bin auf meinem geliebten ersten Platz!“
Sam hob triumphierend die Faust: „1:0 für mich. Den ersten Drink übernimmst heute du.“
Da kam die junge Kollegin doch ins Grübeln und hielt sich das Szenario gedanklich noch mal vor Augen. „Schei……! Du hast Recht. Wenn ich den Zweiten überhole, war ich ja Dritter und bin somit erst auf Rang zwei vorgerückt.“
Sam nickte und setzte laut zum Dolchstoß an: „Ja! Weiter wirst du wohl auch nicht kommen, da der erste Platz ja schon für mich reserviert ist.“
Ein erneuter Gegenschlag von Katrin ließ nicht lange auf sich warten: „Für dich ist es ja auch einfach, Erster zu werden.“ Da Sam nicht gleich verstand, legte Katrin nach: „Na, mit über dreißig kannst du ja schon bei den Seniorinnen antreten.“
„Danke!!!“ Lachend stießen die Portweingläser zusammen, bevor es wenig später endlich Richtung Seebach ging.
„Wie gehen wir heute vor?“ Katrin spielte mit ihrer Frage auf das Männerthema an.
„Falls es heute jemanden gibt, der mich nicht anquatscht, dann bekommt er eine Chance.“
Beide fingen laut an zu lachen und Katrin ergänzte: „Also schon wieder ohne Beute heimfahren?“
Somit bekam dann auch die Begrüßung von Lui, am Eingang der Seebach, von Katrin den passenden Kommentar: „Leider verloren, mein Freund!“
„Schade eigentlich“, ergänzte Sam und der Türsteher blieb etwas verwundert und enttäuscht zugleich, im schmalen Eingangsbereich zurück. Die Uhr zeigte kurz vor zehn, wobei nicht wirklich viel los war.
Die Mädels setzten sich an die Theke des kleinen Bistros, welches rechts hinter der Kasse durch eine Schwingtüre vom Hauptbereich getrennt lag. Es war der bekannte Raum, in dem die Einbrecher zugeschlagen hatten. Mit je einem Baguette und zwei Radlern begann die Stärkung für eine lange Nacht.
Danach ging es hinauf in den zweiten Stock, wo sie die Tanzfläche von der Bar aus gut einsehen konnten.
Hatte der Handymörder mit seiner Anwesenheit heute in der Disco geblufft oder würde sich dieses Ungeheuer tatsächlich blicken lassen? Sam versuchte sich all die Gesichter einzuprägen, welche ihr hier noch nie aufgefallen waren. Verkehrte dieser Typ eventuell schon länger in ihrer Umgebung?
„Lust zu tanzen?“ Katrin ließ mit einem: „Sorry, aber hab keinen Bock“, nun schon den Dritten abblitzen und Sam bekam bestätigt, dass hier eine ernst zu nehmende Konkurrentin am Start war. Sie selbst hatte bis jetzt erst eine Einladung zu einem Drink abgeschlagen. Die jüngere Kollegin lag also eindeutig in Führung.
Während sie Katrin von oben bis unten inspizierte, musste Sam sich eingestehen, dass diese, in ihrem zu kurzen Trägerhemdchen, welches es nicht ganz bis zur abgenutzten Jeans schaffte, sehr ansprechend rüberkam. Die schweren Biker-Stiefel rundeten das Ganze lässig ab. Ihr langer Körper kam perfekt zur Geltung und die Augen strahlten förmlich im Schwarzlicht.
Samantha trug dagegen ein schwarzes Hemd, leger über ihrer enganliegenden Jeans. Sie hatte ein paar leichte Sommerschuhe an, um nicht noch größer zu wirken. Das Outfit kaschierte die eigentlichen Formen, worauf sie den mangelnden Erfolg heute zurückführte.
„Wenn das mit der Anmache nicht bald besser wird, dann musst du heute die halbe Disco mit nach Hause nehmen,“ fing Katrin nun auch noch an zu sticheln.
Da drehte der Boss auf und ließ den Flirtblick über die Location schweben. Glücklicherweise funktionierte es noch immer, dass sie eher auf einen Drink eingeladen, statt zum Tanzen aufgefordert, wurde. Nach dem sechsten Bier spürte sie dann langsam, wie der Alkohol anfing zu wirken, während Katrin gerade mit ihrem Bruder, ziemlich nass geschwitzt, von der Tanzfläche zurückkehrte.
Katrin: