Stille Tage in Paris. Monica Armstrong
Filme hast du bisher gedreht?“, frage ich.
„Zehn“, antwortet Eric.
„Super!“ – ich wage es, seinen Namen auf IMDb zu suchen.
„Kurzfilme“, ergänzt Eric.
„Immerhin etwas. Und Langfilme?“, frage ich.
„Keinen. Leider“, antwortet Eric.
„Shit. Wer soll deiner Meinung nach dieses Epos finanzieren?“, frage ich schon ziemlich genervt.
„West-Film, zum Beispiel“, antwortet Eric mit der Selbstverständlichkeit eines Meisterregisseurs.
„Mein Vater schmeißt mich hochkantig hinaus, wenn ich ihm dieses Projekt vorschlage“, antworte ich.
„Glaubst du wirklich?“, fragt Eric.
„Ich bin mir absolut sicher“, antworte ich.
„Man könnte ja das Buch um zehn Prozent kürzen, aber mehr Kompromisse kann ich unmöglich eingehen“, sagt Eric.
„Das ist ja schon einmal ein Schritt in die richtige Richtung“, versuche ich den Meisterregisseur zu beschwichtigen, der mit der größten Selbstverständlichkeit der Welt sein Sakko und Hemd auszieht.
„Was passiert jetzt?“, frage ich.
„Jetzt wird gevögelt“, antwortet Eric.
„What?“
„Du glaubst wohl nicht im Ernst, dass ich mit der einen Stunde von heute Nacht zufrieden bin“, antwortet Eric.
Ich spiele mit der Versuchung, ihm eine zu kleben, aber er lässt sich nicht abschütteln.
Ich werde flachgelegt und, ob ich will oder nicht, gevögelt. Die Beine sind breit, zumindest hat er schon etwas von Verhütung gehört. Er verwendet Kondome. Wir beginnen mit einer wilden Schmuserei, dann geht es zur Sache.
Knapp zwei Stunden vögeln wir durch, dann steht er auf, als wäre nichts passiert, und haut mir ordentlich auf den blanken Hintern.
„Vorwärts, wir haben einen Termin mit den Amis“, sagt Eric.
Ich bin schockiert. Ich muss unbedingt unter die Dusche, was mir freundlicherweise noch zugestanden wird. Selbstverständlich bleibe ich nicht allein in der Duschkabine, was wieder zu sexuellen Komplikationen führt, aber er ist schneller als ich im sexfreien Raum.
Kaum habe ich den Wasserhahn abgedreht, ist Eric schon mit einem Badetuch da und rubbelt mich ab.
„Vorwärts! Jetzt keine Zeit verschwenden, die Amis warten nicht gerne!“ schreit er herum.
So eine Frechheit ist mir auch noch nie passiert.
„Was willst du anziehen?“, fragt Eric.
„Jeans, T-Shirt, Jacke, weiße Sportschuhe usw.“, antworte ich.
„Sag einmal, spinnst du?“
„Bis jetzt noch nicht“, antworte ich.
„Wir sind hier in Paris und nicht in diesem verdammten New York City“, gibt Eric zurück.
„Oh my God, was will der feine Monsieur Parisiano mit seinem 300-Seiten-Drehbuch – dass ich mich aufdonnere wie bei einer Fashion Week?“, gebe ich zurück.
„Fashion Week! Endlich eine gute Idee. Vorwärts, ab in den Fundus, in so einem uralten Studio wird ja wohl was Passendes für dich zu finden sein.“ Eric packt mich und zieht mich aus der Wohnung nach unten. Offenbar kennt er sich in den legendären Jenner-Studios, die jetzt „West-Studios“ heißen, perfekt aus.
„Moment, Moment, Moment. Wer sagt dir, dass ich so einen alten Fummel anziehe?“, streite ich zurück.
„Willst du denn jeden Tag dieselben Klamotten tragen?“
„Wieso nicht? Jeans, Jacke und Turnschuhe mögen die Amis“, argumentiere ich logisch.
„Ouí, in den USA, aber hier in Paris wird die amerikanische Modeinfantilität verachtet. Das ist dir hoffentlich klar, Madame?!“, zickt Eric herum.
„Pass mal auf, Amigo mio, nicht einmal, wenn ich 100 Millionen Dollar beim Bingo-Spielen gewinne, werde ich deinen fucking Film produzieren!“, kreische ich.
Eric haut mir eine runter.
Uff, so etwas muss ich mir wirklich nicht gefallen lassen! Aber bevor ich zum Gegenangriff übergehen kann, habe ich schon die nächste Ohrfeige abgefangen. Na so etwas lasse ich mir wirklich nicht gefallen. Ich gehe auf Eric los und raufe mit ihm wüst herum. Ich beiße und kratze ihn. Er packt meine Arme.
„Hast du noch nicht genug?“, wagt er mich zu fragen.
Ich heule los wie eine Göre aus der High School.
Immerhin werde ich in die Arme genommen, aber nur kurz.
„Schluss mit der verdammten Heulerei, jetzt geht es um Modeprobleme und dann zu den Amis ins Hotel, und wehe, du zickst weiter herum“, treibt mich Eric mit ein paar Klapsen auf den Po an.
Jetzt reicht’s mir aber wirklich. Ich werde diesen Chauvinisten in der Rumpelkammer der Jenner-Studios einfach abstechen und dort im Fundus vergammeln lassen. Vor polizeilicher Verfolgung brauche ich mich nicht zu fürchten, denn ich bin mir absolut sicher, dass Eric niemandem, am wenigsten den Leuten in der Filmbranche, abgehen wird.
Wir erreichen den Fundus, und Eric angelt ein paar Klamotten für mich raus, die mir, das muss ich zugeben, tatsächlich besser stehen als der Fummel, den ich aus Kärnten mitgenommen habe.
„Du hast übrigens Glück, dass die Amis nach der gestrigen Nacht unpässlich sind“, gibt Eric zum Besten.
„Was, das wagst du noch zu sagen?“, fauche ich armes, gequältes US-Girlie in diesem fucking Paris.
„Sûr, bei Frauen geht bekanntlich nichts weiter, wenn man ihnen Zeit lässt“, gibt Eric zurück und hat die Frechheit, ein paar Fotos von mir in meinem neuen Aufzug zu machen.
„Du siehst aus wie die Schneider im Letzten Tango. Hast du von dem Film schon einmal gehört?“, fragt Eric und fotografiert.
„Ja.“
„Und gesehen auch?“ Eric fotografiert mich weiter.
„Ja.“
„Sehr gut. Wo?“ Eric macht Großaufnahmen von mir.
„Klagenfurt. Kärnten. Österreich.“
„Wo ist denn das?“, fragt Eric und fotografiert.
„Ein Planet auf einem anderen Sonnensystem“, sage ich.
„Dachte ich es mir doch. Nie von dem Loch gehört. Ist wohl Lichtjahre von Paris entfernt“, sagt Eric und fotografiert.
„Wofür sind die Fotos?“, frage ich.
„John, der Boss von West-Film, also dein Dad, und deine Mom in LA und was weiß ich wer noch wollen ja auch ihre Freude an ihrer gutaussehenden Tochter haben. Außerdem brauche ich Fotos von meinem Cast für allfällige Produzenten und für die Auswahl der Kostüme, die ja auch was hergeben müssen. Die Kostüme sind wichtig, oder willst du in deinem ersten französischen Spielfilm daherkommen wie Bob der Baumeister aus der englischen TV-Soap“, argumentiert Eric gekonnt dagegen.
Mir bleibt im wahrsten Sinne des Wortes die Spucke weg.
Okay, es ist wohl besser, diesem schäbigen Kerl zu folgen, der seine Ziele mit Ohrfeigen durchzusetzen versteht, als vernünftige Argumente vorzubringen, die an einem Vollidioten wie diesem Pariser völlig abprallen.
Wir eilen die Stiege hinunter, und ich nütze die günstige Gelegenheit, ihm von hinten einen ordentlichen Tritt in den Arsch zu versetzen. Er knallt die letzten paar Stufen hinunter und ballt die Fäuste. Wir liefern uns einen Boxkampf im ersten Stock, ich bin auch gut in Form, doch Eric packt mich schon wieder.
„Paix?“