Die Chroniken von Elderon. B.R. Schlüter
Baum der Wiederkehr? Gibt einem das Teil ein Leben nach dem Tod, oder was?“ fragte ich etwas ungläubig
„Hahahaha nein, das nicht. Aber zur Winter-, als auch zur Sommersonnenwende, treten die Geister der Verstorbenen durch diesen Baum hindurch und können dann von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang ein paar Stunden mit ihren Liebsten verbringen, jedenfalls wenn man zuvor dessen Namen an einen der Äste gehängt hat“
Ich schaute sie ungläubig an. „Ja aber wenn nur die königliche Familie Zutritt zu diesem Garten hat, dann ist das doch absolut unfair gegenüber dem Volk?!“ protestierte ich direkt.
„Deshalb gibt es am Schlosstor einen Briefkasten, extra für die Namen der Toten, die die Bevölkerung in diesen beiden Nächten wiedersehen wollen. Etwa eine Woche vor dem Fest der Wiederkehr kommen die Menschen zum Schloss und werfen die Namen ihrer Liebsten in den Briefkasten, so dass König Matteo, Königin Alexis und deren Vertraute, die Namen an den Baum hängen können.“ erzählte Lilly und ein kurzes Lächeln ging über ihr Gesicht.
Weiter hinten im Garten gab es eine kleine Wohlfühl-Oase, direkt neben dem Wasserfall wurden mehrere Kissen, sowie eine Bank und eine Art 'Hollywoodschaukel', aus Blumenranken platziert.
„Gut wollen wir erst einmal auf der Bank platz nehmen? Dann kann ich dir deine Fragen besser beantworten, weil das wird etwas mehr Zeit in Anspruch nehmen und so lange kann ich nicht stehen.“ schlug Lilly vor und deutete auf die Bank neben dem Wasserfall.
Wir gingen hinüber und setzten uns, zueinander gewandte, hin.
„So wo fange ich an? Mein Name ist Lilly Starfly, ich wurde am gleichen Tag geboren wie du. Aber das weißt du ja.“ fing sie an.
„Ja und weiter?“ fragte ich ungeduldig.
„Wie du ja schon mitbekommen hast, bin ich eine Fee. Wir Feen leben weiter östlich in den Haunted Woods und sind eigentlich nur geflügelte Gärtner, da wir eng mit der Natur verbunden sind.
Alle tausend Jahre, wenn ein königliches Baby in Sunset zur Welt kommt, leuchtet ein Blütenkelch am Baum der Seelen auf und daraus kommt dann am gleichen Tag eine besondere Fee.“ erzählte Lilly weiter.
Ich schaute sie etwas fragwürdig an. „Feen werden aus Blüten geboren?“ fragte ich etwas ungläubig.
„Ja und nein. Nur Feen der Königskinder kommen aus dem Blütenkelch, alle anderen kommen ganz normal, per Geburt zur Welt. Diese Königskinder Feen sind eng mit dem Baby verbunden, auf emotionaler Ebene. So wie es auch bei uns Beiden der Fall ist. Man sagt sogar, dass man irgendwann gegenseitig die Gedanken des Anderen lesen kann.“ beantwortete sie mir meine Frage.
Okay Lilly war also meine engste Vertraute, das würde auch erklären warum sie mit mir im Garten sein konnte. Aber ob Fee oder nicht und auch ob Schicksal oder nicht, sie war schon immer meine beste Freundin und das würde auch so bleiben.
„Machen wir weiter mit Stardust, den Wolf den auf der Lichtung gesehen hattest. Jedes magische Wesen, dass das erste Mal in seinem Leben lacht, erschafft sich damit einen Seelenwächter. Einen treuen Begleiter, der verschiedene Formen haben kann. Bei dir ist es, wie in deiner Familie üblich, ein geflügelter schwarz weißer Wolf. Warum schwarz und weiß, werden dir die Hüter erklären, aber vielleicht kommst du auch selbst darauf.“ sagte Lilly und zwinkerte mir zu. Dann fuhr sie fort.
„Mein Seelenwächter ist ein Pegasus namens Dreamy.“
„Und wo ist sie, was ist das genau und was ist die Aufgabe eines Seelenwächters?“ unterbrach ich sie und schaute automatisch hoch zu den Wolken.
Lilly pfiff einmal kräftig mit ihren Fingern und plötzlich kam eine Wolke direkt auf und zu.
Mit viel Wind und einer riesigen Staubwolke landete ein großes weißes, geflügeltes Einhorn vor uns, das eine goldene Mähne, ein blaues Horn und grüne Augen hatte.
„Hallo Lilly, hallo Juna. Wie kann ich euch behilflich sein?“ fragte Dreamy und und verbeugte sich leicht.
Mir stand der Mund weit offen.
Dieses Geschöpf war majestätisch.
„Nun Dreamy, erkläre Juna doch bitte mal, was genau du bist und was die Aufgaben eines Seelenwächters ist.“ sagte Lilly zu ihrem Wächter gewandte.
„Wir sind ein Teil von euch. Sobald ihr euer erstes Lachen ausstoßt, löst sich ein winziger Teil eurer Seele ab und daraus entsteht dann ein Seelenwächter. Wir haben die selben Träume, Wünsche, Sehnsüchte und Ängste wie ihr. Und wir sind dafür da, dass sich möglichst viele Wünsche und Hoffnungen von euch erfüllen.“
Ein langes „Ahhhhhh“ entwich mir, obwohl ich das Ganze immer noch nicht so ganz verstanden hatte.
„Und was genau haben meine Adoptiveltern jetzt mit dem ganzen hier zu tun? Sie sind Menschen und ahnen wahrscheinlich nicht mal etwas von diesem Ort.“ entgegnete ich gegenüber Lilly.
Doch sie schüttelte nur den Kopf.
„Nein, ganz so einfach ist das leider nicht. Sie mal, ein Seelenwächter hat einmal in seinem Leben die Möglichkeit sich eine andere äußere Erscheinung zu geben. Deine Eltern Margret und Cole heißen eigentlich Sunhine und Thunder. Es sind die Seelenwächter deiner leiblichen Eltern.
Nach dem Tod der beiden, waren sich ihre Wächter einig und beschlossen ihr Äußeres der Menschenwelt anzupassen. Sie ließen von den Magiern einen Schutzzauber auf dich und mich wirken, so dass wir ebenfalls menschliche Züge annahmen und sind mit uns beiden in die Welt der Menschen geflohen.
Warum sie so gehandelt haben und was mit deinen Eltern passiert ist....“ Lilly zögerte einen Augenblick lang.
„...das kann und darf ich dir nicht sagen.“ setzte sie ihren Satz dann fort.
„Wenn meine Eltern, nicht meine Eltern sind, wer oder was ist dann Malia?“ fragte ich mit zusammengepressten Lippen.
Lilly starrte auf den Boden. Es vergingen einige Minuten, die sich wie Stunden anfühlten, ehe sie mir antwortete.
„Malia ist eine Magierin, sie ist die höchste Magierin von Elderon. Sie ist der Grund, warum der Tarn- und Schutzzauber all die Jahre anhielt, der auf uns wirkte.“
Ich atmete mehrfach tief durch, mir stiegen Tränen in die Augen und ich musste mich sehr stark zusammenreißen, dass ich nicht gleich alles zusammen schrie.
Ich stand auf und schlug mit voller Kraft gegen die Felswand hinter uns. Immer und immer wieder, bis meine Fingerknöchel anfingen zu Bluten.
„Juna, beruhige dich doch bitte.“ flehte Lilly mich aufgelöst an.
Ich sah sie erst böse an, fiel ihr aber schließlich weinend in die Arme.
Warum hatten mir meine Adoptiveltern, nein die Seelenwächter meiner Eltern, die Teil meiner Eltern sind, nie etwas davon erzählt?
Warum erfahre ich das erst jetzt alles, nachdem ich durch diesen Spiegel gegangen und hier gelandet bin?
Für mich brach eben meine komplette Welt zusammen.
Schließlich musste auch Lilly anfangen zu weinen.
Und so lagen wir uns weinend gegenseitig in den Armen, bis unsere Tränen aufgebraucht waren.
Ein Räuspern unterbrach unsere Umarmung.
König Matteo stand neben dem Baum der Wiederkehr.
„Juna? Da möchte dich jemand Willkommen heißen.“ sagte er und trat einen Schritt beiseite.
Hinter ihm stand Königin Alexis.
Sie sah wunderschön aus. Sie trug ein langes rot-gelbes, ärmelloses Kleid und einen Umhang, in kobaltblau. Ihre Haare waren bereits komplett silbern und einige Fältchen umrandeten ihre Augen.
Es lag so viel Wärme in ihrem Gesicht.
Sie breitete die Arme aus und lief auf mich zu. Ich tat das Gleiche und wir fielen uns in die Arme.
Ich