Magic Stoner. Frank Pfeifer

Magic Stoner - Frank Pfeifer


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der islamischen Höfe bildeten und deren Clangesetze unbezweifelbar auf den TALI Kult zurückgehen. Obwohl unter Saladin die zwei Völker mit der höchsten talismanischen Dichte, Ägypter und Mongolen, feindselig aufeinander prallen, gibt es auch Gemeinsamkeiten. Saladin war Kurde und der Geburtsort seiner Ahnen liegt in der Nähe des Wolfstempels. Die TALISMANEN waren mit den Adeligen beider Machtbereiche verwandt und kontrollierten das Militär sowohl der Ägypter als auch das der Mongolen. Wieso die Mongolen gerade von den damals militärisch schwachen Ägyptern geschlagen wurden, ist bis heute ein historisches Rätsel. Inzwischen kann ich mir dies mit der Intervention der TALISMANEN erklären, die so wenig wie möglich Unruhe in ihrem gesamten Machtgebiet haben wollten. Die Strategie dieser Methode der Machtkonsolidierung deutete darauf hin, dass die Talismanen keinen direkten Zugang zur Exekutive hatten. Entsprechend ihrer Aufgabe im Heer der Mongolen als innerer Geheimdiest agierten sie nicht, sondern sie manipulierten. Die Schlacht der türkischen Mamelukengarde gegen die Mongolen war damit nur noch ein Schauspiel der Geschichte.

       Während meiner gesamten Untersuchungen waren mir immer wieder Hinweise auf den Gebrauch von Drogen innerhalb des TALI-Kultes aufgefallen. Unter dem Zeichen des Heiligen Rosa Kaninchens verbargen die TALISMANEN eines ihrer unergründlichsten Geheimnisse. Die Droge und das Kaninchen hüpften zusammen als vereintes Paar am Horizont meiner Fantasie. Darüber der Wolfsdrachen, der meine Neugier schallend auslachte.

       Die Sache mit Manfred hatte sich damals schnell zu einer nicht aufzuhaltenden Lawine entwickelt. Die Idee mit dem Datenbankzugriff hatte sich bis in höchste Vorstandskreise herumgesprochen. Enthusiastisch berichtete Manfred von der väterlichen Fürsorge seiner Firma, die ihm ein eigenes Forschungsprojekt angeboten hatte, was er fraglos angenommen hatte. Bei einem der nun häufigen Zusammenkünfte mit seinen Vorgesetzten hatte er sich nun doch versprochen und meinen Namen mit ins Spiel gebracht. Der Archäologe Wolf war als unleugbare Realität in Erscheinung getreten. Verständlicherweise waren auch die Chefs interessiert daran, den Initiator einer möglichen Firmenrevolution kennenzulernen. Alles Sträuben nützte nichts. Manfred bestand auf eine Zusammenkunft. Da stand ich nun, gefangen in meiner eigenen Rolle, die bereits einen Großteil meiner Identität ausmachte.

       Das Treffen war an einem nasskalten Novemberabend in einem Frankfurter Schickerialokal angesetzt. Speziell dafür kaufte ich mir einen Anzug, der meine wissenschaftliche Autorität garantierte, und stutzte mein Haar, um den Anschein der Seriosität zu erwecken.

       Ich traf mich mit Manfred zuvor in seiner Wohnung.

       »Hi Wolf.«

       Wolf Five. Das war mein Name. Ab jetzt der Archäologe Wolf. Ohne Five.

       Sein Blick fiel auf mein kurzhaarigen Schädel.

       »Was ist denn mit dir passiert?«

       Ich erklärte ihm schnell die Sache mit den türkischen Flöhen, die mein Haar bis zur Wurzel gefressen hatten.

       »Ich bewundere dich doch oft, Wolf! Dein Enthusiasmus, deine Opferbereitschaft, dein Abenteuergeist. Ein wenig davon ist ja auf mich übergegangen, ich fühle mich manchmal wie ein Kolumbus der Datenbankkonsolidierung.«

       »Auf deine Art finde ich dich auch total toll, Manfred.«

       Ich stand gelangweilt in Anzug und Trenchcoat vor seiner ledernen Couchgarnitur und wartete, dass er seine Toilette beendete. Manfred stand vor dem Badspiegel, kämmte noch einmal sein dunkles Haar, sah sich seine Zähne an und das Innere seiner Ohren. Zufrieden mit seinem Äußeren nahm er sich sein Jackett und voll jugendlichen Schwungs griff er zum Handy und rief ein Taxi.

       »Du wirst sehen, dass die zwei Herren, die wir jetzt treffen, außerordentlich interessiert an diesem Projekt und voll Dankbarkeit für deine Rolle sind, die du ungewollt für die Firma nun spielst. Herr Roth ist der Chef der Abteilung Datenbank und Nutzerprofilerstelltung. Herr Glück ist einer der militärischen Berater des Vorstandes.« Ich schluckte unter meiner freundlichen Grimasse. Ein Wissenschaftler und ein Militär. Da war ich ja mitten in die Höhle des Löwen geraten. Ich fragte mich nur, was die von mir wollten.

       »Hör mal Manfred. Ich finde es ja toll, dass deine Firma trotz meines bescheidenen Beitrags mir solch ein Interesse entgegenbringt, aber ich verstehe nicht warum?«

       »Sei nicht so selbstlos, Wolf. Ohne dich wäre ein wichtiges Kapitel der Menschheitsgeschichte nicht möglich geworden.«

       »Aber nun läuft doch alles ohne mich.«

       »Sei doch nicht so ungeduldig.«

       Er öffnete die Tür und deutete auf den Flur. Auf ging es in das letzte Gefecht, apokalyptische Visionen gehörten inzwischen zu meinem Alltag. Unten wartete bereits das Taxi.

       Die Wände des Restaurants waren großteils mit einem schweren, roten Stoff ausgeschlagen, Barockstühle vor Mahagonitischen, alles ebenfalls mit einem roten Touch. Livrierte Bedienung und Türsteher aus Bodybuilding-Magazinen. Ich war froh mich in meinem einwandfreien Anzug unauffällig hier einreihen zu können.

       Die beiden gewichtigen Herren waren noch nicht anwesend. Wir wurden an den reservierten Tisch geführt, bestellten erstmal einen Jack Daniels und warteten. Manfred schien auch nicht viel zu wissen. Er sonnte sich in der Aufmerksamkeit, die ihm von der Bedienung entgegengebracht wurde, die in uns wohl höchste Tiere der Firma vermuteten. Endlich kamen sie. Manfred zwinkerte aufgeregt zur Eingangstür hinüber, erhob sich, um zu winken. Vor Aufregung begann unter seinem Ohr ein Muskel zu zucken.

       Beide Herren waren von kleiner und drahtiger Gestalt, listig blinkten die Augen, makellos sonnengebräunte Haut, Sonnenbrillen, dezente Siegelringe. Kaum zu unterscheiden die beiden. Der Typ, den Manfred als Herrn Roth vorstellte, hatte einen kleinen Leberfleck auf der Stirn, daran konnte ich ihn identifizieren. Nach einem langwierigen Begrüßungszeremoniell setzten wir uns. Die zwei bestellten einen Cognac, schon war eine Spannungsfalte aufgetan, Jack Daniels gegen Cognac, mir schien das wie ein böses Omen.

       »Als Archäologe in der Türkei haben sie ja einen fast filmreifen Alltag«, sagte nun Roth zu mir gewandt.

       «Tsja, wissen sie, die meiste Arbeit findet ja doch nicht am Ausgrabungsort statt, sondern in Labors und am Schreibtisch. Dazu die lange Vorbereitungszeit. Von Abenteuer kann man da kaum reden, eher von Frischluftsport.«

       »Sehr amüsant, Sport! Aber so ganz alltäglich ist es ja nun doch nicht.«

       Glück fixierte mich, ich fühlte mich ein wenig wie auf dem Seziertisch. Kommt ihr Chirurgen mit euren scharfen Messern.

       »Sind sie denn wirklich zufrieden mit ihrem Job? Unser Kollege«, Roth zwinkerte jetzt zu Manfred hinüber, »erzählte von einigen finanziellen Schwierigkeiten.«

       »Nun ja, finanziell lässt die Ausgrabung doch einiges zu Wünschen übrig. Was keinen Profit abwirft, hat es heutzutage doch schwer. Wer hat denn noch die Begeisterung für die reine Wissenschaft?«

       »Da haben sie recht. Heutzutage lenkt das Kapital das Geschick der Weltbevölkerung. Selbst die Religion hat da nicht diese Prägnanz.«

       Glück rasselte dies hinunter wie ein Zitat. Irgendetwas wollten die von mir.

       »Was halten denn ihre Kollegen von ihren neuen Arbeitstechniken.«

       »Sie meinen den», illegalen, dachte ich, »Datenabgleich«, Hacken der Konkurrenz, flutete es in mein Hirn, »den ihre Firma gerade entwickelt?«

       »Genau! Diese auch für unsere Abteilung revolutionäre Strategie.«

       Roth sah mich mit einem durchdringenden Blick an. Seine Finger spielten langsam und geschickt mit einem silbernen Teelöffel.

      


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