Kadett – Offizier der Kaiserlichen Marine – Briefe von Bord – 1895 – 1901. Willi Franck

Kadett – Offizier der Kaiserlichen Marine – Briefe von Bord – 1895 – 1901 - Willi Franck


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es ist heute ja Sonnabend, da hat man uns Kadetten die man nicht gebrauchen kann auf die Masten geschickt. Hier setze ich also, schreibe, esse und unterhalte mich otherwise. Über Deinen Brief habe ich mich sehr gefreut, auch darüber, daß der Papagei endlich vernünftig werden will. Sooft ich bei Tante Wanda bin, freue ich mich über deren Papageien und muss dabei an Deinen denken. Wie geht es eigentlich in Cöln? Ist der Birnbaum schon verblüht? Und wie sieht es überhaupt im Garten aus? Giebt es dies Jahr Aprikosen? Es giebt hier vieles Interessantes was ich schon an die Eltern geschrieben habe oder noch schreiben werde. Hier oben ist es sehr windig, und da ich gerade in den Wind sehen muss, so thränen mir die Augen etwas. Lebe also wohl und entschuldige Schrift und Unsauberkeit, ich bin ja den ganzen Mast aufgeentert.

      Herzlichen Gruß u. Kuß von Deinem Bruder

      Willi.

      Pinneberg, den 1. Juni 1895

      Liebe Eltern!

      Hier von Pinneberg aus sende ich Euch und den Schwestern herzliche Pfingstgrüße und wünsche Euch recht schöne Feiertage. Nun will ich etwas aus der letzten Zeit, wo wir uns in der Nähe von Kiel herumtrieben, erzählen. Wir fuhren vergangenen Dienstag aus dem Kieler Hafen und ankerten nicht weit davor, bei dem „STOLLENGRUND FEUERSCHIFF“. Dann gingen wir nach Eckernförde, machten am Mittwoch nachmittag einen kleinen Ausflug nach der Stadt und der Umgegend. In der Bucht von E. trafen wir auch mit der „STEIN“ zusammen; wir fuhren dann noch die Meile ab (zum Messen der Fahrgeschwindigkeit) und kehrten dann nach Kiel zurück. Wie wir Kiel verließen, sahen wir auch daß der türkische Avisio (AVISIO: kleines, schnelles Schiff zur Befehlsübermittlung vom Typ der Kleinen Kreuzer. Der türkische Aviso „FUAD“ mit Vizeadmiral Arif Pascha an Bord nahm als letztes Schiffan der Flottenparade zur Eröffnung des Kaiser-Wilhelm-Kanals teil. Als die Begrüßungskapelle merkte, dass ihr die Noten der türkischen Hymne fehlten, spielte sie kurzentschlossen „Guter Mond, du gehst so stille...“) ohne Schornstein in den Kieler Hafen geschleppt wurde; wir konnten uns das ganze Unglück schon denken.

      Das Schachbrett habe ich erhalten, leider ist die ganze Geschichte aus dem Leim gegangen, doch ist nichts eigentlich entzwei gegangen. Ich danke dir vielmals dafür, lieber Papa, und Anna für ihren Brief. Ich muß jetzt schließen, denn in 1 Stunde soll ich auf der Bahn sitzen und vorher noch essen. Lebt also wohl liebe Eltern, nochmals herzliche Grüße sendet Euer

      Euch liebender

      Jüngster

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       Führungszeugnis von der infanteristischen Ausbildung (Führung: sehr gut)

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      Einweihung des Kaiser-Wilhelm-Kanals

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       Kaiseryacht „HOHENZOLLERN“

      Kiel, den 25. Juni 1895

      a. B. S.M.S. „STOSCH“

      Liebe Eltern!

      Es wird mir wohl schwerlich möglich sein, die Beschreibung vom Kanalfeste so ausführlich fortzusetzen, wie ich begonnen habe. Denn einerseits ist schon ziemlich viel Zeit seit dem letzten Briefe verflossen, andererseits haben wir verhältnismäßig wenig gesehen, da wir zu allen möglichen Zwecken an Bord bleiben mußten, wie zum Beispiel zum Paradieren, Manövrieren, zum Bewachen der kleinen Kadetten aus Plön (Das Schloss in Plön diente seit 1868 als preußische Kadettenanstalt in der Provinz Schleswig-Holstein.), die wir an Bord hatten u. a. mehr.

      Jedoch war der Anblick der fremden und deutschen Schiffe, die hier im Hafen lagen, ein großartiger Anblick und die Illumination aller dieser Schiffe ein Schauspiel wie man wohl nicht so bald eines wieder sehen wird. Auch die Stadt Kiel bot einen höchst interessanten Anblick in seinen Hauptstraßen. Jedoch hatte ich geglaubt, daß die Stadt, in Anbetracht der zukünftigen Wichtigkeit des Kanals, noch bedeutend großartiger würde geschmückt werden. Das dagegen muß man zugeben, daß der Hafen sowie die Gegend bei Holtenau so prachtvoll aussahen, wie man sich nur denken kann. Das Feuerwerk war wunderschön; ich habe es vom Meister unseres Schiffes aus sehr gut gesehen; leider hat es auch mehrere Menschen Leben gekostet.

      In den letzten Tagen entfernen sich nun die fremden Schiffe, und es liegen nur noch die Amerikaner, Spanier, Rumänen, der Portugiese und der Türke im Hafen: ein trauriges, ödes Bild nach der Fülle von Schiffen von vor nur kurzer Zeit. So liegen wir jetzt völlig allein vor Friedrichsort, weit draußen in der Bucht. (Eben geht auch der Türke, ein Raddampfer, heraus.) Am Sonnabend und Sonntag war ich auf Urlaub, Sonnabend bei Tante Wanda, das letztere Mal bei Kurt in der Marineschule. Morgen ist Blumen Korso, hoffentlich darf ich ihn in Kurts Boot mit Wasmers und Schaubs zusammen mitmachen. Sonnabend gehen wir also in See, zunächst, wie es heißt, nach Wilhelmshafen (Die Schreibweise mit „v“ entspricht der früheren niederdeutschen, sie wurde zur Einweihung des Kriegshafens 1869 von Kaiser Wilhelm I. verfügt. WF schwankt darin mehrfach.), dann nach Schottland.

      Herzliche Grüße an Euch alle

      Euer Willi

      26. u. 27.6.1895

      Kanalfeiern

      Das Hafenbild wird von Stunde zu Stunde bunter und interessanter. Bälle und Festlichkeiten sind schon in vollem Gange. Auf den Tennisplätzen der Marineakademie errichtet man einen gewaltigen gedeckten Tanzplatz. 4.300 Personen wird er fassen müssen, 1.000 mehr als man gerechnet hatte; denn auf so viel Absagen hatte man gehofft, aber kein Mensch hat abgesagt. Zahlreiche große Tribünen werden errichtet, zahllose Buden gebaut. – Kiel ist thatsächlich ein großer Jahrmarkt –. Beachtung verdient aber die große Festhalle zu Holtenau, die sich in Gestalt eines gewaltigen Schiffes, der vergrößerten „NIOBE“, dort erhebt. Die Untermasten der alten „NIOBE“ sind beim Bau verwand (SMS „NIOBE“ war eine für die Royal Navy gebaute und 1862 von Preußen gekaufte hölzerne Segelfregatte. Sie war bis 1890 in der Kaiserlichen Marine als Schulschiff genutzt worden und wurde als „Mutter der Marine“ bezeichnet. Für die Einweihungsfeier des KWK war in Holtenau ein gewaltiger Nachbau der „NIOBE“ als Festsaal gebaut worden.).

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      Unsere „STOSCH“ ist, wie alle anderen Schiffe, schön in Stand gesetzt, sodaß ich mich jetzt doppelt gemütlich an Bord fühle.

      Die Zahl der bisher schon erschienenen Schiffe kann man vielleicht am besten daraus erkennen, daß wir Kadetten fast ausnahmslos vom Hurrahrufen heiser sind, und doch sind noch lange nicht alle Schiffe hier. Ich schreibe jetzt aus dem Logbuch das Interessanteste, nicht genau, aber dem Sinn gemäß ab. Ich hatte bisher geglaubt die portugiesische Seemacht sei nicht unbedeutend, doch jetzt erfahre ich das Gegenteil. Der Kreuzer läuft nur 13 Seemeilen. Das kann die „STOSCH“ auch; sie ist zwar nicht gepanzert, aber die Armierung dafür beinahe gleich.

      Eben ist Flaggenparade. Ich habe aus dem Fenster gesehen, und es war interessant zu sehen, wie die vielen Flaggen sich senkten unter den verschiedenen Melodien, die dabei gespielt wurden. Die Italiener spielten „Heil Dir im Siegerkranz“ (Die Kaiserhymne „Heil dir im Siegerkranz“ wurde zu vaterländischen Anlässen mit Bezug zum Kaiser gespielt bzw. gesungen.).

      Doch nun wieder zu den Schiffen. Auf den Portugiesen folgte bald der dänische Kreuzer „GEISER“, ein ganz neues Schiff von 1892, 17,1 sm Geschwindigkeit. Stärkste Geschütze sind 15 cm Geschütze.

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      Mit dem Dänen zugleich erschien der niederländische Kreuzer „ATJEH“, ein Segelschiff mit sechs 17 cm Geschützen und acht 12 cm Geschützen. Die Niederländer haben die alte Sitte, beim Salutieren den Klüver zu heißen, was früher allgemein war, beibehalten.


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