Kadett – Offizier der Kaiserlichen Marine – Briefe von Bord – 1895 – 1901. Willi Franck

Kadett – Offizier der Kaiserlichen Marine – Briefe von Bord – 1895 – 1901 - Willi Franck


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Schiffe hindurchfahrend, den Kieler Hafen. Zunächst ging es in die Schleuse; es war geschlossen worden, obgleich die Strömung nur unbedeutend gewesen wäre, um einen möglichst hohen Wasserstand zu erreichen. Dann wurden wir durchgeschleußt, und, überall von den Bewohnern begrüßt, fuhren wir durch den Kanal. Die meiste Zeit hindurch hatten wir Unterricht, jedoch sahen wir die Durchfahrt durch die beiden Brücken bei Levensau und Grünethal. Wir hatten die Bramstängen an Deck genommen und so konnten wir hindurch mit einem Zwischenraum von etwa 1 m.

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       S.M.S. „STOSCH“ im Kaiser-Wilhelm-Kanal

      Es wird Euch wohl bekannt sein, daß vor der Einweihung des Kanals mehrere Rutschung vorgekommen sind, und zwar die bedeutendste bei der Grünthaler Brücke. Diese ist auch jetzt noch lange nicht beseitigt, das sollten auch wir merken. Gleich hinter der Brücke bemerkt man ein gewaltiges Loch an der linken Seite (von Kiel aus gerechnet) und hier sowohl wie auch schon bei der Fahrt durch die Brücke machten wir kleine Fahrt. Unglücklicher Weise lag an der betreffenden Stelle ein Baggerkahn, dem wir etwas auswichen. Alle Mann waren vorauskommandiert, da auf einmal ein Ruck, das Schiff hob sich vorne, und wir saßen fest. Doch sollte es nicht schlimm werden, denn gleich darauf rutschten wir langsam wieder herunter. Der erste Offizier meint, wir hätten das dem „Sug“ des Schiffes zu verdanken, denn das nachströmende, vom Schiff mitgerissene Wasser habe uns wieder gehoben.

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       Schleuse Brunsbüttel

      Nun kamen wir ohne Zwischenfall nach Brunsbüttel, wurden wieder durchgeschleußt und befanden uns nunmehr auf der Elbe, auf der wir die gerade abgehende Flut benutzen konnten, um ins offene Meer zu gelangen.

      Mit gestern hat nun auch das eigentliche Wachegehen begonnen. Ich habe schon zwei Wachen im Heizraum gehabt; diese dauern 2 Stunden, während die Wachen an Deck 4 Stunden dauern. Eine von meinen Wachen war gestern Nacht von 12-2. Es kommt einem doch zuerst wunderbar vor, wenn man mitten in der Nacht aufstehen muß, um Dienst zu thun. Aber doch war ich von den drei wachhabenden Kadetten unten derjenige der am wenigsten müde war. Nachher habe ich aber doch noch tadellos „gemulscht“.

      Die „STOSCH“ läuft augenblicklich etwa 8 sm. Heute morgen passierten wir das „BORKUMRIFF-FEUERSCHIFF“ (Das 1875 gebaute Feuerschiff „BORKUMRIFF“ war ein hölzerner Dreimastsegler mit einer Verdrängung von 181 Tonnen und besaß bereits Telegraphenanschluss. Das letzte Feuerschiff „BORKUMRIFF“ (IV) wurde 1988 außer Dienst gestellt und durch GPS ersetzt.) und befinden uns jetzt vor dem Leuchtfeuer von Terschelling. Wir fahren von hier aus durch den Kanal, wahrscheinlich an der französischen Küste entlang ohne Aufenthalt nach Vigo in Spanien. „KAISERIN AUGUSTA“ wird uns noch einholen, „HAGEN“ dagegen ist schon gestern um 3 Uhr in die Elbe gegangen und soll erst in Plymouth Kohlen nehmen. Heute Mittag habe ich zur Feier von Papas Geburtstag ein Glas Wein auf sein Wohl getrunken

      Im Kanal a. B. SMS „STOSCH

      den 1. Juli 1895

      Mit nur 8 sm Fahrt haben wir jetzt doch einen beträchtliche Strecke zurückgelegt, und heute Nachmittag Calais bezw. Dover passiert. Ersteres konnten wir sehr gut erkennen, während England nur am Horizonte sichtbar war. Von Calais aus fuhren wir um das westlicher gelegene Cap Gris Nez herum um jetzt an der Küste Frankreichs entlang zu fahren. Der nächste Hafen wird also wohl Vigo sein; der Ingenieur meinte sogar erst Gibraltar, da die „STOSCH“ dazu hinreichend Kohlen an Bord habe. Es wird also heißen: abwarten!

      Von Gris Nez aus soll übrigens unser Passieren gemeldet werden, bzw. gemeldet worden sein (Der Leuchtturm auf dem Gipfel des Cap Gris Nez war (und ist) Teil der französischen Kanalüberwachung.); wir haben dahin signalisiert. Heute morgen ging ich meine erste Wache an Deck, es war ganz interessant.

      Eben erklärte uns unser Kadettenoffizier, bei etwaigen militärischen Vorgängen in Marokko würden wir Kadetten voraussichtlich an Bord bleiben und die Geschütze bedienen, jedoch Bestimmtes könne man auch hierüber nicht sagen. Zu unserem größten Bedauern üben die Mannschaften in der Tat allein „Landungsmanöver“, und wenn es auch nur an Bord vor sich geht und unbedeutend ist, stärkt es doch nicht die Hoffnung auf Erfüllung unserer Wünsche.

      Eben wurde die Wache aufgepfiffen, zu der auch ich gehöre, und nun haben wir die Gaffel- und Vorsegel (Gaffelsegel: trapezförmiges Segel, das vorne am Mast, oben vom Gaffelholz und unten von einem Baum gehalten wird. Vorsegel: Segel vor dem Mast) gesetzt, und da der Wind ziemlich stark ist, werden wir wohl 1 sm mehr als ohne Segel laufen.

      Die heutige Nacht ist für mich Freiwache; ich freue mich auf das Ausschlafen. Die Blumen, die ich neulich schickte, stammen von dem Mittagstisch am Tage meiner Vereidigung, die Rose ist vom Kaiser.

      Herzliche Grüße

      von Eurem Willi.

      Atlantischer Ocean

      den 3. Juli 1895 a. B. S.M.S. „STOSCH“

      Gestern war ich mit den meisten Kameraden seekrank und für alle anderen Gedanken unzugänglich. Abends hatte ich Wache, wir waren nahe bei Cap La Hague. Wir machten nur sehr wenig Fahrt, da wir bei unseren 8 sm Strömung und Wind entgegen hatten.

      Seit gestern abend geht es mir besser; der Seegang hat bedeutend nachgelassen. Jetzt, um 7 Uhr abends, haben wir den Leuchtturm von Quessant hinter uns gelassen, um quer durch den Golf von Biscaya zum Cap Finisterre zu gelangen. Die französische Küste besitzt, ebenso wie die englische, eine große Anzahl von Leuchttürmen, einen neben dem anderen. Sie wird dadurch sehr interessant.

      Heute sah ich zum ersten Male seit der Zeit von Sylt Tümmler wieder gesehen. Auch einen Hai konnten wir in einiger Entfernung sehen.

      Atlantischer Ocean

      a. B. S.M.S. „STOSCH“ 5. Juli 1895

      In verhältnismäßig kurzer Zeit haben wir den Golf von Biscaya durchquert und fahren nunmehr beim schönsten Wetter die Küste Iberiens hinab, und werden spätestens Sonntag mittag in Gibraltar sein. Dort werden wir nur ganz kurze Zeit bleiben, die Befestigungen ansehen und wieder weiter dampfen. Spanien haben wir leider nicht gesehen, und Vigo haben wir längst hinter uns gelassen. Wir haben in den letzten Tagen immer gedampft und gesegelt, liefen 8-10 sm. Heute arbeiten die Maschinen überhaupt nicht, und da guter Wind ist, laufen wir 9-10 sm. Einmal sind sogar 11 sm geloggt; 12,7 ist die höchste Leistung der Maschine nur für kurze Zeit.

      Vorgestern abend habe ich zum ersten Male Meeresleuchten gesehen, es war sehr interessant, die See unter uns leuchtete wie von vielen 1.000 kleinen, aber hellen, Sternen (Beim Meeresleuchten scheint das Meerwasser blau bis grün zu lumineszieren. Tatsächlich leuchtet aber nicht das Meerwasser selbst, sondern die im Seewasser befindlichen Kleinstlebewesen senden nach Berührungsreiz Lichtsignale aus.). Ich hatte es mir aber im ganzen großartiger vorgestellt, vielleicht kann das ja noch später einmal werden. Endlich wird die Temperatur milder, in Kiel war es so rauh, und jetzt wirds, hier im Süden, warm; dabei ist die Luft aber doch immer angenehm frisch.

      Eben erfahre ich, wir befänden uns nur noch 8 sm von Gibraltar entfernt und würden morgen vormittag dort sein. Dort sollen wir uns mit der „KAISERIN AUGUSTA“, dem „HAGEN“ (Panzerschiff „HAGEN“: Bj 1894, 3.500 t, 15 kn, 276 Mann, 3x24 cm, 8x8,8 cm) und der „MARIE“ (Glattdeckskorvette „MARIE“: Bj 1882, 2.400 t, 14 kn, 300 Mann, 10x15 cm, 4x8,8 cm), die aus Wilhelmshaven kommen soll, zum Geschwader verbinden. Ich bin neugierig zu wissen, ob wir wohl als die ersten ankommen werden.

      Gestern erhielten wir die Löhnung, und zwar in englischem Gelde. Ein Pfund erhielt ich, einschließlich monatlichem Zuschuß. Das Pfundstück schicke ich mit für Ingeborg als Zuschuß zu einer Uhr (Der Wert des Pfundes betrug etwa 20 Mark.) ferner einen besonderen Gruß an sie.

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      Strasse von Gibraltar

      den


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