Die neun größten Städte Südamerikas. A.D. Astinus

Die neun größten Städte Südamerikas - A.D. Astinus


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– (0,1 %), rund 18.000

      Die meisten Einwohner von São Paulo sind italienischer Abstammung, das entspricht in etwa sechs Millionen Menschen. Die portugiesischstämmige Bevölkerung liegt mit drei Millionen Personen auf Rang zwei. An dritter Stelle stehen japanische Brasilianer mit rund 326.000. Zudem gibt es etwa 120.000 Juden in São Paulo.

      Religionen

      Die Religionsverteilung der Bevölkerung laut Volkszählung 2010:

      Religion Anteil in % Einwohnerzahl

      römisch-katholische Kirche 58,20 6.549.775

      Protestantische Kirche 22,11 2.487.810

      konfessionslos 9,38 1.056.008

      Spiritismus 4,73 531.822

      Buddhismus 0,67 75.075

      Judentum 0,39 43.610

      Islam 0,06 8.277

      Hinduismus >0,01 1.008

      Quelle: IBGE

      Entwicklung der Wohnsituation

      Das Stadtzentrum von São Paulo hat sich seit den 1960er Jahren gewaltig ausgedehnt und zeigt heute eine imposante Hochhauskulisse. In diesem Bereich haben sich jüngere, äußerst dynamische Zonen entwickelt, während das alte Zentrum seit Anfang der 1970er Jahre zahlreiche seiner zentralen Funktionen verloren hat, die an den Rand der Stadtmitte oder in nahe neue Subzentren abgewandert sind. Zur Abwertung der alten Stadtmitte um die Praça da Sé hat ein Verfall der Bausubstanz durch geringe Investitionen, Immobilienspekulation und zahlreiche nur teilweise genutzte oder leerstehende Gebäude, Lärm, Schmutz, hohe Kriminalität, starke Konzentration sozial an den Rand gedrängter Bevölkerungsgruppen zusammen mit unzureichender Präsenz staatlicher Organisation geführt.

      Die öffentlichen und privaten Investitionen konzentrieren sich überwiegend auf neue Standorte und Entwicklungsachsen im Randbereich des Stadtzentrums. So hat sich die Avenida Paulista, die älteste Prachtstraße der Stadt, an der sich der Paulistaner Geldadel, die Großindustriellen und Kaffeebarone ihre Paläste errichten ließen, seit den 1970er Jahren zu einer Hochhausschlucht entwickelt, entlang der Banken und Versicherungen sowie Industrie- und Handelskonzerne mit Bürotürmen die Appartementhochhäuser in die nahegelegenen hochrangigen Wohnquartiere abgedrängt haben.

      Nachdem die letzten Baulücken im innerstädtischen und innenstadtnahen Bereich geschlossen wurden, ist São Paulo heute im Umkreis von mehr als 25 Kilometern um das Zentrum durch Wohnquartiere, Gewerbeflächen und Verkehrswege versiegelt, so dass die wenigen innerstädtischen Möglichkeiten zur Erholung – wie zum Beispiel der Ibirapuera-Park – an den Wochenenden von der Bevölkerung intensiv genutzt werden.

      Die Dynamik durch den immensen Bevölkerungsdruck seit Mitte des 20. Jahrhunderts bewirkte insgesamt eine explosive unkontrollierte Expansion São Paulos. Die Planung konnte mit diesen Veränderungen nicht mithalten. Aufgrund fehlender Stadtplanung entstanden an der Peripherie irreguläre Siedlungen („Loteamentos irregulares“) und Favelas. Ein Viertel der Menschen in der Stadt leben in diesen Elendsquartieren. Ein Beispiel für eine gelungene Verbesserung der Lebensverhältnisse ist die deutsch-brasilianische Nichtregierungsorganisation Associação Comunitária Monte Azul.

      Heute erstrecken sich rund um ein hochverdichtetes Stadtzentrum weitläufige zersiedelte Peripherien mit geringer städtischer Infrastruktur. Die informelle Bautätigkeit ist für einen überwiegenden Teil der Einwohner São Paulos die einzige Möglichkeit an Wohnraum zu kommen. Die inadäquate Wohnsituation der Bevölkerung und die zahlreichen ökologischen Probleme haben die Regierenden in die Verantwortung gezogen, über eine neue Stadtplanungspolitik nachzudenken.

      Kriminalität

      Unter 556 Städten und Gemeinden Brasiliens nahm São Paulo auf der „Gewalttatenkarte 2008“ mit einer Mordrate von 31,1 pro 100.000 Einwohner den 492. Platz ein. Auf der Karte von 2006 lag die Stadt mit einer Mordrate von 48,2 pro 100.000 Einwohner noch auf dem 182. Rang. Die „Mapa da Violência dos Municípios Brasileiros” wurde vom lateinamerikanischen Netzwerk RITLA (Rede de Informação Tecnológica Latino Americana) erstellt. Mit Stand 2011 ist São Paulos Mordrate auf 11,9 gefallen, was einen Rückgang von über 80 % innerhalb von 10 Jahren bedeutet. Damit hat São Paulo die mit Abstand niedrigste Mordrate unter den 27 Hauptstädten der brasilianischen Bundesstaaten.

      Der Rückgang der Morde begann 1999 und wird auf eine verbesserte Ermittlungsarbeit der Polizei zurückgeführt, die zu einer höheren Anzahl von Festnahmen und Verurteilungen führte. Auch eine stärkere Zusammenarbeit zwischen der Bevölkerung und der Polizei sowie die Verminderung der sich in Umlauf befindlichen Handfeuerwaffen ließen die Anzahl der Tötungsdelikte zurückgehen.

      Die Kriminalitätsrate in São Paulo sank allgemein seit Ende des 20. Jahrhunderts. Sie ist im Vergleich zu anderen brasilianischen Großstädten relativ niedrig. Unter den Hauptstädten der brasilianischen Bundesstaaten haben nur Palmas, Boa Vista und Natal eine niedrigere Kriminalität. Trotzdem bereiten Diebstahl, Gewalt, Raub, Mord und Drogenkonsum weiter Probleme. Im Bereich der Prostitution sind Zuhälter besonders in Verbindung mit Menschenhandel und Zwangsprostitution oft Teil organisierter Kriminalität oder werden von entsprechenden Organisationen (Mafia) kontrolliert.

      Der bewaffnete Konflikt mit der Mafia-Organisation PCC (Erstes Hauptstadtkommando) erreichte 2006 beinahe bürgerkriegsähnliche Zustände, man sprach vom sogenannten „Guerra Urbana“. Im Mai 2006 kam es in der Region in einer konzertierten Aktion der PCC zu mehreren hundert Angriffen auf staatliche Sicherheitskräfte, Busse, Wohnhäuser von Polizisten, Banken und Geldautomaten sowie zu Gefängnisrevolten. Grund war die Verlegung von 765 inhaftierten Mafia-Mitgliedern in Hochsicherheitsgefängnisse. Bei den Angriffen und den Gegenmaßnahmen der Polizei starben 170 Menschen, darunter 41 Polizisten und Gefängniswärter.

      Politik

      Stadtregierung

      Zwei Parteien bestimmten zwischen 1989 und 2004 die Regierungspolitik der Stadt, der sozialistische PT (Partido dos Trabalhadores) und der rechte PP/PPB (Partido Progressista, früher Partido Popular und Partido Populista Brasileiro). Die Oberbürgermeister São Paulos waren: Luiza Erundina (PT) (1989–1992), Paulo Maluf, einer der führenden Politiker während der Militärdiktatur (PPB) (1993–1996), Celso Pitta (PPB) (1997–2000) und Marta Suplicy (PT) (2001–2004), mit 58,5 Prozent gegen Maluf gewählt.

      Gegen Erundina, Maluf und Pitta laufen Verfahren wegen Misswirtschaft, Korruption, Geldwäsche und illegale Geldtransfers ins Ausland. Maluf wurden beispielsweise von der Justiz 446 Millionen US-Dollar auf Konten im Ausland nachgewiesen. Seine illegalen Einnahmen und Unterschlagungen betrugen 344 Millionen US-Dollar. Bis September 2005 war Maluf in mehr als 150 Prozesse verwickelt. Das brasilianische System der „Impunidade“ (eine Person wird nicht bestraft, obwohl sie eine im rechtlichen Sinn strafbare Handlung begangen hat) führten bisher zu keiner Verurteilung.

      Seit 1. April 2006 ist Gilberto Kassab von der 2011 neugegründeten Partido Social Democrático (PSD), früher Mitglied der Partido da Frente Liberal (PFL), Bürgermeister von São Paulo. Er war Vizebürgermeister unter dem seit 1. Januar 2005 regierenden José Serra von der Sozialdemokratischen Partei (Partido da Social Democracia Brasileira, PSDB). Serra trat von seinem Amt zurück, um bei den Gouverneurswahlen im Oktober 2006 zu kandidieren. Er war Gesundheitsminister unter Präsident Fernando Henrique Cardoso und Gegenkandidat von Lula da Silva bei der Präsidentschaftswahl 2002. Die frühere Amtsinhaberin Marta Suplicy hatte im Jahre 2001 eine abgewirtschaftete und tief in Korruptionsskandale verstrickte Stadtverwaltung übernommen. Sie verlor bei den Kommunalwahlen im Oktober 2004 mit 35,9 Prozent gegen Serra, der 43,5 Prozent der abgegebenen Stimmen erhielt.

      Die Kommunalpolitik hat neben der Bundes- und Landesebene einen zunehmenden Einfluss auf das Leben der Bürger São Paulos. Die Bürgermeister werden in allgemeinen, direkten Wahlen für vier Jahre im Amt gewählt. Der Wahlkampf auf kommunaler Ebene wird weitgehend von Personen und lokalen Themen


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