Lives Collide. Celine Ziegler

Lives Collide - Celine Ziegler


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bin", sagt sie lachend.

      "Steht von dir auch etwas in den Büchern?", frage ich interessiert.

      "Nein", sagt sie und bleibt vor einem Regal stehen, lässt ihren Blick suchend über die Bücher gleiten. "Ich habe lieber den Leuten hier zugehört, die etwas zu erzählen hatten."

      Ich runzle die Stirn und bleibe neben ihr stehen. "Wieso? Ich wette, es würde dir gefallen, wenn du deine eigene Marke in einem der Bücher hinterlassen kannst."

      Sie zuckt mit den Schultern. "Ich weiß nicht. Mir war es irgendwie nie so wichtig. Kannst du mir mal das braune Buch mit den roten Verzierungen runterholen?", fragt sie und zeigt nach oben in die erste Reihe.

      Ich greife danach und ziehe es aus den vielen Büchern hervor. Partie Espoir III steht darauf. In meinen hintersten Erinnerungen meiner Französischkenntnisse, weiß ich, dass Partie Teil und Espoir Hoffnung bedeutet. Es sieht extrem alt aus und die Seiten sind auch schön braun und faltig. Ich reiche es Raven, die es mir aus der Hand nimmt und es öffnet.

      "Das war damals mein Lieblingsbuch", sagt sie schmunzelnd und blättert suchend durch die Seiten. Sie geht ein paar Schritte von mir weg, dreht sich dann theatralisch um und legt sich mit geschlossenen Augen die Hand aufs Herz, in der anderen Hand hält sie das aufgeschlagene Buch. Ich sehe, dass sie sich ein Lächeln verkneifen muss. Sie räuspert sich und spricht dann mit geschwollener Stimme: "Ihn muss ich beklagen - der die Hoffnung senkt - Ach, wie konnt‘ er verzagen, wo des Herren Wille lenkt!" Sie hält sich die Hand schmachtend an die Stirn und ich muss mir ein Lachen verkneifen. "All sein Trost in Schmerz und Leiden, all sein Ruhm in Spott und Schmach - mussten von ihm scheiden, da die Hoffnung... brach." Raven klappt das Buch wieder zu und verbeugt sich als Abschluss.

      Erst herrscht eiserne Stille zwischen uns beiden, doch dann fange ich an zu klatschen und wir brechen in Gelächter aus. "Wie eine richtige Magd aus dem Mittelalter, die sich über ihren Ehemann beschwert", gluckse ich und stelle das Buch wieder zurück in das Regal.

      "Das ist meine Spezialität", lacht Raven und sieht auf ihre Uhr im Handy. "Wir müssen langsam los, die Vorträge fangen gleich an."

      "Und heute trägst du etwas vor", sage ich und grinse sie frech an, als wir, an den Regalen vorbei, zu einer weiteren Tür am anderen Ende der Bibliothek gehen.

      Sie lacht belustigt auf. "Vergiss es!"

      "Das werden wir noch sehen", murmle ich.

      Wir betreten einen großen Raum, mit vielen Sitzplätzen und einer großen Bühne. Es ist ebenfalls in einem sehr altmodischen Stil gehalten und die Wände sind genauso wie in der Eingangshalle an manchen Stellen mit Mustern verziert. Der Raum ist voll mit Menschen, die sich auf ihren Plätzen einfinden. Ich hätte mir irgendwie nie vorstellen können, dass hier tatsächlich so viele Leute hingehen, es ist ja fast so voll, wie in einer Oper oder einem Musical. Kaum zu glauben, dass Raven sich unter so viele Menschen gemischt hat und das jedes Mal alleine.

      "Wir sitzen ziemlich mittig", ruft mir Raven über das laute Gemurmel der Leute zu . Ich nicke und folge ihr, vorbei an jungen und älteren Menschen, zu unseren Plätzen.

      Was mir auffällt ist, dass sie alle sehr gut gekleidet sind. Ihr Aufzug schreit einem schon quasi ins Gesicht, dass sie sehr reich sein müssen. Umso lustiger ist es, dass Raven und ich überhaupt nicht hierher passen, wir sehen aus wie zwei verdammte Penner im Gegensatz zu dem ganzen Rest.

      Aber sie scheint es genau so wenig zu interessieren, wie mich.

      Wir quetschen uns an den Leuten in unserer Reihe vorbei uns lassen uns in unsere Sitze fallen. Wir sitzen genau in der Mitte und haben den perfekten Blick auf die Bühne. Rechts neben mir sitzt eine alte Frau und unterhält sich gerade mit ihrem Mann. Sie ist ebenfalls sehr edel gekleidet und ihre weiße Perlenkette zeigt mir, dass sie sich wohler mit ihrem Kontostand fühlt, als manch anderer.

      "Aiden", flüstert Raven mir zu und lehnt sich zu mir.

      "Ja?"

      "Können wir vielleicht die Plätze tauschen?", sagt sie leise und deutet auf den Platz neben sich.

      Ich runzle die Stirn und sehe über sie hinweg, zu ihrem Sitznachbarn. Ein älterer Mann, ungefähr Ende fünfzig sitzt neben ihr und steckt sich gerade den Finger in die Nase und lässt danach einen lauten Grunzer heraus.

      "Bitte", fleht Raven leise und sieht mich mit einem Hundeblick an, dem ich wahrscheinlich nicht widerstehen könnte. "Er riecht nach reinem Fischkutter."

      Ich lache leise und sehe sie an. "Tut mir leid, Baby, aber du willst mir doch nicht meinen ersten Besuch in einer Mula versauen oder?"

      Sie sieht mich böse an und setzt sich wieder gerade hin. "Arsch", murmelt sie und sieht nach vorne zur Bühne, auf der gerade ein Mann in einem Anzug zu einem Mikrofon läuft.

      "Das habe ich gehört", flüstere ich amüsiert, während die Lichter ausgehen und nur noch ein Scheinwerfer auf den Mann auf der Bühne gerichtet ist.

      Sie schnaubt.

      "Guten Abend, meine Damen und Herren", spricht der Mann durch das Mikrofon.

      Der Raum wird still.

      "Ich heiße Sie alle recht herzlich Willkommen zu einer neuen Vorstellung hier in der Mula. Wir freuen uns, Sie bei einem Treffen der Menschen, die ihre Empfindungen, Erinnerungen und auch Gefühle mit uns teilen, begrüßen zu dürfen. Freuen Sie sich auf einzigartige Poesie, Dichtung und Lyrik der letzten Jahrhunderte am Ende der Vorstellung, genauso wie auf Auftritte der bekanntesten Dichter aus Amersham. Lassen Sie sich inspirieren und begeistern, von Literatur und Gedichten aller Art. Natürlich sind alle Menschen hier im Raum dazu eingeladen ihre Gedankengänge hier oben vorzutragen. Wir freuen uns immer wieder auf neue Gesichter. Fangen wir auch schon gleich mit dem ersten Künstler an: Adam Poway, dreiunddreißig Jahre alt, aus Amersham. Applaus!" Er sieht nach rechts und ein Mann im Jackett betritt lächelnd die Bühne, während der Raum begeistert klatscht.

      Er stellt sich vor das Mikrofon und der Raum wird wieder still. "Hallo", sagt er ein wenig nervös. "Das ist das erste Mal, dass ich etwas vortrage, deswegen bitte ich um ein wenig Verständnis, falls ich vor lauter Nervosität in die Hose mache oder weinend zusammenbreche."

      Der Raum lacht, mich eingeschlossen.

      Er holt einen Zettel aus seiner Jacke hervor. "In dieser Lyrik geht es um meine Tochter. Sie feiert heute ihren dritten Geburtstag. Happy Birthday mein Schatz." Bevor er anfängt, räuspert er sich noch einmal und schließt die Augen. "Caitlin... Caitlin, Caitlin, Caitlin. Ich könnte deinen Namen hundert Mal wiederholen und er würde mir immer noch den Atem rauben, mir immer noch das Herz erwärmen, während ich an dich denke. An deine schönen, blauen Augen, die du von deiner Mutter geerbt hast. Oder an das kleine Muttermal neben deinem rechten Auge, das du von mir geerbt hast. Ich kann mich noch an den Moment erinnern als du das erste Mal gelacht hast. Du hast gelacht und gelacht ... und gelacht und gelacht. Deine Mutter hatte Tränen in den Augen als wir das erste Mal dein schönes Lachen gehört haben. Sie gibt es zwar heute immer noch nicht zu, dass sie geweint hat, doch ich weiß, dass sie lügt. Du kennst sie, sie ist stur. Ich weiß noch, wie sich eine kleine Falte um dein Auge gebildet hat, als du so heftig gelacht hast. Das kleine Muttermal ist in dieser Falte verschwunden. Es nahm uns beiden irgendwie die Zweisamkeit, als ich sah, dass es weg war. Denn du warst glücklich in diesem Moment, doch ich war nicht mehr auf deiner Haut für ein paar Sekunden. War das ein Zeichen? War das das Zeichen, dass ich etwas hätte anders machen sollen? Caitlin... Caitlin, Caitlin, Caitlin. Ich könnte deinen Namen hundert Mal sagen und er würde mir immer noch den Atem rauben. Ich weiß noch, wie du deinen ersten Schritt gelaufen bist. Deine Mutter schrie durchs ganze Haus, sie schrie: Adam, Adam, Caitlin läuft! Ich stand in diesem Moment gerade unter der Dusche und bin fast ausgerutscht, weil ich unbedingt zu dir wollte. Ich rannte zu dir, in Euphorie … Doch als ich bei dir ankam, da saßt du schon wieder. War das ein Zeichen? War das das Zeichen, dass ich etwas hätte anders machen sollen? Ich wünschte, du könntest mich jetzt sehen. Ich wünschte, du könntest mich verstehen und mich anhören. Dann würde ich dir jetzt sagen, wie sehr ich dich liebe. Doch das kannst du nicht. Du wurdest uns genommen. Du wurdest uns


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