TSUMO - weinen ohne Tränen. Dantse Dantse
Familie und ihren Ehemann eine Horrorvorstellung. Sie beschließen, dass ihre Tochter und Frau, die vom Teufel besessen ist (so sieht die überwiegende Mehrheit der Menschen die Homosexualität in Afrika, die als „Satanszeug“ abgelehnt wird) befreit werden muss und die Teufelsagentin – Melanie – ist zu beseitigen. Melanie schafft es noch rechtzeitig zu fliehen und muss ihre Freundin allein zurücklassen, die sie nicht noch einmal sehen kann.
Ein unglaubliches Martyrium fängt für Tsumo an, aus der man den Satan austreiben muss. Melanie, zurück in Deutschland, unterdrückt alles und lebt weiter mit ihrem Freund, als ob nichts passiert wäre. Erst Jahre später, geplagt von ihrem Gewissen, von Alpträumen und Depressionen, versucht sie herauszufinden, was mit ihrer Geliebten damals wirklich geschehen ist. Sie erfährt schmerzhafte Dinge und sucht Beistand bei einem Coach. Sie macht sich Vorwürfe, weil sie Tsumo hätte helfen müssen, z.B. ihrer Freundin die Ausreise ermöglichen, anstatt den Kopf in den Sand zu stecken.
Vorwort: Warum dieses Buch?
Eine wahre Geschichte, erzählt von einer Klientin, die beim Autor Hilfe gesucht hat, um Kontakt zu ihrer ehemaligen Geliebten in Kaliba herzustellen, einem Land, das sie selber fluchtartig verlassen musste, um ihr Leben zu retten. Dabei hinterließ sie ihre hilflose Geliebte, die von ihrer Familie von ihrer Homosexualität geheilt werde „musste“.
Dieser Roman setzt sich mit Homosexualität in Afrika auseinander, gegen die sich die Mehrheit der Bevölkerung wehrt, und die sie als Teufelszeug und sexuelle Perversität der Weißen betrachtet. Des Weiteren werden die Unterschiede zwischen dem afrikanischen und dem europäischen Feminismus und die Unterschiedlichkeit der Rolle der Frau in beiden Gesellschaften beleuchtet: In Afrika besitzen Frauen Macht und Einfluss, so ist zum Beispiel in Kamerun fast der gesamte Kleinhandel, sowie die Lebensmittelherstellung und der -vertrieb in Hand der Frauen. Auch besitzen Frauen in Kamerun durch ihren Genossenschaftsverbund eine starke finanzielle Macht, sie vergeben mehr Kredite an Männer als die Banken. Dadurch können sie Druck auf gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Entscheidungen ausüben, ohne wie die Europäerinnen einen Geschlechterkampf anzuzetteln. Stattdessen sehen sie im Mann keinen Gegner, sondern einen Partner, mit komplementären Eigenschaften und Fähigkeiten.
Interessant ist es auch, in diesem Buch etwas über die Unterschiede zwischen den Vorstellungen von Liebe zu erfahren: In Afrika ist die Liebe etwas Partnerschaftliches und Pragmatisches, während sie in Europa von der Romantik geprägt ist. In Afrika liebt man den Partner nicht nur, weil man Liebesgefühle für ihn hat, sondern mehr dafür, wie nützlich er einem sein kann. Zum Beispiel ist es für eine Frau wichtiger, dass ihr Partner ein guter Vater ist, oder dass er die Familie schützen kann, als wie sehr er sie liebt.
„Ich ging nach Kamerun, um zu arbeiten und zu helfen und mich von meinem Freund in Deutschland, der eine Affäre mit einer Frau aus seinem Fitnessstudio hatte, zu distanzieren. Dort in Kamerun verliebte ich mich unerwartet in eine schwarze Frau. Was mich sehr erstaunte, denn ich hatte bis dahin niemals auch nur im Traum daran gedacht, eine Frau erotisch zu küssen, geschweige denn mit ihr zu schlafen. Keine Frau hatte in mir je ein sexuelles Bedürfnis geweckt. Bis ich Tsumo kennenlernte.
Wir begannen eine sehr intensive, geheime, sexuelle Liebesbeziehung. Obwohl es uns bewusst war, dass die Menschen dieses Landes eine lesbische Beziehung niemals dulden würden, vergaßen bzw. unterschätzten wir im Rausch unserer Liebe und unserer besonderen sexuellen Fantasien die Konsequenzen für diejenigen, die eine solche verbotene Liebe ausleben.
Aus der leidenschaftlichen, lustvollen Liebe wurde sehr bald ein Inferno in ungeahnten Dimensionen.“
Meine Geschichte
Telefonat mit dem Coach, 2011
Ich habe jahrelang meine Erinnerungen an das Geschehen in Afrika unterdrückt. Mein Mann hat bis jetzt keine Ahnung von allem, was ich in Kamerun durchgemacht habe und weiß auch nicht von meiner lesbischen Beziehung. Auch mein Arbeitgeber hat bis heute nicht verstanden, warum ich plötzlich von heute auf morgen abreiste. Sie dachten alle, ich wäre überfordert und ausgebrannt gewesen. Bevor ich das Land fluchtartig verließ, hat mir die Person, die mir das Leben rettete, viele grausame Dinge über Tsumos Leid erzählt und mich gebeten, niemals jemandem etwas zu sagen, sie würden es herausfinden, und dann würde man sofort auf ihn kommen. Das geschah einen Tag bevor ich Tsumos Heimatland Kaliba, wo wir Urlaub machten, verließ, nicht um nach Kamerun zurückzufliegen, wo ich eigentlich im Einsatz war, sondern direkt nach Deutschland – und das nach knapp 2 Jahren Aufenthalt in Afrika. Ich habe nie wieder versucht Kontakt mit Tsumo aufzunehmen. Aber diese ganze Zeit konnte mich mein Gewissen nicht ruhig schlafen lassen. Ich leide unter vielen psychischen Beschwerden und war bei vielen Psychologen, die alle etwas anderes vermuteten. Ich habe es nie geschafft, jemandem die Wahrheit zu erzählen. Ich wusste nicht, wie es um Tsumo stand. Da mein Gewissen mich immer plagte, weil ich Tsumo im Stich gelassen hatte, habe ich mir Gedanken gemacht, wie ich wieder Kontakt zu ihr aufnehmen könnte, um vielleicht meine Versäumnisse von vor 5 Jahren noch zu reparieren. Ich habe tagelang im Internet gesucht und zufällig, als ob Gott mich erhört hätte, bin ich über die Homepage des Coachs Dantse gestolpert. Ich habe nicht lange gezögert und ihn angerufen. Und als er abnahm und fragte, wie er mir helfen könne, habe ich, ohne viel nachzudenken, sofort angefangen ihm alles zu erzählen:
„Hallo Herr Dantse,
ich habe seit einiger Zeit schon eine Frage und weiß nicht, wie ich sie beantworten soll.
Ich bin eine 32jährige Entwicklungshelferin. Ich bin verheiratet und liebe meinen Mann und denke nicht darüber nach ihn zu verlassen. Das musst klar gesagt werden. Und ich weiß, dass in der afrikanischen Tradition homo-Beziehungen als abstoßend und teuflisch gelten.
Vor 5 Jahren habe ich in Kamerun eine schwarze Frau kennengelernt. Als ich diese Frau sah, wusste ich sofort, dass ich mit ihr schlafen will. Das war etwas Neues für mich. So etwas hatte ich noch nie bei einer Frau empfunden. In diesem Moment sah ich auch nicht eine Frau vor mir, sondern einfach eine Person, mit der ich Sex haben wollte.
Dass es irgendwann passieren würde war klar, aber dass es so schnell passieren würde, hätte ich mir nie vorgestellt. Ich hatte vorher selbst noch nie etwas mit einer Frau, und ich fühle mich auch nicht als Lesbe. Fakt ist aber, dass es eine lesbische Beziehung war, in einem Land, in dem so etwas nicht passieren kann und darf.
Die Beziehung war am Anfang sehr schön, wenn auch schwierig. Wir mussten uns ständig verstecken, aber das war vielleicht auch das Salz in der Suppe? Auf jeden Fall wurde aus dem Sex Liebe und wir machten Fehler und waren nicht mehr besonders vorsichtig.
Dann ist etwas Schlimmes und Tragisches passiert. Tsumo verschwand und zwei Tage lang wusste ich nicht wo sie war. Endlich übergab jemand mir einen Brief von ihr und informierte mich, dass Tsumo der Teufel ausgetrieben werden würde, weil sie Sex mit einer Frau gehabt hatte, und dass ich, die Teufelsagentin bestraft werden musste. Der Informant riet mir, so schnell wie möglich abzureisen, weil etwas gegen mich im Gang wäre. Ich musste Kaliba am nächsten Tag fluchtartig verlassen und direkt nach Deutschland fliegen, nicht zurück nach Kamerun zu meinem Arbeitgeber, weil ich nicht wusste, was mich dort erwarten würde und nur noch Angst hatte, dass ich auch dort verfolgt werden könnte.
Ich hatte einfach nur Angst und habe deswegen keine Hilfe geleistet, obwohl Tsumo meine Hilfe gebraucht hätte. Ich habe nur an mich gedacht und mich nicht einmal getraut ihren Brief zu lesen. Was der Informant mir erzählt hatte, war schon hart genug für mich gewesen.
Nun habe ich, fünf Jahre später, den Brief von Tsumo endlich gelesen. Sie schildert darin viele schlimme Dinge und bittet mich auch, so schnell wie möglich das Land zu verlassen, aus Angst, dass mir etwas passieren könnte. Aber auch in dem Brief