Französische Volksmärchen in deutscher Sprache - 583 Seiten. Ernst Tegethoff
Als sie aber dorthin kamen, trieb man sie mit Schlägen
von hinnen. Nun bat Amicus Gott um den Tod
und befahl seinen Dienern, ihn nach Rom zu führen.
Dort verweilten sie der Jahre drei, dann aber brach in
Rom Hungersnot und Seuche aus und die Diener
wollten nicht mehr bei ihrem Herrn verharren. Da bat
sie dieser, sie sollten ihn in jene Stadt tragen, wo
Amelius wohnte. Vor dem Hause des Grafen begann
Amicus mit seiner Klapper zu schlagen, wie es die
Sitte der Aussätzigen ist. Als Amelius den Ton hörte,
befahl er seinem Diener, dem Kranken Brot und
Fleisch zu bringen und einen Becher Wein. Der Diener
kam zurück und sprach: »Bei Gott, Herr, wenn
ich Euren Becher nicht in der Hand hielte, so würde
ich glauben, der Kranke hätte ihn genommen, so ähnlich
sah ihm der seinige.« Sogleich ließ Amelius den
Kranken hineinführen und erkannte seinen Freund,
welcher ihn vor dem Tode gerettet und ihm die Königstochter
verschafft hatte. Man bettete den Kranken
auf ein weiches Lager, und er blieb bei ihnen, und sie
pflegten ihn, bis Gott seinen Willen an ihm ergehen
ließe.
Eines Nachts lagen Amicus und Amelius in einer
Kammer, da schickte Gott seinen Engel Rafael zu
Amicus und hieß ihn reden wie folgt: »Amicus,
schläfst du?« Jener glaubte, sein Gefährte rede zu
ihm, und er erwiderte: »Ich schlafe nicht, mein
Freund!« »Mit Recht nennst du dich Freund der
Himmlischen,« hub der Engel wieder an, »denn du
gleichst Job und Tobias an Geduld. Wisse, ich bin
Rafael, der Engel des Herrn, der mich sendet, dir das
Heilmittel für dein Leiden zu verkünden, denn er hat
dein Gebet erhört. Du sollst Amelius, deinem Gefährten,
sagen, er möge seine beiden Kinder töten und
dich mit ihrem Blute waschen, auf daß du die Gesundheit
des Leibes wiedererlangst!« Nach diesen
Worten verschwand der Engel, Amelius aber hatte im
Schlaf die Worte gehört, er erwachte und sprach:
»Wer hat mit dir geredet?« »Niemand,« versetzte
Amicus, »ich habe nach meiner Gewohnheit zu Gott
gebetet.« »Das war es nicht, sondern es hat jemand zu
dir gesprochen!« Nun erzählte der Kranke dem Freunde
unter Tränen, was der Engel von ihm verlangt
habe. Der Graf war zuerst zwar unmutig und erschrocken,
dann aber bedachte er bei sich, wie Amicus
einst an seiner Statt am Königshofe dem Tode getrotzt
habe, und er beschloß, ihn zu retten. Sobald
seine Gemahlin in die Frühmesse gegangen war,
nahm er sein Schwert und trat in die Kammer, in der
die Kinder schliefen. Er warf sich über sie und sprach
weinend: »O, meine Kinder, ich bin Euer Vater nicht
mehr, sondern Euer Mörder!« Die Kinder erwachten
von den Tränen ihres Vaters und lächelten ihn an. Er
aber hieb ihnen die Köpfe ab und wusch seinen
Freund mit ihrem Blute. Da wurde Amicus von der
Miselsucht geheilt und die Freunde gingen in den
Dom, um Gott zu danken, und die Glocken begannen
von selbst zu läuten. Die Gräfin war freudig erstaunt,
als sie den Gast gesund sah, sie ließ ihn in prächtige
Gewänder hüllen und dann setzten sie sich zum Mahl.
Um die dritte Stunde wollte die Gräfin ihre Kinder
sehen, um mit ihnen zu scherzen, doch der Gatte
wehrte es ihr und sprach: »Laß die Kinder schlafen,
Frau!« Und er schlich sich allein in ihre Kammer, um
über ihren Leichen zu weinen. Aber siehe: sie lagen
gesund im Bett und lachten ihm entgegen. Nur die
Schnittstelle wand sich rings um den Hals wie ein
roter Faden. Da nahm sie der Graf auf den Arm und
trug sie zu ihrer Mutter: »Freut Euch, Frau, denn Eure
Kinder, die ich auf das Gebot des Engels getötet
hatte, sind am Leben, und von ihrem Blut ist Amicus
geheilt!«
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