Magisches Kompendium - Alchemie. Frater LYSIR
Erfüllung, Zufriedenheit und Behagen suchten, erkannten einige, dass man es im Außen nicht finden konnte. Was die Alten außen suchten, ist im eigenen Inneren zu finden, in der Verbindung zur eigenen Seele, zum Glück und zur Vergöttlichung. So wurde der Fokus der Alchemisten in das Innere verlegt – auch wenn man in einem Labor Dinge erschaffen sollte, die dem Körper helfen sollten. Wenn man jedoch den philosophischen Gedanken der Alchemie fortsetzen will, kann man erkennen, dass es den „wahren Alchemisten“ weder um Gold noch um materielle / physische Unsterblichkeit ging. Es ging eher darum, dass man sich selbst seine Freiheit verdient und selbstbestimmt leben kann, sodass man den „Tod der Gesellschaft“ überwinden konnte und nicht mehr Spielball der verschiedensten äußeren Merkmale des profanen Lebens war. Da die Alchemie sich aber auch mit der Medizin, der Pharmakologie und der Genetik (im weitesten Sinne) befasste, kann man auch hier wieder die Grundidee der Vererbungslehre sehen, dass man begriffen hat, dass der Mensch im Grunde immer etwas „von sich“ weiter gibt und somit unsterblich ist / bleibt. So ist auch die Fähigkeit der Fortpflanzung, die Sexualität und der Koitus selbst, als Lebenselixier zu deuten, denn Mutter Natur hat den Menschen schon so deutlich programmiert, dass er seine Gene verbreiten will, um dadurch ewig zu leben. Dass mittlerweile der Mensch Mutter Natur zerstört, da der Fortpflanzungswille im Grunde außer Kontrolle geraten ist und die Ressourcen der Menschen definitiv NICHT gerecht verteilt sind, ist leider ein anderes Problem. Doch die Alchemisten erkannten auch, dass man durch die Großartigkeit des Geistes, durch die verschiedenen Schöpfungen und Erschaffungen, die der einzelne Mensch leisten kann, eine Art der Unsterblichkeit erhält.
Dass diese Unsterblichkeit im positiven Sinne (Albert Einstein, Isaak Newton, Buddha etc.) wie auch im negativen Sinne (Adolf Hitler, Josef Stalin, Mao Zedong) möglich ist, sollte jedem Menschen klar sein. So ist das Lebenselixier im philosophischen Sinne eine deutliche Bejahung des Lebens und des bewussten Sterbens, da man sich selbst reflektiert, erkannt, analysiert und angenommen hat, um sein Leben voll und ganz, im Einklang mit dem Großen Werk, zu leben!
Doch gibt es nicht in Bezug auf den Begriff „Lebenselixier“ auch echte bzw. real existierende Tränke, die eine besondere bzw. heilsame Reaktion im Menschen hervorrufen? Nun, es gibt hier schon Substanzen bzw. Extrakte, die in der Geschichte mit dem alchemistischen Lebenselixier verglichen bzw. als Synonym verwendet wurde. Hier ist z. B. das Trinkgold der Alchemisten zu nennen, das „Aurum Potabile“ (wortwörtlich „trinkbares Gold“), welches im Grunde ein Allheilmittel war und gleichzeitig auch Seele und Geist des Menschen beflügeln sollte bzw. dies auch konnte. Natürlich gibt es dieses Mittel auch heute noch! Es wird unter dem klassischen Namen „Aurum Potabile“ vermarktet und ist in diversen Shops erhältlich. Natürlich gibt es hier keine exakte Angabe wie das „trinkbare Gold“ erschaffen wird, nur dass es dem Originalrezept gleicht, sodass Gold auf „geheime und geheimnisvolle“ Weise gelöst wird (funktioniert u. a. mit Königswasser, eine Mischung aus Salzsäure (HCl) und Salpetersäure (HNO3) im Verhältnis 3:1), dann einer Destillation unterzogen wird – und zwar über Wochen (was bei verschiedenen Verfahren keine große Besonderheit ist) – um dann bei einer besonderen astrologischen Konstellationen zykliert zu werden – wobei man es eher als cyclisieren beschreiben müsste, womit eine Cyclisierung bzw. ein chemisch-molekularer Ringschluss gemeint ist. Hierdurch soll dann eine alkoholische Lösung herauskommen, die dann als „Aurum Potabile“, als trinkbares Gold vermarktet wird.
Nun, wenn man sich die historischen Zusammenhänge des trinkbaren Goldes anschaut, findet man im Allgemeinen, dass alle goldhaltigen oder auch sehr teuren mittelalterlichen Arzneimittel, die Titel trugen. Auch die Verbindung des Steins der Weisen zusammen mit Rotwein, bekam den Namen „trinkbares Gold“, sodass auch hier wieder eine universelle Heilung beschrieben wurde.
In Bezug auf das „trinkbare Gold“ findet man immer wieder ausschweifende Lobeshymnen von berühmten oder auffälligen Alchemisten, egal, ob es nun Johann Isaac Hollandus, Pierre-Jean Fabre, Alexander Seton oder auch Paracelsus (bzw. Philippus Theophrastus Aureolus Bombastus von Hohenheim) waren, das trinkbare Gold war eine sehr besondere Mischung. Daher ist es nicht verwunderlich, dass auch in der heutigen Zeit mit dem „Aurum Potabile“ ein Geschäft gemacht werden kann. Gold! Gold! Gold! Irgendwie dreht sich sehr viel um Gold, was auch wieder für die Sonne steht oder auch den Mittelpunkt des Lebens. Gesundheit ist da definitiv ein essenzieller Mittelpunkt, gerade dann, wenn man im Alter kleine Wehwehchen bekommt oder chronische Krankheiten ausbildet. Und es ist sicherlich sehr einfach nachzuvollziehen, dass man als Mensch seine Schmerzen loswerden will. Es wird nur immer schwierig, wenn philosophische Konzepte zu wortwörtlich genommen werden und man irgendwann einem Phantom nachjagt. Hierbei muss man noch zusätzlich berücksichtigen, dass die Transformation von Blei und Gold auch so verstanden werden kann, dass man von einem ungesunden, schweren oder bleiernen Zustand in einen gesunden, leichten und goldenen Zustand versetzt wird, wenn man sich selbst transformiert.
Berühmte mittelalterliche Alchemisten wie Paracelsus und Isaacus Hollandus berichten von geheimnisvollen Lebenselixieren und den schier unglaublichen Heilerfolgen damit. Besonders legendär war das „Aurum Potabile“, das „Trinkgold der Alchemisten“.
Hergestellt aus purem Gold, das auf geheime Weise verflüssigt und aufwendig im Labor mehrere Monate lang bearbeitet wurde. Nicht um die Herstellung von Gold aus Blei ging es den wahren Alchemisten. Ihr Ziel war vielmehr, das höchste Allheilmittel zu finden – jenes Mittel, das Körper, Geist und Seele gleichermaßen verwandelt: Alles Schwere, Dunkle und Kranke im Menschen, symbolisiert durch das „dunkle“ Blei, soll durch die alchemistischen Lebenselixiere „durchlichtet“, „erleuchtet“ und in Gesundheit, symbolisch in das „lichte Gold“, transformiert werden. In der neuen „Lichtarbeitersprache“ würde man einfach sagen, dass man durch die Alchemie seine eigene Schwingung erhöhen kann oder dass man in eine höhere Dimension eintritt, wenn man sich alchemistisch verändert. Dass diese Selbstevolution immer nur einer im Kosmos forcieren, ausführen und bewältigen kann – immer man selbst – wird nur sehr gern verschwiegen, da man so keine guten Geschäfte machen kann. Wieder ist hier der Geschäftstrieb des Menschen das Blei, im goldenen Transformationsprozess. Daher ist es nicht verwunderlich, wenn die wahren Alchemisten ihre Vorgehensweisen verschleierten. Gut, dies diente auch der Täuschung von potenziellen Geldgebern und Sponsoren, doch es ging auch um eine Geheimhaltung. Hierzu wurden sehr blumige Formulierungen verwendet, die man im Grunde als „Fachvokabeln“ deklarieren muss. In Bezug auf die „geheimen Formulierungen“ der Alchemisten, muss man es sich so vorstellen, dass man nicht wollte, dass der „normal Gebildete“ sich Zugang zu den magischen und alchemistischen Geheimnissen verschaffen konnte.
Wenn man nicht will, dass ein Mensch etwas erfährt, welches er nicht erfahren soll, kann man es codieren. Dies ist aber sehr umständlich und birgt immer das Risiko, dass der Code doch geknackt wird. Kryptologie ist hier eine ganz eigene Wissenschaft und im Grunde kann man – irgendwann und mit technischen Hilfsmitteln – so gut wie jeden Code knacken.
Was ist aber, wenn es kein richtiger Code ist, sondern eine Neuinterpretation von bekannten verfahren, was ist, wenn man bekannte Begriffe verwendet und diese in einen „unmöglichen Zusammenhang“ bringt? Dann wird es mit der Dechiffrierung nicht einfach. Doch man kennt solche Dinge auch heute noch und sie werden ganz normal im Alltag verwendet. Das Roggenbrötchen mit Käse kann man auch als „Halven Hahn“ bezeichnen, das Brathähnchen kann man „Broiler“ nennen, ein Würstchengericht – speziell angerichtet – nennt man „abgehakte Finger“, Butterkekse mit Schokoladenüberzug, kann man auch „Kalte Schnauze“ nennen und ein spezielles Weizengebäck nennt man z. B. Flutschmoppen. Wenn man dann in eine „andere Kultur“ geht oder auch nur in ein Nachbarland, kann es sein, dass auch hier bekannte Begriffe vollkommen anders verwendet werden.
Wenn man z. B. in Österreich Erdbeeren betiteln will, heißen diese Ananas, was wiederum in Deutschland ein ganz anderes Obst ist. Die Ananas, die man in Deutschland mit dem Begriff verbindet – also die „Ananas comosusalso“ – trägt in Österreich den Namen „Hawaii-Ananas“. Natürlich kann man auch versuchen in eine Fachsprache zu wechseln, die nur die „Gelehrten“ verstehen, sodass man die Erdbeere botanisch korrekt als „Sammelnussfrucht“ (Erdbeeren sind in Wirklichkeit Nüsse und keine Beeren) bezeichnet, was im Normalfall nicht 100% der Bevölkerung