Showdown Jerusalem. Hans J Muth

Showdown Jerusalem - Hans J Muth


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George Dumont trat vor und zeigte auf seinen Mitfahrer.

      „Henri Lafette, Diplom-Archäologe und unser zukünftiger Mitarbeiter. Professor Benjamin Rosenbaum, unser gemeinsamer Chef.“

      „Es freut mich, Sie kennenzulernen, junger Mann“, sprach der Professor drauflos und der weiße Schnäuzer, der sich von dem übrigen rotbraunen Bart-Wirrwarr in seinem braungebrannten, von der Sonne gegerbten Gesicht absetzte, hüpfte auf der leicht wulstigen Oberlippe.

      Lafette sah die Narbe, die von dem Backenknochen der linken Gesichtshälfte des Professors bis unter dessen Haaransatz verlief. Er tippte auf einen Autounfall. Dann fiel ihm die wilde Horde ein, die ihn und Dumont verfolgt hatten. Vielleicht ein Überfall? Kein Wunder in dieser Gegend.

      Rosenbaums Stimme riss ihn aus seinen Überlegungen.

      „Ich habe Sie schon erwartet. Es freut mich sehr, dass Sie unsere Arbeit in Zukunft unterstützen werden.“

      Er fasste Lafette am rechten Arm und führte ihn in Richtung der Zelte, von wo aus man den Bereich einsehen konnte, in dem die eigentlichen Arbeiten stattfanden. Ein Trupp Männer der verschiedensten Altersklassen, ausnahmslos Einheimische, schaufelten in einem abgesteckten Bereich, als wollten sie Dinge ausgraben, von denen sie wussten, dass sie hier lagerten.

      „Diese Leute arbeiten nur ordentlich, wenn sie beaufsichtigt werden“, sagte Rosenbaum fast leise, als könnten die Männer ihn hören. Er musste zu Lafette aufschauen, denn der war mindestens einen Kopf größer als er selbst.

      „Nun sind wir zu viert. So kommen auf einen von uns vier oder fünf dieser Leute. Es wird sie motivieren, wenn wir uns persönlich mehr um sie kümmern können.“

      Lafette schaute eine Weile den grabenden Arbeitern zu, dann glitt sein Blick hinüber zu den Zelten und schließlich über den roten Sand und die umherliegenden Felsbrocken bis hin zu dem im Abendlicht schimmernden Gebirge des Jabal ar Rukbah Gebirges.

      „Auf den ersten Blick sieht es aus, als eigne sich dieser Ort gerade mal dazu, diesen verdammten roten Sand von einer Stelle zur anderen zu bewegen. Aber der Schein trügt.“ Die Stimme des Professors hatte sich leicht angehoben und eine gewisse Euphorie, begleitet von einem heftigen Augenzwinkern, war seinem Tonfall zu entnehmen.

      „Ich habe diesen Ort nicht willkürlich ausgesucht, Monsieur Lafette. Im Gegenteil. Als Ägyptologe besitze ich historische Karten, die vermuten lassen, dass hier, in diesem Bereich …“

      Rosenbaum machte mit seinem Arm eine weitausholende Bewegung. „Dass in diesem Bereich alte Kulturen gelebt haben. Kulturen aus der Zeit vor Christi Geburt und danach. Wir befinden uns zwar abseits der Pyramiden und der Gräber der Pharaonen, die hinreichend untersucht und erforscht wurden. Aber hier, Monsieur Lafette … hier, fernab von Kairo und den anderen großen Städten, abseits des Meeres, hier an dieser Stelle … ich bin sicher … hier gab es eine Zivilisation. Eine kleine, zugegeben, aber eine Zivilisation.

      „Sie glauben, dass hier Menschen lebten, leben konnten?“ Lafette lächelte mitleidig. „Zum Leben gehört Wasser, Professor. Wo zum Teufel gibt es hier Wasser?“

      „Es gab Wasser hier. Glauben Sie mir. Ich habe mich in den vergangenen Jahren intensiv mit dieser Frage befasst. Das Wasser kam aus den Bergen und hat den Fellachen ausgereicht, ihren Ackerbau zu betreiben. Sehen Sie, dort hinten, diese flachen Landstreifen? Das waren diese Ackerflächen.“

      Professor Rosenbaum atmete schwer. Er nahm seinen Hut kurz ab und fuhr sich mit dem Handrücken über die Stirn unter seinem dichten vollen weißen Haar, um dann einige Schweißtropfen mit Daumen und Zeigefinger von seiner orientalisch anmutenden gekrümmten Nase zu wischen.

      „Und in der Nähe dieser bewirtschafteten Ebene haben Menschen gelebt.“ Seine Stimme war fest und bestimmt, als er sagte: „Ich werde ihr Dorf oder Teile davon finden.“

      „Fellachen sind Bewohner des Niltals, Professor. Dort lebten bereits zur Zeit der Pharaonen Bauern, die damals den größten Teil der ägyptischen Bevölkerung stellten. Eben, weil dort der Nil die Voraussetzungen für gute Ernten bot. Aber wem erzähle ich das? Sie wissen das doch so gut wie ich und die anderen hier.“

      „Ja, ja“. Der Professor klang ungeduldig, fast unwirsch. „Aber diese Bauern, wie Sie sie nennen, waren auch den Launen der Steuereintreiber und vor allem der unregelmäßigen Gefahr der Nilüberschwemmungen ausgesetzt.“

      „Jetzt verstehe ich, was Sie meinen. Sie sind der Ansicht, dass sich ein Teil der Fellachen aus dem Niltal abgesetzt hat, um sich an anderer Stelle niederzulassen.“

      „Genau! Und zwar dort, wo es zum einen Wasser gab …“

      „Und wo man sie nicht vermutete. Wo man sie in Ruhe ließ ...“

      „Wo sie sich ein neues Leben aufbauen konnten. Ich sehe, ich beginne Sie zu überzeugen.“

      „Na ja, soweit würde ich noch nicht gehen, Professor. Aber wenn Sie sich derart sicher sind, werden Sie doch Beweise haben.“

      „Meine Beweise sind hier drin!“ Rosenbaum klopfte sich mit der flachen Hand auf die Brust und sah Lafette mit großen Augen an.

      „Es ist meine innere Überzeugung, die mich hier arbeiten lässt. Die geografische Lage dieser Gegend spricht eindeutig für die Existenz ehemaliger Kulturen.“

      „Aber, wenn das stimmt, was Sie sich in Ihrer Überzeugung erhoffen, was versprechen Sie sich von den Ausgrabungen? Was die Bauern und die Fellachen betrifft, ist im Verlauf der Geschichte doch eigentlich alles gesagt worden.“

      „Was die Fellachen im Nil-Delta betrifft, sicherlich. Aber hier … hier beginnt die Geschichte dieser Menschen neu. Wir werden es sehen, wenn wir das Dorf gefunden haben. Vergangene Epochen haben uns immer schon Überraschungen bereitet.“

      „Sie sagten, wir seien zu viert“, wechselte Lafette geschickt das Thema. „Gibt es da …?“

      „Hat Ihnen George unterwegs die Mannschaft nicht vorgestellt? Sieht ihm ähnlich.“

      Rosenbaum schüttelte verständnislos den Kopf. „Ja, wir sind zu viert. Mit Ihnen. Luigi Zanolla ist der Vierte im Bunde. Er ist ebenfalls Geologe und er kümmert sich außerdem um unser Wohlergehen. Luigi ist gleichzeitig unser Koch.“

      Der Professor packte Lafette erneut am Arm und zog ihn mit sich.

      „Verzeihen Sie einem unhöflichen alten Mann. Sie müssen hungrig und durstig sein. Kommen Sie!“

      Er nestelte eine silberfarbene Taschenuhr aus einer der zahlreichen Taschen seiner khakifarbenen Jacke und ließ den Deckel aufspringen.

      „Passt genau. Luigi wird uns bereits erwarten. Es ist Essenszeit.“

      *

      In den folgenden beiden Wochen waren die Männer um Professor Benjamin Rosenbaum damit beschäftigt, den roten Sand an der einen Stelle abzutragen und ihn fünfzig Meter weiter entfernt wieder aufzuhäufen. Die so künstlich geschaffene Düne wuchs, ohne dass sich in irgendeiner Weise ein sichtbarer Erfolg, die Grabungen betreffend, einstellen wollte.

      „Wir werden ab sofort dort unterhalb des Felsmassivs graben“, hatte Rosenbaum vor drei Tagen verkündet und damit die Arbeit der vergangenen zwei Wochen mit diesem einen Satz in einem Nichts verschwinden lassen.

      Der riesige rote Felsblock lag einen guten Steinwurf von der ersten Grabungsstelle entfernt, war an die dreißig Meter hoch und nahezu senkrecht in seiner Anordnung. Eine riesige Sandanhäufung hatte sich mit den Jahren vor dem Felskoloss gebildet.

      „Die Leute werden unruhig. Auch sie wollen Erfolge sehen.“

      Lafette ließ sich im Schatten des Verpflegungszeltes auf einen geflochtenen Korbstuhl fallen und sah den Professor abwartend an. Dass Rosenbaum trotz der hohen Temperaturen genüsslich eine Tasse heißen Kaffees schlürfte, war Lafette unbegreiflich.

      „Die innere Wärme bekämpft die äußere Hitze“, pflegte der Professor in solchen Situationen zu sagen, doch Lafette konnte er mit solchen Thesen


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