Working Capital Optimierung im Maschinen- und Anlagenbau. Radomir BABIC

Working Capital Optimierung im Maschinen- und Anlagenbau - Radomir BABIC


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      Es wurde das Forschungsthema mit dem Titel: „Nachholbedarf bei wertorientiertem Supply Chain Management in der Unternehmenspraxis – Beispiel, Optimierung des Working Capital im Maschinen- und Anlagenbau“ gewählt.

       Motivation

      Sowohl wissenschaftliche Arbeiten als auch praxisorientierte Beiträge zeigen, dass ein optimiertes WCM dem Unternehmen erhebliche finanzielle Vorteile verschaffen kann. Das Optimierungsziel ist die möglichst weitreichende Freisetzung des im Umlaufvermögen gebundenen Kapitals bei gleichzeitiger Optimierung der kurzfristigen Verbindlichkeiten, um freie Liquidität zu schaffen und die Zinsposition des Unternehmens zu verbessern.

      Die Optimierung des Working Capital wurde auch in der Maschinen- und Anlagenbaubranche als wichtig erkannt. Dennoch wird dieses Thema häufig vernachlässigt und daher gibt es noch viel ungenutztes Potenzial. Bislang verliefen viele Optimierungen des Working Capital zu Lasten der vor- und nachgelagerten Wertschöpfungsstufen einer Supply Chain. Dadurch waren die Nutzeffekte niedrig und die Zielkonflikte verschärften sich weiter. Zudem schmälerte sich die Motivation für zukünftige Optimierungsprojekte. Die integrierten Optimierungsansätze sind noch eine Seltenheit. In den letzten Jahren konnten viele Unternehmen der Maschinen- und Anlagenbaubranche ihr Working Capital optimieren. Jedoch zeigen die Branchenvergleiche noch viel Handlungsbedarf für diese Branche, besonders bei der Kapitalbindungsdauer und bei der Working Capital Ratio. Hierzu gäbe es eine Vielzahl möglicher Maßnahmen, jedoch sind nicht alle für jedes Unternehmen sinnvoll. So bestehen allein durch die Branchenzugehörigkeit deutliche Unterschiede.

      Das Leitmotiv dieser Arbeit beruht auf der Tatsache, dass der Maschinen- und Anlagenbau von hohem Working Capital geprägt ist und dass die daraus resultierenden Potenzialreserven mehr genützt werden sollen. Angesichts der Einzel- und/oder Kleinserienfertigung mit unterschiedlichen Prozessabfolgen, hoher Produktkomplexität, einer Vielzahl an Lieferanten bzw. Supply Chain Partnern, langer Auftragsabwicklungszeiten, langer Fertigungszeiten bzw. Durchlaufzeiten und des Einsatzes hochwertiger Materialien stehen die Hersteller von Maschinen und Anlagen vor besonderen Herausforderungen bei der Suche nach einer optimalen Gestaltung des Working Capital. In dieser Arbeit werden einerseits diese Herausforderungen und andererseits die Möglichkeiten aufgezeigt, wie das Working Capital in einer wertorientiert gesteuerten Supply Chain in der Maschinen- und Anlagenbaubranche erfolgreich optimiert werden kann.

      Um dieser Motivation Rechnung zu tragen, wird im Rahmen dieser Arbeit einerseits nach den in der Praxis erprobten, traditionellen Ansätzen gesucht. Andererseits wird aufgrund spezifischer Branchenherausforderungen nach alternativen bzw. additiven Optimierungsansätzen gesucht.

      1.1 Problemstellung

       Wo liegt das Problem?

      Die Maschinen- und Anlagenbaubranche ist durch eine lange Auftragsabwicklungsdauer, Kleinserien- oder Einzelfertigung wertvoller und komplexer Maschinen oder Anlagen, lange Durchlaufzeiten, hohe Entwicklungs- und Fertigungskosten, eine Vielzahl von Lieferanten und Geschäftspartnern, oft auf mehreren Kontinenten verstreute Stand-, Fertigungs- und/oder Lagerorte gekennzeichnet. Zudem belegt der Maschinen- und Anlagenbau in Branchenvergleichen einen der drei führenden Plätze, gemessen an der Höhe der Working Capital Ratio und der Kapitalbindungsdauer.

      Das WCM gewinnt in der Praxis oft dann an Bedeutung, wenn die Krise vor der Tür steht und wenn die Unternehmensliquidität zu knapp wird. In guten Zeiten, wenn die Exporte boomen, konzentrieren sich die Unternehmen auf die Auftragsabwicklung und den Umsatz, die Effizienz- und Optimierungsmöglichkeiten bleiben im Hintergrund.

      Branchenvergleichende empirische Studien belegen, dass noch hohe Optimierungspotenziale vorhanden sind. Diese können aber nur durch einen integrierten und wertorientierten Ansatz generiert werden. Eine deutliche Mehrheit der Unternehmen betrachtet die Optimierung des Working Capital Managements als eine der Top-Prioritäten. Jedoch stehen viele dieser Unternehmen noch vor großen Herausforderungen, um die finanziellen Vorteile, die aus der Optimierung des Working Capital resultieren, in einen Wettbewerbsvorteil umzuwandeln.

      Das Thema WCM erhielt in der Unternehmenspraxis nicht den notwendigen Stellenwert, obwohl die Verbesserung der Cash- und Renditesituation sowie der Eigenkapitalstruktur durch die Working Capital-Optimierung unbestritten ist.

       Warum ist die Lösung dieses Problems für die Unternehmen wichtig?

      Seit der Lehman-Krise im Herbst 2008 kann über eine höchst volatile Weltwirtschaft gesprochen werden. Die Ab- und Aufwärtstrends haben sich drastisch verkürzt, weshalb die Unternehmen dauernd mit instabilen Umsatzentwicklungen rechnen müssen. Drastische Umsatzschwankungen können die Liquidität des Unternehmens gefährden. Die zusätzliche Verschärfung entsteht durch die strengeren Kreditvergabe-Regelungen.

       Welche Ursachen konnten identifiziert werden?

      Den aktuellen Untersuchungen zufolge werden Zielkonflikte und divergierende Interessen insbesondere zwischen Vertrieb, Produktion, Einkauf und Finanzierung als eine der wesentlichen Ursachen dafür angeführt. Folglich werden unzureichendes Prozess-Know-how und zu schnelle Ergebnisorientierung in den Optimierungsprojekten für die Misserfolge verantwortlich gemacht.

      Die Praxis zeigt auch, dass viele Optimierungsprojekte scheiterten, weil sie: keine klaren Ziele bzw. Durchführungsleitfäden und/oder klare Verantwortlichkeit hatten; nicht zur Unternehmensstrategie passten; sich kein ausreichendes Commitment im Topmanagement und/oder bei den Mitarbeitern sichern konnten; oder im Endeffekt, nicht professionell und/oder nicht konsequent bis zum Ende durchgeführt wurden.

       Welche praktische Relevanz hat das Thema?

      Der globalmarktbedingt permanent steigende Konkurrenz- und Preisdruck hat zur Folge, dass die Wertschöpfungstiefe vieler Maschinen- und Anlagenbau -Unternehmen sinkt. Um auch künftig innovative und konkurrenzfähige Produkte in Kundennähe entwickeln und produzieren zu können, besteht bei den Unternehmen des Maschinen- und Anlagenbaus ein erheblicher Kapitalbedarf. Gleichzeitig sind die Finanzierungsmöglichkeiten für die oftmals nicht börsennotierten Unternehmen stark eingeschränkt.

       Inwieweit profitieren die Unternehmen, wenn das Problem gelöst wird?

      Das konsequente WCM wurde als maßgeblicher Ansatz zur Verbesserung der Liquidität erkannt.[32] Zusätzlich zur Verbesserung der Liquidität können die Unternehmen durch freigewordene Mittel die Innenfinanzierungskraft stärken, Kreditkosten reduzieren, den Unternehmenswert erhöhen und sich bessere Finanzierungskonditionen bei den Kapitalgebern sichern.

      

       Die Ausgangssituation

      Der Großteil der einschlägigen Literatur bezieht sich auf den Material- und Informationsfluss, obwohl der Finanzfluss in der Supply Chain eine neue Perspektive bietet und Potenziale für Optimierungen liefert. In der Praxis sind die finanziellen Flüsse zwischen den Supply Chain-Partnern noch weitgehend unkoordiniert und wenig erforscht.

      Das Thema der Working Capital-Optimierung, das speziell auf die Maschinen- und Anlagenbaubranche abzielt, wurde als ganzheitliches wissenschaftliches Werk noch nicht verfasst. Jedoch wurden vom Verfasser einige brandaktuelle Studien für die vorliegende Arbeit recherchiert.

       Was ist in dieser Arbeit neu?

      1. Es wird nach alternativen bzw. additiven Möglichkeiten bei der Optimierung des Working Capital gesucht. So wird zur Optimierung des C2C-Cycle die „Cash- & Value Chain Velocity“ von Jauck und Rüll analysiert.

      2. Die wichtigsten Branchenbesonderheiten, die bei der Optimierung des Working Capital in der Maschinen- und Anlagenbaubranche unbedingt berücksichtigt werden müssen, sind bspw.:

      Kleinserien- oder Einzelfertigung, lange Lieferzeiten, weltweite Logistik, eine Vielzahl der Lieferanten, oft mehrere Partnerunternehmen und/oder Subunternehmen, globale Fertigung, Outsourcing, komplexe Prozesse, hohe Produktkomplexität, wertvolle


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