Die Hexe zum Abschied. Günter Billy Hollenbach

Die Hexe zum Abschied - Günter Billy Hollenbach


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      „Na, denn; ich werde Corinna das Kompliment weitergeben. Entschuldigung, Frau Conrad, ich gehe kurz zur Toilette.“

      Tatsächlich verschwinde ich links in dem langen Gang, um Kaffee und Kuchen zu zahlen.

      *

      Frau Conrad steht vor dem riesigen Fensterbogen, schaut hinaus auf die Parkplätze und den Park dahinter.

      „Das ist wirklich hübsch hier. Lassen Sie uns zahlen, Herr Berkamp.“

      „Schon geschehen.“

      „Oh. Was schulde ich Ihnen?“

      „Nichts, Frau Conrad. Es war mir ein Vergnügen, mit Ihnen zu sprechen. Kleines Dankeschön für Ihr Vertrauen.“

      „Trotzdem; Sie, das geht nicht, Herr Berkamp. Ich zahle die Hälfte.“

      „Was nicht geht, wird einfach gefahren. Beim nächsten Mal zahlen Sie. Natürlich können wir zwei auch das Wort ,Beamtenbestechung’ buchstabieren. Nichts dergleichen ist geschehen. Zwischen uns ist kein Bargeld geflossen.“

      Sie sieht mich mit mildem Tadel im Blick an.

      „Wie würden Sie das sonst bezeichnen?“

      „Kleine Gefälligkeit zwischen Familienmitgliedern, okay? Ob Kaffee und Kuchen ein geldwerter Vorteil sind, lässt sich bei den Eigenheiten der menschlichen Verdauung kaum feststellen. Gehen wir?!“

      „Mann, wie hält Corinna es mit Ihnen aus?!“

      Sie kichert verlegen.

      „Entschuldigung, so habe ich das nicht gemeint ...“

      „Quatsch, haben Sie wohl,“ unterbreche ich grinsend und gebe ihr einen leichten Klaps gegen den Unterarm.

      „Sie denken, Sie haben das Richtige gesagt, aber es war nicht richtig, es zu sagen.“

      Frau Conrad schaut mich mit halboffenen Mund an, länger als nötig.

      Schließlich stellt sie mit herzerwärmendem Lächeln fest:

      „Haarspalterei, Grauzonen und andere entwaffnende Eigenheiten. Man sollte Sie einsperren. Wegen Untergrabung meiner Dienstmoral.“

      Ich folge ihr zum Ausgang.

      Der rotuniformierte Türsteher öffnet uns mit artiger Verbeugung und lautem „Auf Wiedersehen“ die hohe Tür. Seine Augen folgen Frau Conrads sanftem Hüftschwung und werden größer. Die rehbraune Wildlederjacke hat sich über ihrem Gesäß hochgeschoben und gibt den Blick auf ein kurzes Halfter mit einer schwarzen Dienstpistole frei.

      Draußen ist es windig und unangenehm kühl. Vor ihrem Wagen dreht Frau Conrad sich um, piekst mit dem Zeigefinger in meine Richtung.

      „Selbstverständlich werde ich meiner Chefin über unser Zusammentreffen berichten, zumindest soweit es von dienstlichem Belang ist. Ich unterstelle, Sie sind damit einverstanden, wenn ich die eine oder andere Überlegung des Gesprächs aufgreife und weiterverfolge. Der Rest ist Schweigen, einverstanden?“

      „Selbstverständlich. Dafür reden und schweigen wir ja miteinander.“

      „Schön, wir verstehen uns,“ bestätigt sie in der geöffneten Autotür.

      Ich schaue ihr nach, bis der graue BMW zwischen den Bäumen verschwunden ist. Montage wie dieser könnten mir bravem Hausmann ruhig öfter widerfahren.

      17

      Ich habe gerade mein Abendessen, Fisch- und Schinkenbrote, hergerichtet, als das Telefon klingelt. Frau Conrad? Nach unserem Zusammentreffen muss ich wiederholt an sie denken.

      „Na, gefällt sie dir?“

      Im ersten Augenblick fällt es mir schwer, das richtige Gesicht zu der Stimme zu finden. Beinahe streng der Unterton, verhörgeneigt.

      „Auch dir einen wunderschönen guten Abend, Corinna. Was verschafft mir die Ehre deines außerordentlichen Anrufs, während mein Abendessen wartet.“

      „Tu nicht so scheinheilig, Robert. Und, hat sie mir dir geflirtet?“

      Wobei eine etwas hintersinnige Klangfarbe durchschimmert.

      „Ja, hat sie, gnadenlos. Ich bin noch ganz hin- und hergerissen.“

      „Na warte, Du,“ kichert sie heiter drohend. „Ich warne dich.“

      Wieso?, gebe ich mich arglos verwundert. Während der Woche ist noch Platz in meinem Schlafzimmer.

      Sie lacht laut los.

      „Genau! Du meinst, wenn meine Tochter es mit dem Kollegen treibt, kannst Du dich mit meiner Kollegin vergnügen. Hauptsache Corinna steht dumm da.“

      Beachtlich, was meine Hauptkommissarin zwischen den Zeilen denkt.

      „Ja, wenn Du es möchtest, mein Schatz, tue ich das gern, falls Vera mitmacht. Nur für das Dummdastehen bist Du selbst verantwortlich.“

      „Seid ihr jetzt schon beim Vorname? Das ging aber schell.“

      „Wir haben es wild miteinander getrieben; leider rein kriminalistisch.“

      „Dein Glück, dass Du nicht kriminell gesagt hast. Iss zu Abend; ich melde mich wieder nach der Tagesschau.“

      Sagt es und legt auf.

      Kurz nach zehn ruft sie erneut an.

      „Stell dir vor, ich liege im Bett, nach vollbrachtem Tagewerk. Und schlürfe Fencheltee. Was ist mit deinen Knien?“

      Prompt schlürft sie eine Hörprobe.

      „Mit meinen Knien, Corinna? Was soll sein damit?“

      „Na, heute Mittag. Vera, Frau Conrad hat gesagt, Du hättest ...“

      Schau an, die beiden haben ausführlich miteinander getratscht.

      „Hähä, hihi, das gefällt mir. Das habe ich nur aus Spaß gesagt. In der Klinik, filmreif, wie wir uns bekannt gemacht haben. Ich hatte meine panzerbrechende Jacke an und die Kanone dabei.“

      Ich muss erneut lachen. Corinna grinst hörbar.

      „Ja, hat sie mir erzählt.“

      „Immerhin ist ihr das gleich aufgefallen, obwohl ich ganz artig war. Sie stand zufällig an der Tür, als ich kam, und wurde kurz entschlossen dienstlich. Hihi; wer bin ich denn? Lasse mich von der Dame aus heiterem Himmel zu Boden zwingen; das fehlte noch.“

      „Angeber. Trotzdem, die Szene hätte ich gern gesehen.“

      „Die Empfangsdame hat jedenfalls ziemlich große Augen gemacht.“

      „Und, willst Du was mit ihr anfangen?“

      „Mit der Empfangsdame?“

      „Robert, stell dich nicht dümmer als Du bist. Mit Vera natürlich.“

      „Na selbstverständlich. Sie hat sich bereits einverstanden erklärt.“

      Hörbar verwundertes Luftanhalten am anderen Ende der Leitung.

      „Vera, einverstanden? Womit?“

      „Sie überwacht meine Schokoladen-Entzugstherapie.“

      „Oh Gott, Familientratsch hinter meinem Rücken!“

      Sie kichert vor sich hin.

      „Kaum wechselt man mit der Kollegin ein privates Wort ... Wo sind sie geblieben, die wahren, verschwiegenen Freundinnen?“

      „Geht das, Freundin und verschwiegen?“

      Corinna seufzt vergnügt, kichert erneut.

      „Also hat sie hemmungslos ihr Herz vor dir ausgeschüttet?!“

      „Leider nein,


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