Zwischen meinen Inseln. Ole R. Börgdahl
Da kommt ein Gönner, der sie aufs College schickt. Er möchte nicht, dass sein Schützling erfährt, wer er ist, doch wie das Leben so spielt, sind die beiden am Ende ein Paar. Der Film war richtig lang, wir haben eine Ewigkeit im Kino verbracht, aber das haben wir erst hinterher gemerkt.
Brisbane, 9. September 1922
Ich musste meine Schulden ja einmal zurückzahlen, dabei ist es eigentlich eine große Ehre, bei Onkel Louis zu kochen. Er hat eine Geschlossene Gesellschaft zu bewirten, es kommen nur geladene Gäste, das Restaurant hat also gar nicht geöffnet. Ich soll Onkel Louis zur Hand gehen und ich freue mich auch schon richtig auf heute Abend.
Brisbane, 30. September 1922
Noch zwei Monate, dann ist für Tom das Schuljahr zu Ende. Keiner seiner Freunde wird ihn nach Lutwyche begleiten. Jimmys Eltern haben sich jetzt auch dagegen entschieden. Tom verliert seine Freunde ja nicht, nur weil sie andere Schulen besuchen. In der letzten Woche haben wir uns Lutwyche einmal angesehen und mit einem der Lehrer gesprochen. Tom wird keinen Klassenlehrer mehr haben, sondern in den verschiedenen Fächern von unterschiedlichen Lehrern unterrichtet.
Brisbane, 18. Oktober 1922
Wenn ich in diesem Jahr von Joy höre, dann höre ich auch immer von ihren Marmeladen. Es war ja eine Pioniertat von mir, als ich dem Feinkostladen in der Gordon Street die ersten Gläser der Kirsch-Kräuter-Marmelade angeboten habe. Ein ganzes Heer von Vertretern könnte auf diese Weise Australien bereisen. Leider hat Joy ja keine Marmeladenfabrik, ihre Mengen sind eher bescheiden, dennoch hat sie selbst mehrere Läden in Sydney, Melbourne, Adelaide und Perth angeschrieben. Sie hat immer zwei Gläser ihrer Kirsch-Kräuter-Marmelade mitgeschickt, weil diese Marmelade einfach ihre allerbeste ist. Von einigen Läden hat sie nie wieder etwas gehört, die meisten haben allerdings zurückgeschrieben und so ist Joy mit ihnen ins Geschäft gekommen. Es ist schon erstaunlich.
Brisbane, 12. November 1922
Eine lustige Sache. Ich übersetze ein spanisches Kochbuch. Eine Frau, die in Melbourne ein Restaurant betreibt und die ursprünglich aus Spanien stammt, hat die Rezepte ihrer Mutter und Großmutter aufgeschrieben. Obwohl sie schon sehr lange in Australien lebt, spricht sie nur wenig Englisch und ihre Rezepte kennt sie nur auf Spanisch. Ich habe jetzt die Aufgabe, die Rezepte zu übersetzen, vielleicht lerne ich dann auch noch etwas über die spanische Küche. Onkel Louis ist auch schon ganz neugierig. Ich darf die Manuskripte natürlich noch niemandem zeigen. Wenn das Buch fertig ist, schenke ich ihm aber ein erstes Exemplar. Ich freue mich auch, dass erstmals ein Verlag zu meinen Kunden zählt. Es ist aber nur ein sehr kleiner Verlag.
Brisbane, 30. November 1922
Olga und Helen wollen für einen Weihnachtsbasar spenden. Wir waren vorgestern erst bei Helen und dann gestern auch noch bei Olga. Es ist sehr spannend auf Dachböden herumzustöbern. Es haben sich bei Helen auch noch Sachen der Vorbesitzer ihres Hauses gefunden. Helen wusste gar nichts von den Schätzen, die über ihrem Kopf lagerten. Kerzenleuchter aus Messing, alte Vorhänge aus schweren, guten Stoffen, zwei Koffer mit Büchern und Zeitungen und was nicht alles. Mit den Büchern will Helen zu einem Antiquar. Wenn sie sie verkaufen kann, will sie das Geld spenden. Bei Olga auf dem Dachboden sah es schon ordentlicher aus, wir waren auch schnell durch, weil sie genau wusste, was sie abgeben wollte und was überhaupt auf ihrem Dachboden zu finden war.
Brisbane, 8. Dezember 1922
Das Camp in Amity Point verbindet Tom mit Keith, Paul und Jimmy, auch wenn Tom ab Februar in Lutwyche zur Schule geht. Diesmal sind auch alle vier Freunde wieder gemeinsam im Camp. Ich habe mir vorgenommen, Tom in den Ferien zu besuchen, nur für einen Tag, denn ich will einmal sehen, wie es den Jungen dort ergeht. Tom ist das gar nicht so recht, er pocht auf seine Selbständigkeit und sagt, dass die Eltern niemals das Camp besuchen. Das stimmt natürlich nicht, denn schon im letzten Jahr hatten mich Keith Eltern gefragt, ob ich sie begleiten wolle. Tom hat darauf nichts mehr geantwortet.
Brisbane, 29. Dezember 1922
Meine Bewährungsprobe steht an. Ich habe heute Abend Gäste und ich koche das erste Mal für fremde Leute, ohne dass Onkel Louis mir hilft. Ich musste ja schließlich auch einmal einladen, die Eltern von Jimmy, Keith und Paul. Die Kinder sind seit gestern in ihrem Camp und so sind wir nur sieben Erwachsene. Ich betone das nur so selbstbewusst, denn ich habe mit Onkel Louis schon für zwanzig und mehr Personen gekocht. Ich habe schon eine Menüfolge vorbereitet, aber es bringt Unglück, vorher darüber zu schreiben oder mit jemandem zu reden, der nicht mitkocht.
1923
Brisbane, 11. Januar 1923
Ich komme eben zurück aus Amity Point. Zunächst möchte ich anmerken, dass sich Tom sehr über meinen Besuch gefreut hat. Ich wollte erst alleine mit dem Zug fahren, aber dann haben sich wieder Keith Eltern angeboten, die ebenfalls nach dem Rechten sehen wollten. Keith Vater hat ein Automobil. Wir sind aus Brisbane herausgefahren und haben dann bei Cleveland die Fähre genommen. Ich war noch nie auf North Stradbroke Island. Amity Point liegt recht einsam an der Nordspitze. Das Camp ist gar nicht so groß. Es gibt einen Besucherbereich und dort haben wir auch die Jungen getroffen. Am Nachmittag hat mir Tom dann noch seine Kanukünste vorgeführt. Der Tag war für mich auch eine schöne Abwechslung.
Brisbane, 1. Februar 1923
Die Übersetzung des Kochbuchs habe ich schon kurz vor Weihnachten fertiggestellt und auch schon gleich abgegeben. Die Überprüfung fand jetzt auf ganz ungewöhnliche Weise statt. Der Verlag hat eine Hausfrau engagiert, die nach meiner englischen Übersetzung gekocht hat. Die Autorin des spanischen Originals hat dann überprüft, ob ihre Speisen auch gelungen sind. Es gab noch einige Korrekturen, die ich gleich eingearbeitet habe. Ich bin jetzt gespannt, ob das Buch ein Erfolg wird. Dann durfte auch Onkel Louis einen Blick auf das Manuskript werfen. Er hat es sich mit nach Hause genommen und ich bin gespannt, was er von den Rezepten hält.
Brisbane, 5. Februar 1923
Ich habe Tom heute nach Lutwyche begleitet. Wir haben den Autobus genommen, es sind keine zwanzig Minuten. Die Einschulung war nicht sehr aufregend. Ich werde Tom wohl eine neue Schuluniform kaufen müssen. Seinen alten Aufnäher kann er ja auch nicht behalten. In Toms Klasse gehen nur zwanzig Jungen. Der Direktor hat die neuen Schüler in der Aula begrüßt und nach einer halben Stunde sind alle in die Klassenzimmer gegangen. Ich bin dann gleich nach Hause gefahren und so sitze ich jetzt hier und mache meine Notizen. Den Rückweg wird Tom alleine schaffen, er ist jetzt ja schon sehr erwachsen.
Brisbane, 17. März 1923
Tom nennt Joy jetzt auch schon Lady Marmelade. Pünktlich zu meinem Geburtstag erreicht mich ein Dutzend Gläser, verschiedene Sorten, aber alles Marmelade. Ich verschenke sie bereits weiter und ich mache noch etwas Schlimmeres. Ich habe mir vorige Woche ein Glas ganz normale Kirschmarmelade gekauft. Ich wollte sie einfach mal wieder ganz pur genießen, ohne Kräuter. Joy ist jetzt so gut im Geschäft, dass sie die Marmeladen nicht mehr einfach nach dem benennen möchte, was drin ist. Ihr schweben französische Namen vor. Sie bittet mich, verschiedene Wortschöpfungen zu übersetzen. Ich will es gerne versuchen.
Brisbane, 30. März 1923
Der erste Monat ist um. Tom fühlt sich in Lutwyche wohl. Einige der neuen Schulfächer gefallen ihm sehr gut. Physik und Chemie ersetzten den Werkunterricht, der nach Toms Aussage jetzt nur noch etwas für kleine Kinder sei. Auf Toms alter Schule steht Chemie erst im nächsten Jahr auf dem Lehrplan. Tom wollte schon zum Apotheker gehen und sich Salzsäure kaufen, um einen Versuch nachzumachen, bei dem es um die Auflösung von Metall geht. Ich habe es ihm natürlich verboten. Er kann ja experimentieren, aber bitte in der Schule. Tom kommt leider immer