Das Tagebuch des Schattenwolfprinzen. Billy Remie

Das Tagebuch des Schattenwolfprinzen - Billy Remie


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von Verrätern und den Truppen der Elkanasai zu befreien. Vorausgesetzt natürlich, man unterstützte mich.

      »Also«, ich steckte mein Schwert wieder ein, »ihr wollt dem Namenlosen nicht mehr folgen, weil Menard tot und euer Zuhause zerstört ist?« Ich blickte über all ihre Gesichter, ehe ich sie fragte: »Seid ihr denn bereit, eurem wahren Kronprinzen zu folgen, der euch ein neues sicheres Zuhause in der königlichen Burg ermöglichen möchte?«

      8

       Du kannst weglaufen, du kannst dich verstecken, aber irgendwann holt sie dich doch ein ...

      Und sie folgten.

      Ihre Treue schien größer denn je zu sein. Aber was erwartete man von getretenen Hunden, denen man einen Knochen zuwarf?

      Derrick war nicht begeistert darüber, dass ich ihnen Hoffnung machte, wo keine war.

      Zwar habe ich das Geheimnis um meine Person gelüftet, doch es änderte nichts daran, dass ich nur siebenundsiebzig Mann hatte, mit denen ich unmöglich Carapuhr befreien konnte.

      Die Elkanasai und die Truppen meines Vaters benötigten schon ein Wunder, um sie zu besiegen.

      Aber die königlichen Truppen wollte ich auch gar nicht bekämpfen, ich wäre schön blöd, wenn ich es täte. Nein, ich musste meinen Vater stürzen und mir die Loyalität der königlichen Heere sichern, um mich gegen Elkanasai verteidigen zu können. Doch selbst wenn ich den Thron besteigen und Carapuhr befreien könnte, das Kaiserreich war groß und zahlenmäßig weit überlegen. Zum Glück hatte Menard mit seinem letzten Atemzug eine Lösung für mein Problem verkündet.

      Ich breitete alle Schriften, die ich je aus Tempeln und Gräbern gestohlen hatte, auf dem Tisch aus, der in meinem Zelt stand. Ich hatte alles Wichtige aus Menards Zuflucht mitgenommen, denn wir hatten nicht dortbleiben können. Sie würden wiederkommen, so lange, bis sie mich fanden.

      Wir waren dumm gewesen, immer an einem Ort zu bleiben. Carapuhr war ein relativ kleines Land, und es war abzusehen, dass man uns nach zehn Jahren aufspüren würde, wenn wir nicht in Bewegung blieben. Diesen Fehler würde ich bestimmt in Zukunft vermeiden.

      Ich konzentrierte mich auf die wagen Beschreibungen der Schriften.

      Drachen. Immer wieder wiederholte ich dieses Wort in meinen Gedanken. Laut den Aufzeichnungen, erzählt mir die Geschichte meiner Familie, dass wir allesamt von so genannten Drachenzähmern abstammten.

      Alles hatte mit Magie zutun. In jedem von uns steckt Magie, das hatte Mutter gesagt. Offenbar hatte sie Recht behalten. Selbst in mir, einem normalen Menschen, steckte ein Hauch Zauber. Zumindest die Fähigkeit, ein Ritual zu absolvieren.

      Ich bezweifelte jedoch, dass ich je herausfinden würde, was die Worte bedeuteten, die das Ritual des Drachenzähmens beschrieben. Davon abgesehen, hatte es schon seit Ewigkeiten keine Drachen mehr in Carapuhr gegeben. Sie lebten in der Wildnis, fernab der Zweibeiner. Und außerdem waren sie gefährliche Bestien, denen man besser nicht zu nahekam. Sie konnten mich mit einem Happs verschlingen, das würde ich gern vermeiden.

      Also benötigte ich für das Wunder, das ich für die Rückeroberung meiner Heimat brauchte, weitere Wunder.

      Es schien unmöglich, und doch war ich zuversichtlich. Etwas anderes blieb ja auch nicht übrig.

      Ein Geräusch ließ mich aufhorchen.

      Es war tief in der Nacht und die meisten meiner Brüder schliefen, die andere Hälfte hatte einen Auftrag von mir bekommen.

      Doch ich hörte ganz deutlich das Klimpern eines Zaumzeugs.

      Ich runzelte die Stirn und verließ mein Zelt.

      Der Mond schien noch immer hell auf das Lager hinab und beleuchtete die zahlreichen schlafenden Männer. Sofort erkannte ich, wer seinen Schlafplatz abgebaut hatte.

      Ich folgte dem Ziegengeruch zu den Pferden.

      »Du verlässt uns?«

      Janek zuckte erschrocken zusammen, langsam drehte er sich kurz zu mir um.

      Ich lehnte lässig an einem Baum, nicht weit von dem Hintern seines Pferdes entfernt. Er musterte mich, dann zog er den Sattelgurt zu.

      »Ich danke Euch, für mein Leben, aber es ist Zeit für mich zu gehen«, antwortete er mir.

      »Du denkst, das wäre so einfach?« Ich flüsterte bedrohlich.

      Er überging meine Frage, erklärte aber: »Mein Bruder. Er ... muss in der Nähe sein. Ich muss ihn suchen und finden, ehe die Elkanasai ihn für meinen Verrat bestrafen.«

      Ich erinnerte mich an das, was Janek mir in der Ratshalle erzählt hatte. »Wieso wollten sie dich vor den Augen deines Bruders hängen?«

      Janek vermied es geflissentlich, mich anzusehen. Erneut wich er meiner Frage aus: »Seid Ihr wirklich der Kronprinz?«

      Ich nickte bestätigend.

      Janek atmete unglücklich aus, das gefiel mir gar nicht.

      »Wohin willst du wirklich?«, fragte ich drohend.

      »Das sagte ich bereits«, antwortete Janek. Er sah mir in die Augen und ich konnte darin lesen, dass er mir die Wahrheit erzählte. Aber da war noch mehr. Es steckte mehr hinter der Geschichte seines Bruders.

      »Ich kann dich nicht gehen lassen«, erklärte ich gespielt unglücklich und schlenderte langsam auf ihn zu. »Es ist so: Jeder einzelne meiner Brüder hat oder hatte eine Schuld bei mir zu begleichen. Darauf bestehe ich. Einigen rettete ich das Leben, anderen half ich aus Problemen und manche verdanken mir das Überleben ihrer Familien.«

      Dicht vor ihm blieb ich stehen, er wagte es nicht, zurückzuweichen.

      »Wenn es ein Problem mit deinem Bruder gibt, dann helfe ich dir natürlich gerne.« Ich senkte die Stimme zu einem gefährlichen Flüstern. »Aber vergessen wir jetzt erst einmal nicht, dass ich dich befreit und vor einer Hinrichtung bewahrt habe. Du schuldest mir dein Leben und dafür verlange ich für mindestens ein Jahr deine Loyalität.«

      Ich nickte in Richtung Lager, wo das Feuer nur noch spärlich flackerte. »Einige Männer und Frauen gingen, nachdem sie ihre Schuld beglichen hatten, aller anderen kannst du jetzt noch an meiner Seite erblicken. Du siehst also, du kannst gehen, aber bestimmt nicht jetzt, ohne zurückzuzahlen, was wir dir gegeben haben.«

      »Ich bat nicht darum«, warf Janek vollkommen ruhig ein.

      Ich nickte zustimmend. »Aber um dich zu befreien, verloren wir einen unserer Brüder und einige Pferde. Du schuldest uns deine Treue.«

      »Ich glaube, ihr hättet diese Elkanasai auch angegriffen, wäre ich nicht dort gewesen.«

      Janek war tollkühn, das musste ich ihm lassen. Er brachte mich zum Schmunzeln.

      Doch er wandte sein Gesicht von mir ab und strich über den Hals seines Pferdes. Erneut erinnerte er mich an meinen kleinen Bruder Haakon und mir wurde ganz anders zumute.

      »Ich würde Euch lebenslange Treue schwören«, sagte Janek plötzlich und sah mich dann wieder ernst an. »Ihr seid stark. Willensstark. Eure Männer folgen Euch nicht ohne Grund. Sie sehen etwas in Euch. Hoffnung für ihr Land und ihr Volk. Ich verstehe das. Aber wenn ich Euch gegenüber eine Schuld habe, dann begleiche ich sie am besten, indem ich Euch nicht in Gefahr bringe.«

      »Wie meinst du das?«, wollte ich sofort wissen.

      Janek schluckte schwer, aber er zwitscherte freiwillig wie ein Vogel: »Mein Bruder wird mich suchen ... und wenn er mich findet, sollte ich besser nicht bei Euch sein.«

      »Weshalb nicht?«

      Janek presste die Lippen zusammen und blickte zu Boden. Er kämpfte mit sich selbst, aber er würde dieses Geheimnis nicht lüften.

      Enttäuscht atmete ich aus und richtete mich wieder auf. Obwohl Janek sagte, seine Nähe sei gefährlich, wollte


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